Heimische Wirtschaft zeigt Stärke

Redaktion Die Wirtschaft
20.12.2011

Die heimischen Firmen stehen Großteils auf gesunden Beinen. Das zeigt die aktuelle Insolvenzstatistik des KSV. Die Zahl der Firmeninsolvenzen ist 2011 deutlich rückgängig gewesen.

Mit 3.255 eröffneten Insolvenzverfahren über Unternehmen im Jahr 2011 ist ein weiterer Rückgang um fast 8 Prozent zu verzeichnen. Die mangels Vermögens nicht eröffneten Verfahren sanken sogar um ca. 9 Prozent. Zusammen ergibt das 5.856 Pleitefirmen und ein Minus von 8 Prozent.

Insgesamt ist das Jahr 2011 daher ein insolvenzseitig gutes Jahr für die Wirtschaft. Die betroffenen Dienstnehmer liegen ca. 14 Prozent unter dem Vorjahr – bei den betroffenen Verbindlichkeiten ist es gar ein Minus von 43 Prozent.

Auch wenn die Zahlen 2010 teilweise dem ATEC-Konzern geschuldet waren (mit insgesamt EUR 1,3 Mrd. Passiva) so beträgt der Rückgang der Passiva ohne Berücksichtigung von ATEC immer noch 21 Prozent.
Die österreichischen Unternehmen haben im Jahr 2011 teilweise solide Gewinne geschrieben – die Auftragsbücher haben sich vielfach erholt. Die österreichische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren als wesentlich robuster erwiesen als vielfach erwartet worden war.

Bundsländer-Reigen
Besonders von Interesse sind die eröffneten Verfahren, da dort die Vielzahl an Beschäftigten liegt, dort die Sanierungen stattfinden und es sich insgesamt um die weitaus größeren und bedeutenderen Unternehmen handelt als bei den mangels Vermögens nicht eröffneten Fällen. Eine Analyse der Eröffnungen zeigt eine interessante Reihung nach Bundesländern.

Die Entwicklung ist dabei durchaus unterschiedlich: Während nur das Burgenland und die Steiermark im Österreichmittel liegen, spannen Bundesländer wie Salzburg mit einem Rückgang von 33 % und Vorarlberg mit einem Zuwachs von 6 % einen weiten Bogen.
Ebenfalls interessant ist die Analyse der Insolvenzpassiva nach Bundesländern – und zwar einmal aller Fälle und einmal bereinigt um die Großinsolvenzen (50 Fälle über einer Summe an Verbindlichkeiten von EUR 7 Mio.).

Das sonst insolvenzseitig eher kleine Bundesland Salzburg mit den wenigsten Insolvenzfällen pro Jahr kommt durch einige größere Fälle (Holmes Place EUR 42 Mio. – Reschreiter GmbH EUR 34 Mio. – Ing. Haslwanter EUR 14 Mio.) auf den ersten Platz, gefolgt vom Burgenland (Blue Chip Energy, der größte einzelne Insolvenzfall des Jahres 2011 mit EUR 78 Mio.).
 
Bereinigt man die Höhe der Passiva um die 50 größten Fälle bundesweit, dann ergibt sich eine deutlich geringere Streuung der durchschnittlichen Schulden pro Fall.

In dieser Aufstellung liegt das Bundesland Wien an letzter Stelle: In Wien finden oftmals die größten Insolvenzen statt, aber im „Mittelbau“ liegt es an letzter Stelle. Besonders interessant bleibt aber, dass Salzburg auch ohne Großinsolvenzfälle den Spitzenreiter aller österreichischen Bundesländer hinsichtlich der Größe der Verfahren darstellt. Eine mögliche Erklärung dafür ist die Tatsache, dass das Bundesland Salzburg mit etwa 2/3 aller Fälle die Statistik der Nichteröffnungen mangels Vermögens bei weitem anführt.

Diese Statistik spiegelt nicht nur die Eröffnungspraxis der Gerichte wider, sondern auch die Bereitschaft gewisser großer Gläubiger (Finanzamt, Gebietskrankenkasse etc) einen Kostenvorschuss zu erlegen. Diese Bereitschaft ist v. a. bei den Krankenkassen nicht in jedem Bundesland in gleicher Weise ausgebildet. Aber es ist letztlich verständlich, dass das Bundesland, in dem bei nur einem Drittel der insolventen Unternehmen wirklich auch ein Verfahren eröffnet wird, eine höhere durchschnittliche Verschuldung in den eröffneten Verfahren aufweist. In Salzburg wird nur bei großen Unternehmen ein Verfahren auch tatsächlich eröffnet.
 
Reformvorhaben der Politik
Ausgehend von gewissen Vorstellungen der EU („Small Business Act“) überlegt das Justizministerium derzeit, für insolvent gewordene Unternehmer eine raschere Entschuldung und damit auch rascher eine sogenannte „zweite Chance“ zu ermöglichen. Grundsätzlich ist jede Initiative zur Förderung der Interessen der mittelständischen Unternehmer aus Sicht des KSV1870 nur zu begrüßen. Nur gerade diese nicht: Sie beinhaltet nämlich den Vorschlag, innerhalb von drei Jahren ab Insolvenz den haftenden Unternehmer automatisch von seinen Schulden zu befreien, um ihm so die Chance auf neuerliche unternehmerische Betätigung zu eröffnen. Diese Idee geht nicht nur am Problem vorbei, sondern übersieht auch, dass die derzeitige Geschäftspraxis in Österreich so ist, dass ehemals Insolvente oft nicht einmal einen Handyvertrag bekommen, wie sollen sie da mit Aussicht auf Erfolg ein Unternehmen gründen können?

Am Problem vorbei geht die Initiative aber v. a. deshalb, weil in Österreich jeder seriös arbeitende Unternehmer, der rechtzeitig zielführende Sanierungsschritte setzt, eine reelle Chance auf Sanierung seines Unternehmens im Rahmen eines Sanierungsplans erhält. Dies gelingt Jahr für Jahr etwa 35 % aller insolventen Unternehmen. Das ist aus Sicht des KSV1870 auch die volkswirtschaftlich zu bevorzugende Variante. Denn ein Unternehmen wird nicht liquidiert, bevor der Unternehmer seine zweite Chance erhält – wie es offenbar der EU vorschwebt oder in vielen anderen Ländern gang und gäbe zu sein scheint. Sondern er oder sie erhält diese Chance dort, wo die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Durchstartens noch am größten ist, nämlich im eigenen Unternehmen und in der Branche, die diese Unternehmerpersönlichkeit am besten kennt. Eine bessere und vernünftigere zweite Chance kann es gar nicht geben.

Es wäre daher an der Zeit, dass die EU sich die österreichische Praxis der Unternehmenssanierung ansieht und daraus Vorschläge an andere EU–Mitgliedstaaten erarbeitet, statt die Praxis aus reinen Liquidationssystemen nach Österreich bringen zu wollen. Jedes Land hat seine Sanierungskultur, und diesbezüglich können uns die Nachbarn in der EU nur beneiden. Dies gilt vor allem für die vielgepriesenen mittelständischen Unternehmen aus diesen Ländern.

Ausblick auf 2012
In der Vergangenheit haben Zinsniveau und die Bereitschaft der Geschäftsbanken, ihren Kunden unter die Arme zu greifen, viel Einfluss auf das Insolvenzgeschehen gehabt. Die österreichische Wirtschaft ist durchaus gut aufgestellt und kann im Windschatten der deutschen Wirtschaft auch international gut punkten. In den letzten 3 Jahren haben die heimischen Banken gezeigt, dass sie über ein ausgesprochen professionelles Krisenmanagement bei ihren Firmenkunden verfügen. Daraus kann die Zuversicht geschöpft werden, dass auch eventuell kommenden Problemen im Gefolge einer Abflachung der internationalen Konjunktur gleichermaßen begegnet werden wird. Außerdem ist jede Konjunkturabflachung mit einer Senkung der Rohstoffpreise verbunden, was letztlich synchron mit eventuellen Umsatzrückgängen eine Kostensenkung bedeutet.

Daher erwartet der KSV1870 für das Jahr 2012 keinesfalls eine dramatische Zunahme der Unternehmenszusammenbrüche, sondern eher eine Seitwärtsbewegung, also ein Insolvenzgeschehen etwa auf dem Niveau von 2011.

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