Neues Shopkonzept in der Wiener City: Stilsicher in die Zukunft

Der Wiener Juwelier Wagner eröffnete jüngst seinen neuen Store – und setzt damit einen Meilenstein in der Branche. Eigentümer Hermann Gmeiner-Wagner im Interview. Interview Thomas Kahler
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die wirtschaft: Sie haben mit dem neuen Auftritt von Juwelier Wagner ein Konzept verwirklicht, das in der Schmuck- und Uhrenbranche noch nie so konsequent umgesetzt wurde.
Hermann Gmeiner-Wagner: Möglicherweise haben wir wirklich etwas geschaffen, das als neues Statement in diesem Bereich gilt. Die Bemerkungen vieler Gäste bei unserer Eröffnung bestätigen dies. Wenn es so ist, würde es mich doppelt freuen, denn wir sind nie den Weg gegangen etwas kopieren zu wollen, sondern wollten immer etwas Eigenständiges entwickeln. Durch die Geradlinigkeit in der Gestaltung wirkt das neue Interieur zeitlos und trägt nicht den Stempel des Jahres 2005.
die wirtschaft: Seit wann existiert Juwelier Wagner?
Gmeiner-Wagner: Seit 1917. Ich hab leider meinen Großvater nie kennen gelernt, weiß nur, dass es ein mutiger Schritt war, in einer damals sehr schwierigen Zeit, ein Unternehmen zu gründen. Es ist schön, wenn sich ein Familienunternehmen so, wie in diesem Fall, weiterentwickeln kann. Ich habe zwei Kinder, ob diese das einmal weiterführen, das wird man sehen.
die wirtschaft: Auffallend ist die Klarheit der Raumstruktur. Wie verlief die Planung und Entwicklung dieses Konzeptes?
Gmeiner-Wagner: Die Modernisierung unseres alten Geschäftes lag 15 Jahre zurück. Zunächst haben wir analysiert, wie wir in zeitgemäßer Form den Bedürfnissen unserer Kunden entgegenkommen können. Welche Entwicklung hat es in den vergangenen 10 bis 15 Jahren in den Lebensbereichen unserer Kunden gegeben? Da hat sich eigentlich sehr klar herauskristallisiert, dass die Themen Platzangebot und Raumatmosphäre wirklich stark an Bedeutung gewonnen haben. Unsere Kunden leben heute in größeren Wohnungen als noch vor 10 oder 15 Jahren. Viel früher, als in unserer Branche, haben andere Unternehmen im Luxusbereich darauf reagiert. Da aber unsere Klientel genau in diesen Geschäften Kunde ist, hat sie sich an diese räumliche Großzügigkeit gewöhnt. Ich war und bin der Überzeugung, dass es nicht so sein kann, dass, nur weil in unserer Branche die Ware klein ist, dafür weniger Quadratmeter zur Verfügung stehen. Worauf es ankommt, das ist der Mensch, und der hat seine räumlichen Empfindungen und Bedürfnisse. Habe ich in anderen Luxusbereichen dieses Raumangebot, so sollte man als Kunde das auch in unserer Branche erwarten können. Das war der Ausgangspunkt. Dann ergab sich die Möglichkeit, zuerst die einen und dann die anderen angrenzenden Geschäftsräume dazu zu nehmen. Auf dieser zur Verfügung stehenden räumlichen Basis von rund 800 Quadratmetern hat sich das Konzept in Zusammenarbeit mit Architekt Matthäus Jiszda entwickelt.
Wir haben von den Funktionen und dem Konzept her schon sehr genau gewusst, was wir wollten. Und es hat sich im weiteren eine sehr gute Gesprächsbasis entwickelt, damit die Wünsche, die wir hatten, so umgesetzt wurden wie es unseren Vorstellungen entsprach. Ich bin schon lange in der Branche und war davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Aber ob das Konzept dann wirklich so aufgeht, das ist eine andere Geschichte. Ob das richtig ist, entscheidet letztlich der Kunde. Bei jeder Investition – und offen gestanden auch bei dieser – schwingt ein gewisses unternehmerisches Risiko mit.
die wirtschaft: Es hat in Wien in vergangenen Jahrzehnten grandiose Geschäftslokale geben. Nur wenig ist davon erhalten geblieben. Sie setzen nun diese Tradition in zeitgemäßer Form und Eleganz fort. Wie reagieren Ihre Kunden darauf?
Gmeiner-Wagner: Wenn man ein Geschäft umbaut, wartet man natürlich auf Reaktionen. Und die kamen eigentlich sehr spontan und in einer Form, mit der ich gar nicht gerechnet habe. Ich hatte zwar die Gewissheit, dass wir hier schon zweifellos zeitgemäß, aber im Stil klassisch-modern bauen. Ich dachte, in irgendeiner Form wird das schon polarisieren und besonders die älteren Herrschaften werden damit vielleicht nicht ganz so glücklich sein. Bei den jungen und mittleren Altersschichten war ich mir eigentlich sicher, dass das gut angenommen wird. Interessanterweise ist es nun so, dass sogar Kunden auf mich zukamen, die schon Kunden meines Großvaters waren und es großartig finden, was aus diesem Geschäft geworden ist.
die wirtschaft: Wie sehr spielt dabei Ihre Persönlichkeit mit hinein?
Gmeiner-Wagner: Wir haben am Konzept des neuen Geschäftes an die drei Jahre gearbeitet, ein halbes Jahr hat es gedauert, bis das Design umgesetzt wurde und dann folgte ein Jahr Bauzeit bis zur Fertigstellung. Wir haben uns schon sehr genau überlegt, was sich der Kunde erwartet. Wie viel Anteil der Architekt oder ich daran haben, das lässt sich so nicht sagen. Von beiden Seiten wurden scheinbar die richtigen Entscheidungen getroffen. Es ist natürlich schon so, dass meinerseits Vorgaben bestanden und ich die Offenheit des Architekten schätze, wenn er für diese Argumente zugänglich ist und eine entsprechende Lösung liefert. Ich bezeichne es als Professionalität eines Architekten, wenn er Lösungen findet, die sich wirklich nach den Bedürfnissen seines Auftraggebers richten. Das hat in unserem Fall sicher stattgefunden.
die wirtschaft: Das klingt nach einer idealen Kombination.
Gmeiner-Wagner: Dinge, die aus unserer Sicht am Plan nicht funktioniert haben, die habe ich nicht zugelassen. Aber es braucht ebenfalls ein Gegenüber, das diese Herausforderung annimmt und eine andere Lösung anbietet. Das Ergebnis ist der Endpunkt einer spannenden Entwicklung. Bis dahin gab es schon Diskussionen, bis man sich schließlich auf eine Lösung geeinigt hat.
die wirtschaft: Klar ist auch, dass nicht viele Bauherren sich die Zeit nehmen, um so ein Projekt durchzubringen.
Gmeiner-Wagner: Die Zeit habe ich mir genommen, wenngleich auf Grund dieser Vorgangsweise dieses eine Umbaujahr ein sehr intensives war. Das war in diesen 25 Jahren, in denen ich in der Branche tätig bin, sicher mein arbeitsreichstes Jahr. All die Details zu berücksichtigen, die Einrichtung des Uhrmacher- und des Goldschmiedeateliers, das technische Umfeld, der Verkaufsraum im Erdgeschoss, wo das Hauptaugenmerk auf Positionierungen der Vitrinen lag, dazu die Art und Weise, wie ein Kunde das Geschäft durchwandert. Das sind eine ganze Menge an Dingen, die beachtet werden mussten und in die Planung mit einflossen.
die wirtschaft: In den vergangenen Jahren hat sich Wien als Einkaufsstadt positiv verändert. Hätten Sie den Umbau auch unter anderen Umständen gewagt?
Gmeiner-Wagner: Ich könnte jetzt nicht sagen, dass das Umfeld vor fünf Jahren ein schlechteres gewesen wäre. Wahrscheinlich wäre aber vor fünf Jahren die Zeit dafür noch nicht reif gewesen. Erfolg ist dann gegeben, wenn man die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt richtig umsetzt. Das ist zwar keine Weisheit von mir, umreißt aber unsere Zielsetzung. Ich sehe das unter dem Aspekt, dass es in dieser Form in die Zeit passt. Wir haben oft von Kunden gehört, dass es großartig ist, nun so ein internationales Geschäft in Wien zu haben.
die wirtschaft: In dieser Form hat Ihr Auftritt deutlich internationalen Charakter. Setzen Sie damit auch verstärkt auf Kunden aus dem Ausland?
Gmeiner-Wagner: Es ist zu hoffen, dass der Dollar, der schon wieder etwas angezogen hat, weiter stärker wird. Wenn das der Fall ist, bin ich der Überzeugung, dass wir mit diesem internationalen Auftritt, den wir jetzt haben, zweifellos schöne Zusatzgeschäfte machen werden.
die wirtschaft: Haben Sie auch Personal aufgestockt?
Gmeiner-Wagner: Natürlich. Insgesamt beschäftigen wir jetzt 28 Mitarbeiter. Im nächsten Jahr werden es sicher über dreißig im Verkauf, in den Werkstätten und in der Administration sein.
die wirtschaft: Werden Sie nach diesem Umbau und der Neueröffnung nun auch Ihr Marken-Portfolio erweitern?
Gmeiner-Wagner: Ich denke über ein, zwei zusätzliche Marken zwar nach, aber konkret sagen kann ich dazu derzeit noch nichts.
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