Nachfolger gesucht

22.07.2013

Mehr als 6.000 Unternehmen stehen jährlich zur Übernahme. Fehlt es an einem geeigneten Übernahmekandidaten, beginnt eine oft aufreibende Suche. Zwei Unternehmer berichten von ihren Erfahrungen.

Text: Daniel Nutz

1. Suche: Musikliebhaber
Manfred Altmann wollte schon immer sein Hobby zum Beruf machen. Seine Mutter brachte ihn zur Musik. Seit seinem zwölften Lebensjahr spielt er Gitarre. Damals träumte im kleinen Bruck an der Leitha von einer großen Karriere. Diese sollte ihm mit seiner John Fox Band zumindest teilweise gewährt sein. „Narrenkast’l schau’n, Luftschlösser bau’n" oder „Schön is des G’fühl" hallte es Mitte der 1980er-Jahre über die Radiowellen. Man verkaufte einige tausend Schallplatten, ging auf Tour. Genug, um finanziell sorglos zu leben, war dies freilich nicht. Sein Laden für Musik und Musikinstrumente blieb Altmanns zweites Standbein. Selbst wenn er es sich hätte leisten können, Manfred Altmann glaubt nicht, dass er sein Unternehmen so einfach aufgegeben hätte. Zu viel Leidenschaft hat der gelernte Mechaniker, der sich umfassende Fertigkeiten in der Verstärker- und Instrumentenreparatur aneignete, in sein Unternehmen gesteckt.

Kein Nachfolger in der Familie
Heute, 35 Jahre nach der Gründung, ist es für Altmann aber an der Zeit loszulassen. Seine Frau, mit der er den Laden gemeinsam führte, und er stehen vor der Pension. Ein bisschen Wehmut ist dabei. Verständlich. Steht doch das Geschäft vor einer ungewissen Zukunft. Eigentlich sollte es der Sohn, selbst als Musiklehrer branchenaffin, übernehmen. Doch wie so oft verfolgt die nächste Generation ihre eigenen Karrierevorstellungen. Da geht es den Altmanns nicht anders als anderen Übergebern. Laut KMU-Forschung wurden 1996 noch drei von vier heimische Unternehmen in der Familie weitergegeben. Zehn Jahre später war es nur mehr jedes zweite – Tendenz weiter
fallend.

Den Passenden finden
Wie viele andere KMU haben sich also auch die Altmanns auf die Suche nach einem familienfremden Nachfolger gemacht. Auf der Nachfolgerbörse der WKO, www.nachfolgeboerse.at, hat man vor wenigen Monaten ein Inserat geschaltet. „Wenn man etwas selbst aufgebaut hat, will man eben, dass es der Passende weiterführt", erklärt Manfred Altmann die Ambivalenz dabei. Aus der Musikerszene gab es Interessenten. Letztlich haben aber die Banken bei der Finanzierung nicht mitgespielt, und es scheiterte am nötigen Baren. Dabei verlange er gar nicht viel, beteuert Altmann. Im Prinzip gehe es ihm um eine Ablöse der vorhandenen Waren. Und darum, dass der Nachfolger den eingeschlagenen Weg weitergeht und fachkundige Beratung sowie Reparaturservice anbietet. Anders sei ein erfolgreiches Weiterführen eines Einzelhandelsunternehmens in der Provinz auch gar nicht möglich, sagt Altmann ein wenig resignativ. In Zeiten des Internetpreisvergleichs komme es vor, dass online gewisse Produkte unter seinem eigenen Einkaufspreis angeboten werden. Da brauche man Nebenschienen wie etwa sein Verleihservice von Musikequipment, um sich über Wasser zu halten. Und eine treue Stammkundschaft, die seit Jahren in den Musikshop Altmann in der Kirchengasse von Bruck kommt. Der Laden ist eines der wenigen Geschäfte, die es noch nicht an den Stadtrand gedrängt hat. Es ist Altmanns letzte Mission als Unternehmer, die Tradition weiterzugeben: auch gern unter jetzigem Namen, dem seinen, wie er sagt.

2. Suche: Scharfen Investor
„Zum heißen René" steht in großen Lettern über dem Würstelstand von René Kachlir auf dem Wiener Schwarzenbergplatz. Der Name verspricht nicht zu viel. Chili ist hier die Spezialität. Saucen bis zu sechs Millionen „Scoville" stehen auf der Karte. Wer nicht mit der Schärfeskala vertraut ist, dem sei nur gesagt: Das ist scharf wie Hölle. „Das sind unsere Spezialrezepturen", sagt Kachlir, während er eine Internetrezension auf seinem Smartphone aufruft. „Die beste Currywurst südlich des Ruhrpotts", so preist ein deutscher Blogger Kachlirs Würste an. René Kachlir ist stolz auf das Erreichte. Auch, dass die nur wenige Meter entfernte Filiale von McDonald’s ihm nicht den Kundenstrom abgräbt. „Sei etwas anders, dann kommen die Leute schon", sagt der 35-Jährige, der den Stand seit acht Jahren gemeinsam mit seinem Bruder führt. Jetzt soll aber dennoch Schluss sein. Wieso eigentlich?

Fehlende Freizeit
„Vor allem in den Nachtdiensten hast du viel Zeit, um nachzudenken", sagt Kachlir. Darüber, dass aufgrund der Angebundenheit ans Geschäft nie ein Urlaub drinnen ist. Denn schlechte Erfahrungen mit früheren Mitarbeitern führten dazu, dass Kachlir und sein Bruder meistens selbst hinter der Budel stehen. So dachte Kachlir in einer langen Nacht mit wenig Kundschaft auch darüber nach, welche unternehmerischen Herausforderungen es noch geben könnte. Nach einigem Grübeln haben sich die Brüder Kachlir entschlossen, den Verkauf von Wurst, Chili, Leberkäse und Bier sein zu lassen und einen radikalen Branchenwechsel hinzulegen. Neues Tätigungsfeld ist die IT-Start-up-Szene. In den kommenden Wochen wollen die beiden ihre erste Handy-App herausbringen.

Schwierige Nachfolgersuche
Den Würstelstand will René Kachlir ehestmöglich loswerden. Doch das ist trotz der guten Adresse nahe der Wiener Ringstraße, dem Akademietheater und Konzerthaus gar nicht so einfach. In einer großen Boulevardzeitung schaltete man eine Annonce. Gemeldet hätten sich viele, sagt der Nochbesitzer. Nur seriöse Angebote seien nicht dabei gewesen: „Viele glauben, dass sie um weniger als 50.000 Euro einen Stand in dieser Lage kaufen können", stöhnt Kachlir. Etwa 400 Lizenzen für Würstelstände gibt es in Wien. Darunter fallen auch Kebap-, Pizza- und Asiastände. Der Markt hat sich insgesamt zwar hinsichtlich der verkauften Produkte verändert, ist aber im Volumen konstant geblieben. Ein gutes Geschäft, wenn man mit Ehrgeiz bei der Sache ist, wie Kachlir beteuert. Nach dem Flop mit der Zeitungsannonce hat auch er vor einigen Monaten ein kostenloses Inserat in der Nachfolgebörse geschaltet. Hier kämen zwar weniger Anfragen, diese seien zumindest brauchbar. Man werde Gespräche führen, meint Kachlir.

3. Suche: Professionelle Hilfe
Rund 1.500 Angebote sind derzeit auf der Nachfolgebörse eingetragen. Etwa 300 davon stammen von Interessenten, die ein Unternehmen übernehmen wollen. Da dieses Service für alle Kammermitglieder kostenlos zur Verfügung steht, ist es für die meisten Nachfolgersucher auch die erste Anlaufstelle. Geht dabei nichts weiter, können unter Umständen Experten wie Robert Czako helfen. Der in Wien ansässige Berater ist einer der wenigen heimischen Übernahmemakler und bekommt meist dann einen Auftrag, wenn jemand bei der Suche nach einem Nachfolger auf der Stelle tritt. Seit 40 Jahren ist Czako in der Branche tätig und kennt dadurch die klassischen Gründe, warum die Nachfolgersuche für manche ein so steiniger Weg ist. „In vielen Fällen liegt eine falsche Vorstellung über den Zustand und Wert der Firma zugrunde. Oft gibt es aber auch Kommunikationsfehler", so Czako. Behandelt der Übergeber den Nachfolgeinteressenten als Bittsteller, verpufft jegliches Interesse freilich ebenso schnell, wie wenn der Übergeber bei der Neuaufstellung des Unternehmens mitreden will. Czako bezeichnet sich selbst als Mediator, der beide Seiten zusammenführt. Ähnliches gilt für den Salzburger Rudolf Fantl, der auf www.betriebsboerse.at auch eine private Nachfolgebörse betreibt. Eine umfassende Analyse, Vermittlungsservice und eine klare Konzepterstellung des Übergabeprozesses bieten die Betriebsmakler. Dafür kassieren sie Honorar. Dabei kann es sich um ein fixes Beratungshonorar oder ein variables Vermittlungshonorar handeln, das meist zwischen zwei und drei Prozent des Verkaufswertes liegt. Geld, das viele Unternehmer am Ende ihrer Karriere gern sparen wollen. Und sich dafür eine längere Suche antun.