Wie KMU zum Zug kommen

Ausschreibung
21.02.2023

 
Mehr Mut zur öffentlichen Ausschreibung mahnt Wolfgang Buschan, Partner bei EFS Consulting in einem Gastkommentar ein.
Wolfgang Buschan

Fristen, Formulare, Referenzen – ob auf Auftragnehmer- oder Auftraggeber-Seite: aufwändige Ausschreibungsverfahren beinhalten den ein oder anderen bürokratischen Stolperstein. Eine Analyse von 98.000 gemeldeten Datensätzen seit 2019 zeigt: Für einen Großteil der Auftraggeber und -nehmer stehen Ausschreibungen nicht an der Tagesordnung. In vielen Branchen gehen 80 Prozent des Auftragsvolumens an nur zehn Unternehmen. Von rund 47.000 potenziellen Auftragnehmern konnten nur rund 5.000 Unternehmen Aufträge für sich gewinnen. Was allerdings gleich vorweg klargestellt werden muss: nicht jedes Unternehmen kann jeden Auftrag stemmen. Ein wichtiger Punkt bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ist die realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten und vorhandenen Ressourcen. Es gibt Aufträge, die ein KMU ressourcentechnisch nicht realisieren kann und wo ganz klar Großunternehmen gefragt sind. Wenn diese Art von Aufträgen allerdings ausgeklammert wird, ist auch bei den verbleibenden Vergaben eine hohe Konzentration unter den Auftragnehmern zu beobachten. Wo bleiben also die restlichen Unternehmen auf der Strecke? Vor allem KMU nutzen das Potenzial der vielversprechenden Auftragsvolumina – und es geht immerhin um ein jährliches Gesamtvolumen von rund 61 Milliarden Euro – nur selten, weil oft die Ausschreibungs-Routine fehlt.

Akteure ausschreibungs-fit machen

Wer auf Gesetzesnovellen wartet, die den Vorgang vereinfachen, wird alt. Wer stattdessen mit ein wenig Unterstützung durch Expert:innen in seinem Unternehmen eine effiziente Routine bei öffentlichen Vergaben etabliert, hat eine deutlich bessere Chance, einen Teil der Ausschreibungen für sich zu gewinnen. Durch gute Vorbereitung bzw. Schulung der Verantwortlichen, laufen Ausschreibungen routinierter und reibungsloser ab. Formalia werden zur Nebensache und das Unternehmen kann sich voll und ganz auf die Kernessenz der Ausschreibung konzentrieren.

Und das zahlt sich besonders für KMUs aus. Die ausgeschriebenen Auftragsvolumina stellen vor allem in Krisenzeiten wie diesen eine große Chance dar. Während andere Auftraggeber sich zurückziehen, arbeitet der Staat antizyklisch – bei Krisen wird erst recht Geld in die Hand genommen und lösungsorientierte Konzepte gefördert. Genau deswegen muss der Ausschreibungsmarkt für kleinere Unternehmen mit innovativen Zugängen geöffnet werden. Wenn immer nur die gleichen Unternehmen zum Zug kommen, wird nicht nur Innovation verhindert, sondern die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes gehemmt. Betrachten wir es als einfache Schlussrechnung: Können mehr Unternehmen am Ausschreibungsgeschehen teilhaben, führt das zu einem angeregteren Wettbewerb und erhöhte Konkurrenz fördert in weiterer Folge die Innovationskraft der Anbieter. Das Ergebnis ist eine Auswahl an innovativen, qualitativ hochwertigen Angeboten, denn der Preis wird sehr bald nicht mehr das einzige Kriterium sein dürfen. Das Billigstbieterverfahren ist schon längst überholt. Produkte und Angebote der Anbieter müssen kritischer hinterfragt werden. Lohnniveaus, faire Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeitsaspekte werden neben Innovation zu immer wichtigeren Faktoren im Ausschreibungsprozess.

Das kollektive Ziel muss sein, eine Win-Win-Situation für Auftraggeber als auch -nehmer zu schaffen. Ein stärkerer Wettbewerb unter Anbietern fördert nicht nur die Innovationskraft, sondern stärkt auch den Wirtschaftsstandort. Also keine Scheu vor Ausschreibungsverfahren. Das Potenzial ist zu groß, um es nicht wahrzunehmen.