Interview

„Digitalisierung ist kein Projekt, sondern ein Denkmodell“

08.05.2025

Rene Besenbäck, Country Head von Wefox Austria, über disruptive Denkweisen, neue Geschäftsmodelle und warum die Zukunft der Versicherungsbranche nicht mehr in Produkten, sondern in Plattformen liegt.

Digitalisierung ist für viele kleine und mittlere Unternehmen ein abstraktes Schlagwort – oft verbunden mit IT-Kosten, Unsicherheit und Frust. Doch wenn sie richtig gedacht und umgesetzt wird, kann sie ganze Geschäftsmodelle neu formen. Wie das gelingen kann, zeigt ein Blick in die Versicherungsbranche, die traditionell als besonders träge gilt. Ein Unternehmen, das hier mit einem radikal neuen Ansatz auftritt, ist Wefox. Der digitale Versicherungskonzern mit Sitz in Zürich hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Prozesse zu digitalisieren, sondern Versicherung grundsätzlich neu zu denken – nutzerzentriert, datenbasiert und integriert. In Österreich wird das Unternehmen von Rene Besenbäck geleitet, einem Branchenkenner mit digitalem Mindset. Wir haben ihn in Wien zum Gespräch getroffen.

Die Wirtschaft: Herr Besenbäck, Wefox bezeichnet sich als digitaler Vorreiter in der Versicherungsbranche. Was heißt das in der Praxis?
Rene Besenbäck: Für uns bedeutet das, dass wir das klassische Versicherungsmodell komplett neu gedacht haben. Wir begreifen uns nicht als digitalen Makler oder als App – sondern als Betriebssystem für Versicherung. Weg vom Produktverkauf, hin zu einem Ökosystem, das Kund*innenbedürfnisse versteht, antizipiert und automatisiert abdeckt. Und das beginnt nicht bei der Technik, sondern beim Mindset. Digitalisierung ist keine IT-Aufgabe, sondern eine strategische Grundhaltung.

Was bringt das einem kleinen oder mittleren Unternehmen konkret?
Sehr viel. Denn gerade KMU haben selten Zeit oder Ressourcen, sich intensiv mit der Versicherung auseinanderzusetzen. Unsere Technologie hilft Unternehmer*innen deren Risiken auf Basis eines Datenmodells automatisch zu erkennen und zu antizipieren, auf Basis dessen erfolgt in weitere Folge eine logische Auseinandersetzung mit der Auswirkung auf das eigene Unternehmen, das mündet oftmals im individuellen Risikotransfer. Unternehmer*innen sehen auf einen Blick, wie sie abgesichert sind und wo Handlungsbedarf besteht. Sie müssen kein Versicherungsexperte sein – wir machen das für sie, digital unterstützt und persönlich begleitet.

Wie funktioniert das konkret – gibt’s dafür ein Beispiel?
Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen wächst, stellt neue Leute ein, kauft Maschinen. Klassisch müsste man dafür aktiv Versicherungen prüfen und anpassen. Unsere integrierte Versicherungsplattform erlaubt es den Unternehmer*innen zu jedem Zeitpunkt auf deren aktuelle Vertragsinformation zuzugreifen, mit dem Berater zu interagieren und damit Risiko- und Versicherungsmanagement als Teil der Unternehmenskultur auch spürbar zu integrieren.

Rene Besenbäck
Rene Besenbäck ©ÖWV/Stefan Böck

Man muss bereit sein, alte Zöpfe abzuschneiden. Digitalisierung bedeutet, sich neu zu erfinden – nicht nur seine Prozesse.

Rene Besenbäck

In der Versicherungsbranche passiert so etwas nicht von selbst. Wie gelingt Innovation in einem so regulierten Markt?
Indem man nicht zuerst an Regeln denkt, sondern an den Nutzen für Kund*innen. Franz Schättle war in den 60ern ein Pionier mit seinem Versicherungsvergleich – das war der erste Schritt zur digitalen Vergleichbarkeit. Wir gehen heute viele Schritte weiter: dynamische Tarifierung in bestimmten Bereichen, Echtzeit-Beratung, API-basierte Einbindung in Unternehmensprozesse. Wir bauen eine neue Infrastruktur, keine digitale Oberfläche. Es geht um echte Transformation, nicht um kosmetische Digitalisierung.

Was unterscheidet Wefox dabei grundsätzlich von traditionellen Anbietern?
Wir setzen auf Plattformlogik statt Produktlogik. Klassische Versicherungen funktionieren wie ein Regal: Du suchst dir etwas aus. Unsere Plattform dagegen versteht das Unternehmen als digitales Abbild – und findet laufend die beste Absicherung, die zu dessen Entwicklung passt. Versicherung wird nicht mehr abgeschlossen und vergessen, sondern ist ein lebendiger Prozess, eingebettet in den Unternehmensalltag.

Das klingt nach Automatisierung pur. Wo bleibt der Mensch?
Genau dort, wo er wichtig ist: bei Beratung, Betreuung und im Schadensfall. Wir glauben an „high tech und high touch“. Die Technik übernimmt Routine, die Menschen kümmern sich um das Wesentliche. Das gibt unseren Berater*innen auch mehr Zeit, sich wirklich mit den Unternehmen zu beschäftigen. Sie sind keine Verkäufer*innen, sondern Risiko-Coaches. Und sie arbeiten mit digitalen Tools, die ihnen mehr Überblick und Effizienz geben.

Welche Rolle spielt Unternehmenskultur bei dieser Form von Digitalisierung?
Eine zentrale. Digitalisierung funktioniert nur dann, wenn sie von oben gewollt und gelebt wird. Sie braucht kein Projekt, sondern Haltung. Bei uns bei Wefox durchdringt die digitale Denkweise alles – vom Onboarding bis zur Weiterbildung. Diese Kultur erleben unsere Kund*innen direkt. Unternehmer*innen, die das verstehen, schaffen es auch in ihren Betrieben, Digitalisierung nicht nur zu denken, sondern zu leben.

Welche Lehren können KMU aus Ihrer Erfahrung ziehen – auch über die Versicherungsbranche hinaus?
Dass es oft nicht um Technologie, sondern um Fragen geht wie: Wo verliere ich Zeit? Wo passieren Fehler? Wo entstehen Risiken? Wer diese Fragen klug stellt und digitale Antworten sucht, ist schon auf dem richtigen Weg. Und: Man muss bereit sein, alte Zöpfe abzuschneiden. Digitalisierung bedeutet, sich neu zu erfinden – nicht nur seine Prozesse.

Zum Abschluss: Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft der Versicherung aus?
Versicherung wird unsichtbar. Sie ist einfach da, funktioniert, denkt mit – und integriert sich nahtlos in den Alltag. Der größte Erfolg wird sein, wenn niemand mehr über Versicherung nachdenken muss. Das klingt paradox – aber genau das ist das Ziel: radikale Vereinfachung durch intelligente Systeme.


Zur Person

Rene Besenbäck ist Country Manager von Wefox Österreich © ÖWV/Stefan Böck
Rene Besenbäck ist Country Manager von Wefox Österreich © ÖWV/Stefan Böck

Rene Besenbäck ist seit 1. Jänner 2024 Country Manager von Wefox Österreich. Bereits seit Anfang 2023 war er als Head of Sales und später als Mitglied der Geschäftsführung maßgeblich am Ausbau des Maklernetzwerks und der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens beteiligt. ​Vor seinem Wechsel zu Wefox war Besenbäck neun Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen beim internationalen Versicherungsmakler Aon tätig, zuletzt als Managing Director für Vertrieb und Speziallösungen. Zuvor sammelte er Erfahrung als Head of Sales beim Versicherungsbüro Schättle in Wien.​ Besenbäck verfügt über einen Masterabschluss in Rechtswissenschaften von der Donau-Universität Krems sowie einen Abschluss in Versicherungswirtschaft von der Wirtschaftsuniversität Wien. Als Country Manager von Wefox Österreich liegt sein Fokus auf dem Ausbau der digitalen 360°-Plattform, der Gewinnung strategischer Partner und der Entwicklung neuer Geschäftsfelder, um die Versicherungsbranche in Österreich nachhaltig zu transformieren.

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