„Fehler muss man individuell betrachten“

13.11.2013

Roger Schmidt trainiert mit dem FC Red Bull Salzburg das beste Fußballteam des Landes. Fehler passieren aber auch dort. Ein Gespräch über die „alte Trainerschule", Fehleranalyse und „gute" Fehlpässe.  

Interview: Daniel Nutz


Herr Schmidt, vor Ihrer Trainertätigkeit waren Sie Projektingenieur in der Automobilbranche. Welche Führungserfahrungen haben Sie in den Fußball mitnehmen können?
Da gibt es einiges, was man mitnehmen kann. Wenn man gemeinsam Erfolg haben will, muss sich jeder entsprechend einbringen und sich ins Team einordnen. Besonders leitende Angestellte sind gefordert, durch gute Menschen- und Teamführung eine Atmosphäre zu schaffen, in der jeder Einzelne den Erfolg der Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt.

Ob Manager oder Trainer: Beide halten auch die Backe für die Fehler ihrer Spieler hin. Trainer der sogenannten „alten Schule" bestrafen gerne ihre Kicker. Wie handhaben Sie Fehler?
Fehler muss man individuell betrachten. Manchmal ist es sinnvoll, Spielern trotzdem das Vertrauen zu schenken. Fehler können bei entsprechender Analyse für die Weiterentwicklung sogar sehr wichtig sein. Von Bestrafung halte ich nichts. Aber natürlich spielen wir Fußball, um Erfolg zu haben. Spieler, die andauernd entscheidende Fehler machen, werden am Ende des Tages natürlich selten am Platz stehen.

Wie sieht Ihre Fehleranalyse aus?
Es gibt für die ganze Mannschaft klare Verhaltensweisen, die für das jeweilige Spiel erarbeitet werden. In der Nachbetrachtung wird dann ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt. Fehlerhafte Verhaltensweisen werden mit der Mannschaft besprochen. Diese Rückmeldung ist für die Spieler von größter Bedeutung und trägt maßgeblich zu ihrer Weiterentwicklung und Verbesserung bei. Auf professionellem Niveau ist dafür die Videoanalyse nicht wegzudenken.

Welche Fehler tolerieren Sie nicht?
Für mich sind all jene Fehler tolerierbar, bei denen der Spieler versucht, die im Training erarbeiteten Dinge umzusetzen. Nicht akzeptieren kann ich jedoch Fehler, die passieren, weil der Spieler sich nicht mit den Zielen und der Spielweise der Mannschaft identifiziert. Das führt zwangsläufig dazu, dass dieser Spieler den Erfolg des Teams gefährdet und damit auch für die Mannschaft irgendwann nicht mehr tragbar
ist.

Wer weniger Fehler macht, gewinnt, besagt eine Fußballweisheit. Demnach wird Mut zum Risiko am grünen Rasen ja nicht unbedingt belohnt. Oder?
Im Fußball gibt es viele Weisheiten, die ziemlicher Blödsinn sind. Diese gehört dazu! Fehler passieren einfach. Von entscheidender Bedeutung ist aber, wo Fehler am Spielfeld stattfinden. In Zeiten des Gegenpressings nach Ballverlust gibt es mittlerweile sogar Fehler, die – indem man einen Fehlpass in Tornähe sofort zurückgewinnt und schnellstmöglich umschaltet – zu einem Tor für die eigene Mannschaft führen können. Ein wesentlicher Teil der Treffer auf höchstem Niveau fällt auf diese Art und Weise. Das sind also zum Erfolg führende Fehler.