Büro auf Stundenbasis

Redaktion Die Wirtschaft
16.10.2013

Sie sind die Andockstationen digitaler Nomaden, Freiberufler, ­Kreativer oder moderner Wissens­arbeiter: Coworking Spaces oder Shared Offices erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und bieten einen vollwertigen Arbeitsplatz auf Zeit.

Shared Offices erfreuen sich auch bei mobilen Nomaden, die auf Stil Wert legen, immer größerer Beliebtheit.

Text: Claudia Aigner, Heinz Erdmann

Coworking heißt ein neuer Trend, der zeitgemäßen Arbeitsformen Rechnung trägt und sich auch in Österreich zunehmend etabliert. Die Idee dahinter: Freiberufler, junge Kreative, Start-ups, aber auch Unternehmer, die sich vernetzen möchten, arbeiten räumlich zusammen, nutzen gemeinsam die vorhandenen Arbeitsplätze, die Infrastruktur wie Netzwerk, Scanner, Drucker, Besprechungsräume, Beamer, Telefonanlagen, lernen einander kennen und profitieren im Idealfall voneinander. „Im Juli 2010 marschierten wir im ehemaligen Greenpeace-Headquarter in Wien-Margareten ein.

Mit Hammer und Bohrer haben wir in einem neunwöchigen Umbauchaos Wände abgerissen, einen Wasserschaden überstanden, Böden gelackt und das Grau neu gekalkt. Parallel zum Umbau fanden sich auch die Möbel zusammen. Wir befuhren fast ganz Österreich, um die einzelnen Stücke bei Trödlern oder Privatverkäufern abzuholen. Sie geben dem Space seinen Retrocharme. Am 17. September 2010 war es so weit, und wir öffneten feierlich die Tore zu unserem Coworking Space“, beschreiben die Betreiber von „Sektor 5″ die Anfänge ihres Projekts. Heute verteilen sich zahlreiche Arbeitsplätze auf einer Fläche von rund 600 Quadratmetern. Sie sind von Pflanzen, Spinden und Sofaecken flankiert. Im Helmut-Schmidt-Raum wird telefoniert, geskypt, oder es werden Besprechungen abgehalten.
 
Der flexible Schreibtisch
Kommen kann jeder, und abgerechnet wird je nach Bedarf. Das „Flex Desk Ticket“ – ein Arbeitsplatz ohne Reservierung – gibt es für einen Arbeitstag um 15 Euro, die Woche schlägt sich mit 70 Euro und das Monatsticket mit 170 Euro zu Buche. Inkludiert ist die Benützung des Mobiliars, WLAN/LAN, IT-Services, Kopierer, Scanner und Fax sowie eine ermäßigte Preisgestaltung für den Konferenzraum. Wer seinen Schreibtisch fix für einen Monat reservieren will, nimmt ein „Fix Desk Ticket“ für 230 Euro monatlich. Auf Mitgliedsbasis funktioniert die international agierende Coworking-Space-Kette The Hub. Im The Hub Vienna in der Wiener Lindengasse wird auf Stundenbasis abgerechnet. Zehn Stunden Schreibtisch – wochentags von 9 bis 19 Uhr – gibt es dort für 35 Euro. Fünfzig Stunden für 120 Euro. Für den unbegrenzten Zugang – fünf bis sieben Tage die Woche ins Gemeinschaftsbüro – zahlt man 300 Euro monatlich, exklusive Mehrwertsteuer. Der Vorteil von The Hub: Das 2005 in London gegründete Konzept umfasst mittlerweile mehr als dreißig Coworking Spaces auf fünf Kontinenten. Weitere fünfzig Standorte sind in Planung.
 
Work-in
Ehrgeizige Pläne verfolgt auch Alexander Strohmayer, Gründer und Geschäftsführer von Neno Offices. Abseits von Start-up-Romantik und Studenten-Feeling setzt Neno Offices auf Funktionalität und Design. „Wir haben mit Neno eine neuartige Arbeitswelt geschaffen und wollen eine neue Kategorie als ganzheitliches Konzept etablieren – das Work-in, das sich als neues Angebot am Shared-Office-Markt positioniert. Neno soll bestehende Arbeitsgewohnheiten ergänzen, nicht ersetzen. Nutzer arbeiten im eigenen Zuhause, im Kaffeehaus, im Park oder bei Neno, wenn sie professionelle Office-Strukturen, neue Inspiration oder eine Rückzugsmöglichkeit suchen“, erklärt Strohmayer. Während Buchungen in Mietbüros und herkömmlichen Coworking Spaces auf Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresbasis aufgebaut sind, ist Neno offener und flexibler, glaubt er. Wer Neno nutzen möchte, kann zwischen verschiedenen Angeboten wählen und auch geschlossene Räume buchen. Dazu meldet man sich auf www.workyourway.com an und erstellt seinen eigenen User-Account. Über ein dort installiertes Buchungssystem können Nutzer risikolos on demand Zeittickets erwerben und auch ihre Reservierungen vornehmen. Mit einem Smartphone kann jeder von unterwegs Buchungen durchführen. „Wir vermieten keine Arbeitsplätze, sondern Stundenkontingente“, erklärt der Neno-Gründer.
 
Bleiben oder gehen
Der Tarif „Prepay“ eignet sich optimal für sporadische Nutzung, beispielsweise als Tapetenwechsel oder Rückzugsort zum Konzentrieren. Es gibt drei Tarife: das 20-, das 50- und das 200-Stunden-Paket. Je mehr Stunden man hochlädt, desto günstiger fällt der Stundenpreis aus, zwischen sechs und vier Euro pro Stunde. Mit der Go-Funktion kann der User Arbeitsplätze und Räume über Web oder Smartphone stundenweise fix buchen, zwischen drei und zwei Euro pro Stunde. „Stay“: Im Fokus stehen bei diesem Modul die längere Verweildauer, die Möglichkeit eines Firmensitzes und der 24/7-Zugang für Unternehmer. Einzelne Arbeitstische und -zimmer sind ab einer Woche bis zu mehreren Monaten buchbar. Die Zielgruppe: mobile Nomaden, die aber dennoch ein gewisses Maß an Kontinuität brauchen und einen fixen Arbeitsplatz bevorzugen. Infrastruktur steht dem User rund um die Uhr zur Verfügung. Firmenadresse, Schild und Postverteilung sind inkludiert. Die Kosten: ab 98 Euro pro Woche. Die Neno-Standorte – mittlerweile vier in Wien – sind sieben Tage die Woche zu den jeweiligen Öffnungszeiten verwendbar. Zugang erhalten Nutzer mittels Schlüsselkarte oder Transponder, die beim Erstbesuch ausgehändigt werden. Diese „Schlüssel“ sperren an allen Standorten in der Stadt und verfügen über das integrierte Abrechnungssystem. Betritt der Nutzer einen Standort, werden er und seine Buchung erkannt. Im Standort selbst lassen sich reservierte Räumlichkeiten und auch Einzelarbeitsplätze mit dem Schlüssel öffnen bzw. versperren.
 
Ein Office in jeder Stadt
Wie ehrgeizig Strohmayers Ambitionen sind, verrät sein Businessplan. „Wir sind investorengetrieben und wollen 26 Standorte bis 2020 eröffnen“, verrät er und geht sogar noch weiter: „Das Neno-Work-in-Konzept werden wir mit zusätzlichen ‚Urban Creative‘- und ‚Executive Suite‘-Standorten in Wien erweitern und gleichzeitig weitere Standortinszenierungen schaffen, die andere Bedürfnisse unserer Nutzer befriedigen sowie neue Nutzergruppen ansprechen. Wir werden neue Inszenierungen wie ‚Young Family‘ für junge Mütter und Familien, ‚Work Villa‘, Häuser in Grünlagen, sowie ‚Active Adults‘, Gemeinschaftsräume für die Generation ab 55 Jahren, gestalten, um auch für diese Nutzer ein flexibles Arbeitsumfeld zu schaffen, das sich an deren aktuelle Lebenssituation anpasst.“ Dass der Bedarf nach Shared-Office-Lösungen noch immer gegeben ist, daran zweifelt Strohmayer keineswegs. Ungeachtet dessen, dass Konkurrenten wie Regus, Shared Office, Your Office, Frei Raum und unzählige andere ebenfalls bestens aufgestellt sind. Als User darf man sich also über ein wachsendes Angebot freuen.

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