Buchtipp

NGOs: Wachhund oder Kuscheltier?

Nachhaltigkeit
01.06.2023

Was passiert eigentlich, wenn NGOs und Unternehmen kooperieren? Diese Frage genießt bisher wenig Aufmerksamkeit. Gabriele Faber-Wiener und Bettina Gjecaj liefern in einem neuen Sachbuch spannende Antworten.

Kooperationen zwischen NGOs und Unternehmen haben in den letzten Jahren zugenommen. Da werden für die gute Sache gemeinsam Bienen gezüchtet, Bäume gepflanzt oder Gelder gesammelt. Für beide Seiten ist das ein Gewinn. Doch wie verändert sich dadurch die Beziehung zwischen Unternehmen und NGOs? Geht dadurch etwa die so wichtige Korrekturfunktion der NGOs verloren, weil es plötzlich Abhängigkeiten gibt? Höchste Zeit, diese Beziehung genauer unter die Lupe zu nehmen. Das dachten sich zumindest die Autorinnen Gabriele Faber-Wiener und Bettina Gjecaj. Sie präsentierten nun das Ergebnis ihrer Analyse in Buchform.

Das Buch ist im Springer Verlag erschienen und richtet sich an Manager*innen und Entscheider*innen in Wirtschaft und Zivilgesell­schaft ebenso wie an CSR-, Kommunikations-, Marketing- und Compliance-Verantwortliche in Unternehmen und Non-Profit-Organisationen, die klare Spielregeln und einen offenen Dialog auf Augenhöhe anstreben.

Transparenz ist gefragt

In Ihrem Buch „Kooperationen zwischen Unternehmen und Non-Profit-Organisationen. Gemeinsam Verantwortung übernehmen: Leitfaden für konstruktive, glaubwürdige und transparente CSR-Projekte“ befassen sich die Autorinnen mit dem aktuell tiefgreifenden Wandel in Wirtschaft und Zivilgesellschaft und leiten daraus Empfehlungen und ganz konkrete Tools und Richtlinien für glaubwürdige Kooperationen zwischen Unternehmen und NGOs ab.

„Unser Ziel ist es, mit diesem Buch Verständnis zu schaffen, Fragen aufzuwerfen und Antworten zu geben. Es skizziert, wie Kooperationen strukturiert aufgebaut werden sollten, wie sie sich zu einer glaubwürdigen und nachhaltigen Zusammenarbeit mit Mehrwert für alle Stakeholder:innen entwickeln können und welche Rahmenbedingungen und Kriterien es dafür braucht“, erklärt Gabriele Faber-Wiener, Co-Autorin und Expertin für Unternehmensverantwortung und Ethik. „Das Buch wirft die wichtigsten Fragen für effektive Kooperationen jenseits von Greenwashing oder Alibi-Engagements auf und soll als praktischer Beziehungsratgeber für beide Seiten dienen; mit zahlreichen nützlichen und sofort anwendbaren Tools für eine glaubwürdige und transparente Zusammenarbeit“.

Anwendbares Instrumentarium

Solche Kooperationen sind heute mehr denn je gefragt - zur Erreichung gemeinsamer Ziele, zur Sicherung der Akzeptanz von Prozessen, Produkten oder Standorten, aber auch zur finanziellen Unterstützung gemeinnütziger Aktivitäten bis hin zu primär karitativen Maßnahmen im Rahmen weniger ambitionierter CSR-Strategien. Die notwendigen strukturellen und ethischen Eckpfeiler dieser Kooperationen sind bislang weder thematisiert worden, noch gibt es entsprechende Regelwerke oder Qualitätsstandards, die für die notwendige Transparenz sorgen. Daraus ergeben sich potenzielle Risiken, die im Buch analysiert werden. Die Autorinnen wollen aufrütteln und zum verstärkten Diskurs zu diesen Themen anregen. Sie geben aber auch konkrete Handlungsanleitungen, wie Kooperationen auf Augenhöhe gestaltet werden können. Dies ist zum einen der „Fahrplan für Kooperationen auf Augenhöhe“, der die wichtigsten Fragen und Schritte in den einzelnen Phasen einer Kooperation thematisiert. Ein weiteres Kernstück ist der von Gabriele Faber-Wiener erarbeitete „Kodex für transparente Zusammenarbeit“ - ein praxiserprobtes und für beide Seiten direkt anwendbares Instrumentarium.

Wichtige Korrektivrolle

Das Buch soll zum Nachdenken und zur „Beziehungsarbeit“ anregen - sowohl bei Unternehmen in Bezug auf ihre Verantwortung gegenüber der Zivilgesellschaft als auch bei NPOs. Deren Rolle und Korrektivfunktion ist gerade vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Klimakrise und der durch Krieg und Finanzkrise ausgelösten globalen Transformationen wichtiger denn je.

„Es ist kein Zufall, dass radikalere Organisationen, die nicht auf Kooperation, sondern auf Konfrontation setzen, heute wieder einen regelrechten Boom erleben“, so Buchautorin Bettina Gjecaj. „Dieser Trend zeigt die wachsende Brisanz und Dringlichkeit im gesellschaftlichen Diskurs. Er wirft aber auch die Frage auf, ob die traditionellen Non-Profit-Organisationen ihre Korrektivfunktion noch ausreichend wahrnehmen können. Kooperation versus Konfrontation wird auch für NGOs zu einer immer relevanteren strategischen Herausforderung“.

Die Autorinnen

Gabriele Faber-Wiener ist eine der renommiertesten CSR- und Kommunikations­expert:innen im deutschsprachigen Raum und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in Management und Kommunikation aller drei Sektoren der Gesellschaft: Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Sie ist Dozentin an acht Universitäten und berät Unternehmen sowie Non-Profit-Organisationen.

Bettina Gjecaj arbeitet und lehrt an der FH JOANNEUM – University of Applied Sciences, Graz. Ihre beruflichen Schwerpunkte umfassen Green & Social Marketing, Campaigning, Öffentlichkeitsarbeit, Corporate Social Responsibility und strategisches Kommunikations­management.

Bettina Gjecaj und Gabriele Faber-Wiener mit dem neuen Buch
Gabriele Faber-Wiener und Bettina Gjecaj