Unternehmenskultur

Wertschätzung ist keine Einbahnstraße

Elke Katharina Meyer, Frank Nesemann, Thomas Achim Werner
03.07.2025

Die Positivity Guides argumentieren für Wertschätzung in beide Richtungen um eine gesunde Beziehung im Team aufrechtzuerhalten - denn auch Führungskräfte sind Menschen, die Feedback, Lob und Verständnis brauchen.

Führungskräfte sollen einen wertschätzenden Umweg mit ihren Mitarbeiter*innen pflegen und ihnen regelmäßig positives Feedback geben. Doch wer lobt sie? Wer schenkt ihnen die gewünschte Anerkennung? Die Mitarbeiter*innen eher selten! Dabei wäre dies der einfachste Weg, um die Beziehung zu ihnen zu verbessern, denn: Führungskräfte sind auch nur Menschen!

Führungskräfte sollten ihre Mitarbeitenden nicht nur als „Human Capital“ bzw. als Arbeitskräfte sehen, sondern diese auch als Menschen wahr- und ernstnehmen und einen entsprechenden Umweg mit ihnen pflegen – unter anderem, weil dies ihre Identifikation mit ihrer Arbeit und ihre Bereitschaft, sich für das Erreichen der Ziele zu engagieren, erhöht.

Das Gros der Führungskräfte bemüht sich redlich, …

Diese Botschaft wird jungen und angehenden Führungskräften seit Jahren in ihrer Ausbildung und in Seminaren vermittelt. Und dies zeigt Wirkung! Das Gros der Führungskräfte ist heute zumindest bemüht, einen wertschätzenden Umgang mit ihren Mitarbeitenden zu pflegen – auch wenn ihnen dies zuweilen schwerfällt. So zum Beispiel, wenn sie selbst unter Stress stehen. Oder wenn ein*e Mitarbeiter*in gewisse Notwendigkeiten partout nicht einsehen möchte. Dann denken sie sich zuweilen insgeheim, wenn sie sich mal wieder mit der Anforderung konfrontiert sehen, respektvoll und wertschätzend mit ihren Mitarbeitenden zu kommunizieren: „Und wer lobt und streichelt eigentlich mich?

  • Wer schenkt mir die gewünschte Anerkennung?
  • Wer nimmt mich und meine Bedürfnisse wahr?
  • Wer fragt mich nach meinem Befinden?“

Und sie fragen sich: „Ist das ganze Gerede von Respekt und Anerkennung, Achtsamkeit und Wertschätzung nicht eine Einbahnstraße?“

… doch Führungskräfte sind auch „nur“ Menschen

Dass Führungskräfte dies zuweilen denken, ist verständlich, denn in nicht wenigen Betrieben und Teams gilt: Die Führungskräfte werden zwar ständig mit den Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen der Mitarbeitenden konfrontiert, doch ihr*e Chef*in wird von ihnen eher selten als Mensch mit ebensolchen Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen usw. gesehen: Er*Sie soll schlicht funktionieren! Und wehe er*sie sagt – aus Mitarbeiter*innensicht – mal ein falsches Wort, dann beginnt sofort das Getratsche darüber, wie unmöglich er*sie sich verhalten hat. Oder wehe er*sie reagiert, weil er*sie selbst gerade gestresst oder gar überfordert ist, mal unwirsch und ungeduldig, dann wird sofort an seiner*ihrer Führungskompetenz gezweifelt.

Das soll keine Mitarbeiter*innenschelte sein! Auffallend ist jedoch: Auch in der Managementliteratur werden, wenn es um einen wertschätzenden sowie von wechselseitigem Respekt geprägten Umgang miteinander in Unternehmen geht, eigentlich stets nur die Führungskräfte adressiert. Sie werden als die Verantwortlichen dafür benannt, dass in dem ihnen anvertrauten Bereich eine entsprechende Kultur entsteht.

Auch Mitarbeiter*innen sollten mal „verzeihen“ können

Zweifellos spielen die Führungskräfte in den Unternehmen diesbezüglich eine Schlüsselrolle. Doch sind sie allein dafür verantwortlich, dass eine solche Kultur in einer Organisation entsteht und gelebt wird? Nein! Jedes Teammitglied sollte – nein, muss – seinen Beitrag hierzu leisten. Das heißt auch: Die Mitarbeiter*innen sollten nicht nur sich wünschen, als Mensch wahrgenommen zu werden, sondern sie sollten auch ihre*n „Chef*in“ bzw. Vorgesetzte*n so sehen. Das heißt in der Praxis auch, sie sollten sich, wenn ihre Führungskraft im Betriebsalltag aus ihrer Warte unangemessen reagiert, auch mal fragen „Warum reagiert mein*e Chef*in gerade so?“ – statt sogleich in eine „beleidigte Leberwurst“-Rolle zu verfallen. Oder sie sollten sie*ihn dies eventuell sogar unmittelbar fragen. Sie sollten zudem ihrem*ihrer Chef*in „Führungsfehler“ auch mal verzeihen – ebenso wie sie sich bei einem Fehler Verständnis wünschen und nicht unmittelbar am Pranger stehen möchten.

Dies sind jedoch nur Grundanforderungen, die Sie als Mitarbeitende*r, die*der sich eine „gute Zusammenarbeit“ wünscht, erfüllen sollten, damit ein möglichst stressfreies und gedeihliches Miteinander entsteht. Sollten Sie sich darüber hinaus wünschen, dass eine von Vertrauen geprägte Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Führungskraft entsteht, sollten Sie sich zuweilen auch fragen „Wann habe ich meinen*meiner Chef*in zum letzten Mal gelobt bzw. ihm*ihr ein positives Feedback gegeben?“ – auch für solche Dinge, die oft selbstverständlich erscheinen, dies aber nicht sind. So zum Beispiel dafür, dass er*sie regelmäßig einige persönliche Worte mit mir wechselt. Oder dass er*sie bei Bedarf stets ein offenes Ohr für mich hat. Oder dafür, dass er*sie klare Anweisungen gibt. Oder dafür, dass er*sie versucht, meine Lebenssituation bei der Arbeitsplanung zu berücksichtigen. Anlässe zu loben, gibt es in der Praxis zumeist viele – sofern man dies möchte.

Auch Führungskräfte wünschen sich Lob und Anerkennung

Sie sollten sich zudem zuweilen fragen: Wann habe ich meinem*meiner Chef*in zum letzten Mal signalisiert, dass ich die Komplexität seines*ihres Jobs und die Herausforderungen, vor denen er*sie Tag für Tag steht, sehe? So zum Beispiel, dass er*sie seine*ihre Planungen, ob der vielen Veränderungen im Umfeld und Unwägbarkeiten, permanent über den Haufen werfen muss. Oder dass er*sie ein sehr heterogenes Team führen muss – was der Aufgabe „einen Sack Flöhe zu hüten“ gleicht, wie es der 2014 leider verstorbene Organisationsentwickler und Buchautor Warren Bennis einmal formulierte. Oder dass er*sie als Manager*in in einer Sandwich-Position auch Druck von oben hat.

Wir versprechen Ihnen, wenn Sie ein solches Einfühlungsvermögen zuweilen zeigen, und zwar so, dass Ihre Führungskraft Ihre Worte als echt, weil vom Herzen kommend empfindet, wird sich Ihre Beziehung zu Ihrer Führungskraft nicht verschlechtern. Im Gegenteil, sie wird sich verbessern! Und Ihre Führungskraft wird Ihnen gegenüber noch offener und zugewandter sein. Und sie wird im Kontakt mit Ihnen noch häufiger die Verhaltensweisen zeigen, wofür Sie ihr ein positives Feedback gegeben haben.

Die „Chef*in-Mitarbeiter*innen-Beziehung“ aktiv gestalten

Denn wie bereits gesagt, auch Führungskräfte sind nur Menschen, die

  • sich nach Anerkennung und Verständnis sehnen und
  • auch als Person wahrgenommen sowie wertgeschätzt werden möchten.

Verhalten Sie sich entsprechend, dann wird auch der*die „knurrigste“ Chef*in irgendwann offener für Ihre Wünsche, Ideen, Empfehlungen usw. sein – selbst, wenn auch er*sie weiterhin seine*ihre Ecken und Kanten hat. Versprochen!

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