„Die Mehrzahl verschließt die Augen vor der Wirklichkeit“

Industriellenvereinigung
13.11.2013

Susanne Fruhstorfer ist Masseverwalterin. Wenn sie ins Spiel kommt, sind im Unternehmen ein paar Fehler zu viel passiert. Die meisten wären allerdings vermeidbar gewesen.

Interview: Stephan Strzyzowski


Welche sind die häufigsten Fehler, die bei Unternehmen zur Insolvenz führen?
Mangelnder Überblick über Finanz- und Auftragslage, zu späte Reaktion auf Marktveränderungen, Umsatz wird mit Gewinn verwechselt, nicht angemessene Entnahmen der Inhaber, zu hohe Geschäftsführergehälter, zu hohe Ausgaben für Prestigegüter wie zum Beispiel Autos.

Ihre Einschätzung: Wären diese in den meisten Fällen vermeidbar?
Ja, bei entsprechender Planung, ordnungsgemäßer Buchführung und Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten, wie etwa die Kürzung von Ausgaben.

Sind sich die Unternehmer mehrheitlich bewusst, wenn sie in Richtung Abgrund schlittern?
Die Mehrzahl verschließt die Augen vor der Wirklichkeit, hofft auf eine Besserung der Zukunft oder redet sich ein, dass es nicht so schlimm ist. Rund 80 Prozent der Insolvenzen werden zu spät beantragt. Viele Unternehmer, über deren Unternehmen infolge eines Gläubigerantrages, zum Beispiel von Gebietskrankenkasse oder Finanzamt, das Konkursverfahren eröffnet wurde, sind noch immer der Ansicht, dass das Unternehmen nicht insolvenzreif ist. Es ist nicht unüblich, dass auf den ersten Anruf des Masseverwalters beim insolventen Unternehmen wie folgt reagiert wird: „Das ist ein Irrtum."

Wie viele schaffen den Turnaround?
Nach Statistiken des KSV enden rund 28 Prozent der Insolvenzverfahren mit der Annahme eines Sanierungsplanes, dem alten Zwangsausgleich. Rund 83 Prozent der Sanierungspläne werden auch er-
füllt.

Lernen die Unternehmer etwas aus ihren Fehlern?
Manche ja, manche nein. Es gibt sowohl Fälle von Konkursverfahren, die infolge des Antrages eines Gläubigers eröffnet wurden und nach einer mehr oder weniger langen Fortführungsphase durch den Masseverwalter mit einem Sanierungsplan enden, als auch Fälle von Unternehmen, die nach einem Sanierungsplan abermals in der Insolvenz
enden.