BA-CA-Tochter Bank Privat: „Wir leben von der Empfehlung“

Banken
10.04.2006

Ruth Iwonski-Bozó, Mitglied des Vorstandes der Bank Privat, rechnet mit einem weiteren jährlichen Wachstum des Privat-Banking-Marktes in Höhe von rund sieben Prozent. Vor allem der Bereich Family Office gewinne in Österreich zunehmend an Bedeutung. Interview Harald Hornacek und Maike Seidenberger
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Foto Bank Privat

die wirtschaft: Nahezu jede vierte Privatbank wird in den nächsten Jahren verschwinden, prognostiziert Deloitte. Warum wird die Bank Privat überleben?

Ruth Iwonski-Bozó: Die Bank Privat als 100prozentige Tochter der Bank Austria Creditanstalt gibt es seit dem Jahr 2000. Seitdem sind viele Anbieter von Private Banking nach Österreich gekommen und wegen mangelnden Erfolges auch wieder gegangen. Unser Ziel dagegen war es, binnen vier Jahren die verwalteten Gelder zu verdoppeln. Das ist uns gelungen. Und wir haben auch im Jahr 2005 stark zugelegt. Die Zuwachsraten der Bank Privat liegen seit Bestehen deutlich über dem durchschnittlichen Wachstum des österreichischen Private Banking-Marktes.

die wirtschaft: Sie haben laut Branchenschätzungen bereits mehr als vier Milliarden Euro in Verantwortung…

Iwonski-Bozó: …es sind 4,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2000 hatten wir nur einen Standort in Wien, heute haben wir 70 Mitarbeiter und verfügen über sieben Niederlassungen, wobei wir in Tirol und Vorarlberg nicht direkt vertreten sind. Gerade diese Expansion innerhalb Österreichs hat uns gestärkt. Hier sind wir noch stärker gewachsen als in Wien.

die wirtschaft: Wann verschwindet ein BA-CA-Kunde aus der Statistik und wird zu einem Kunden der Bank Privat?

Iwonski-Bozó: Gar nicht, denn unsere Kunden vertrauen auf beide Institute, weil ja die BA-CA für das Alltagsgeschäft wie Konto- und Depotführung und wir als Bank Privat eben für die Vermögensverwaltung tätig sind. Unsere Kunden sind natürlich Klienten der BA-CA, aber wir gewinnen als Bank Privat immer mehr Neukunden - vor allem durch Mundpropaganda - dazu.

die wirtschaft: Als die Bank Privat startete, waren Sie zumeist Zweit- oder Drittbank. Hat sich das verändert?

Iwonski-Bozó: Ja, bei österreichischen Kunden sind wir heute sehr häufig Hausbank, bei Devisenausländern zumeist Zweitbank.

die wirtschaft: Was unterscheidet Ihr Haus von anderen Privatbanken?

Iwonski-Bozó: Wir bieten umfassende Dienstleistungen, beispielsweise bei der immer bedeutender werdenden Weitergabe des Vermögens in der Familie. Hier kommt unser Family Office ins Spiel. Das ist ein stark steigender Markt, rund 30 bis 35 Prozent unserer Kunden nützen diese Dienstleistung. In den USA sind Family Offices sehr stark ausgeprägt, das reicht sogar bis zur Schulsuche für die Kinder der Klienten. Soweit gehen wir in Europa nicht, aber wir sehen doch, dass unsere Kunden ein umfassendes Angebot sehr schätzen: eine ganzheitliche Vermögensstrukturierung unter allen rechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten. Dazu haben wir ein externes Netzwerk aus mehr als 40 internationalen Partnern, die uns mit spezialisierter Expertise versorgen.

die wirtschaft: Wie abhängig sind Sie in der Anlageentscheidung von BA-CA-Produkten?

Iwonski-Bozó: Überhaupt nicht. Wir sind bei der Auswahl unseres Angebotes frei. Für uns ist aber ohnedies die Dienstleistung entscheidend, nicht das Produkt, und hier wiederum die internationale Komponente.

die wirtschaft: Die BA-CA ist stark in Osteuropa verankert. Profitieren Sie von dieser Ausrichtung? Wie viele ihrer Kunden stammen aus Osteuropa?

Iwonski-Bozó: Österreich steht für uns im Mittelpunkt. Da hier noch so viel Potenzial liegt, gehen wir nicht aktiv auf Kunden aus Osteuropa zu. Wir definieren uns als umfassende Berater für Kunden mit einem disponiblen Vermögen ab einer Million Euro. Und wir sprechen dabei auch Stiftungen an.

die wirtschaft: Der Markt in Österreich scheint ausbaufähig: Es gibt laut Nationalbank 65.000 Menschen mit mehr als einer Million Euro verfügbarem Kapital.

Iwonski-Bozó: Die Zahlen sind nur ein Richtwert, genaue Daten liegen nicht vor, aber die Größenordnung stimmt. Man kann davon ausgehen, dass der Private Banking-Markt jährlich um 7 bis 8 Prozent wächst. Diese Erfahrung können wir bestätigen.

die wirtschaft: Wie definiert sich Geschäftserfolg bei Ihnen - nach der Anzahl neuer Kunden oder dem Zuwachs an betreutem Volumen? Wie innovativ kann eine Privatbank sein, wenn doch viele Kunden eher konservativ veranlagen?

Iwonski-Bozó: Das Wichtigste in unserem Geschäft ist die Empfehlung von bestehenden Kunden. Wer uns empfiehlt, gibt uns das bestmögliche Feedback und bringt die Aussicht auf neues Kundengeschäft. Was die Innovationsmöglichkeiten betrifft: Wir können alles anbieten, was die Kunden einfordern. Generelle Trends lassen sich daraus aber nicht ableiten. Es gibt einfach unterschiedliche Anforderungen: Kapitalerhalt und sichere Vermögensweitergabe, langsamer Vermögensaufbau und risikoorientiertes Anlageverhalten - jeder handelt nach seinen eigenen Vorstellungen.

die wirtschaft: Welche Anlagestrategie fahren österreichische Privatkunden?

Iwonski-Bozó: Je größer das Vermögen, desto konservativer die Veranlagung. Wer zwischen 35 und 45 Jahren alt ist und sich mit seinem persönlichen Vermögensaufbau beschäftigt, geht dabei wohl anders vor - er wird möglicherweise risikofreudiger agieren und eher progressive Anlageformen wählen.
Österreicher investieren gerne in Österreich - und vor allem wieder mehr als früher. Aber für eine echte Risikostreuung müssen Sie auch international investieren. In den letzten sieben, acht Jahren hat das Interesse nach österreichischen Aktien deutlich zugenommen. Das liegt daran, dass die Wiener Börse gut performt und dass wir einfach sehr viele gute österreichische Firmen haben.
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