Anpassen oder aussteigen?

Interview
06.06.2016

 
Karim Taga, Managing Partner Austria bei Arthur D. Little, über die Chancen der Digitalisierung.
Karim Taga

Welches Zeugnis stellen Sie den Unternehmen in Österreich in Hinblick auf die Digitalisierung aus?
Wir haben die perverse Situation, dass auf der einen Seite der digitale Anteil auf der Makroseite explodiert, also täglich die Nutzung digitaler Technologien wächst, denn in Österreich ist die Technologienutzung extrem hoch. Gleichzeitig gibt es auf der Mikroebene, also bei kleinen Unternehmen, große Defizite beim Einsatz digitaler Technologien wie Robotern, der Industrie 4.0, der Vernetzung aller Endgeräte bis zur Steuerung der Wohnung. 

Wo sehen Sie den größten Aufholbedarf?
Beim Bewusstsein, dass sie diese Transformation angehen müssen. Sie müssen begreifen, was die Digitalisierung für ihr Geschäft bedeutet. Sie kann auch bedeuten, dass man von einem regionalen zu einem globalen Player wird. Man muss sich anschauen: Wo stehe ich im Wettbewerb? Wo sind meine Mitbewerber und meine Kunden? Ich muss mich an den Wettbewerb anpassen und flexibler werden in den Geschäftsmodellen. Man braucht sicherlich neue Ressourcen und Kompetenzen, die von außen, von der Generation Y und Z, kommen. Der Rest ist die Technologie – zum Beispiel die Überlegung, ob ich kaufe oder nutze. 

Was sind die wichtigsten Fragen, die sich jedes Unternehmen stellen sollte?
Muss ich mein Geschäftsmodell ändern? Bin ich ein Geschäft, das sich anpassen kann? Oder ist der Zeitpunkt auszusteigen? Wenn ich nicht die Mittel habe, mich anzupassen, gibt es einen Zeitpunkt, wo ich möglicherweise aussteigen muss. Wir haben im Einzelhandel gesehen, dass viele kleine Betriebe von großen Ketten dazu gebracht wurden zu schließen. 

Gewinner, Verlierer, Verweigerer: Welche Branchen fallen in diese Kategorien?
Gewinner sind die, die eine Chance in einer Situation sehen, sich international orientieren, ein Produkt entwickeln, das weit über ihren Grenzen liegt. Verlierer sind die, die nicht sehen, dass die Globalisierung Chancen bringt und die nicht flexibel werden – zum Beispiel der Einzelhandel: Wie viele Unternehmen sind bankrott gegangen? Und wie sehr ist Amazon gewachsen, wo man sogar schon Milch kaufen kann? Intelligente Systeme wissen heute über den Verbrauch Bescheid und schicken mehr oder weniger von einem Produkt. Man muss an der Regulierung arbeiten und Spielregeln definieren, die allen Beteiligten die gleichen Chancen geben.