Ein paar klare Worte

Alte wollen kein Mitleid

Personal
10.05.2023

In unserer fraglosen Interviewreihe "Ein paar klare Worte, bitte" formuliert „Spiegel“-Bestseller-Autorin, Bloggerin, Influencerin und Vortragsreisende Greta Silver (75) ein Plädoyer für einen neuen Blick auf das Alter.
Greta Silver
Greta Silver

"Unternehmen könnten ein Ort sein, in dem Alte und Junge wieder verstärkt zusammenkommen. Die Jungen sollten neugierig auf die Alten sein und umgekehrt."

"In der Wirtschaft glaubt man, dass das theoretische Wissen mehr zählt als Erfahrung. Doch wie erlernt man denn ein Handwerk? Sicher nicht, indem man sich mit Bedienungsanleitungen auseinandersetzt."

"Wenn ein Unternehmen einem 45-Jährigen signalisiert, dass sich Weiterbildung bei ihm nicht mehr rechnet, verschleudert es Geld, weil die Arbeitsleistung ins „Lustlose“ sinkt." 

"Ich sage den älteren Menschen in Betrieben: Lasst euch nicht zum alten Eisen machen, gebt euren Chefs nicht die Macht dazu. Diese voller Mitgefühl angepriesenen Frührentenprogramme sind nicht auf Augenhöhe. Alte wollen kein Mitleid. Sie wollen ernst genommen werden. Führungskräfte im mittleren Alter hätten die Macht, die Weichen zu stellen für ihr eigene Rentenzeit. Sie tun es nicht, weil sie glauben, dass es sie selber nicht treffen wird."

"Wir verlieren nicht unsere Würde, nur weil die Hüfte eiert. Wie wäre es mit etwas Achtung vor der Lebensleistung? Ich schocke junge Leute, indem ich erzähle, wer im Altersheim ist. Dort sitzt die Generation, die das Handy erfunden hat und zum Mond geflogen ist. Die Alten selbst sind sich ihrer Leistung oft zu wenig bewusst. Die haben das Gefühl, das Spiel ist aus, wenn sie einen Rollator haben."

"Führungskräfte haben zu dienen. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass sich Mitarbeiter wohlfühlen, sich gesehen fühlen, ganz egal in welchem Alter. Sind alte Menschen griesgrämig, weil sie das gerne sind? Oder weil sie sich nicht gesehen und wertgeschätzt fühlen?"

"In manchen Branchen glaubt man, ab 45 habe man keine Bedürfnisse mehr. Doch von 60 bis 90 ist genauso lange wie von 30 bis 60. Wenn Männer in Rente gehen, reicht die alte Küche nicht mehr, die wird gleich mal rausgerissen. Und dann werden die richtig guten Messer gekauft. Es steht genügend Geld zur Verfügung. Die Alten werden oft dargestellt, als müssten sie bescheiden sein. Ich möchte diese Zeit nicht einfach absitzen, sondern mit Haut und Haaren genießen. Jede Zeit ist kostbar – das Alter auch. Diese Omabescheidenheit ist Quatsch."

"In einer Projektgruppe mit körperlicher Arbeit sind es nicht die Alten, die zuerst jammern. Die Jungen jammern. Alter ist nicht gleich Schwäche. Alte sind nicht körperlich und geistig behindert, werden aber manchmal so behandelt. Selbst die eigenen Kinder behandeln ihre Eltern manchmal gutmeinend in einer Art, die schon an Entmündigung grenzt."

"Meine Generation brauchen Sie nicht nach einem Seniorenhandy fragen. Aber gewisse Entwicklungen der Digitalisierung will ich nicht mehr machen. Ich bin bei manchen Sachen mit alten Methoden schneller. Es ist normal, dass junge Leute andere Verfahren haben, mein Bauchgefühl sagt, dass ich unterm Strich mit anderen Methoden auch nicht schlechter fahre. Das Leben ist kunterbunt – und wir ALLE sind mittendrin."

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