KMU Mobilität

Nachhaltig zur Arbeit

Mobilität
18.06.2024

Arbeitswege verursachen einen großen Teil des Verkehrs in Österreich, Unternehmen sind dazu aufgerufen, diese möglichst nachhaltig zu gestalten. Von klimaverträglichen Arbeitswegen können sowohl Beschäftigte als auch das Unternehmen selbst profitieren.
Frau mit Kopfhörern in der Wiener U-Bahn

Rund 98 Millionen Kilometer werden laut dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) jeden Werktag zurückgelegt, um in die Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, 70 Millionen Kilometer davon mit dem eigenen Pkw oder als Mitfahrende. 39 Prozent der von Österreichs Bevölkerung an Werktagen gefahrenen Pkw-Kilometer entfallen auf den Arbeitsweg, weitere 14 Prozent verursachen Dienstfahrten. Der Verkehr ist der größte Problembereich beim Klimaschutz, die CO₂-Emissionen des Verkehrs sind in den vergangenen Jahren sogar gestiegen.

Klimaticket und E-Auto

Beim burgenländischen Unternehmen Püspök ist man sich dieses Umstandes bewusst, die Hälfte der Mitarbeitenden pendelt aus Wien zur Arbeit. „Unsere in Wien wohnhaften Beschäftigten legen pro Jahr rund 198.000 Kilometer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück“, heißt es seitens des Unternehmens. „Das entspricht bei einem Mittelklasse-Verbrenner-Auto einer eingesparten CO₂-Menge von 68 Tonnen.“ Im firmeneigenen Auto-Pool stehen 30 E-Autos zur Verfügung, dazu erhalten alle Mitarbeiter*innen ein Klimaticket Österreich. Zwei bis drei Tage pro Woche steht Homeoffice auf dem Programm, wodurch die Arbeitswege reduziert werden.
Unter betrieblichem Mobilitätsmanagement versteht man Vorkehrungen, die den Arbeitsweg für Beschäftigte umwelt- und klimaverträglicher machen. Dazu gehört die Förderung des Radverkehrs und des Öffentlichen Verkehrs durch Unternehmen ebenso wie bewusstseinsbildende Maßnahmen oder die Anschaffung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wie Elektro-Fahrzeuge. Betriebe, die CO₂-sparende Schritte im Bereich Mobilität setzen, können bei klimaaktivmobil, der Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums im Verkehrsbereich, eine Förderung beantragen.

Förderungen für Unternehmen

Josefine Wickenbrock
Josefine Wickenbrock von JobRad

Ein Beratungsprogramm von klimaaktiv mobil bietet allen Unternehmen in Österreich kostenfreie Unterstützung bei der Umsetzung von betrieblichen Mobilitätslösungen. Gefördert werden auch Diensträder für Beschäftigte. „Seit das Dienstrad mit dem Jahressteuergesetz 2020 in Österreich möglich wurde, wird es immer beliebter“, sagt Josefine Wickenbrock von JobRad. „Immer mehr Arbeitgeber erkennen, dass sie mit einem Dienstradangebot Fachkräfte gewinnen und halten können – und dabei Gutes für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und die Umwelt tun. Gleichzeitig fragen immer mehr Arbeitnehmer nach Diensträdern.“ Dennoch gibt es noch Hürden: „Leider sind Mitarbeitende, die keine Überzahlung erhalten, sondern nur nach Kollektivvertrag bezahlt werden, aktuell noch vom Dienstradleasing-Modell ausgeschlossen“, kritisiert Wickenbrock. Und auch im Bundesdienst gebe es Hürden: „Als Beschäftigte muss ich einen Dienstweg haben, um für ein Dienstrad berechtigt zu sein – und die Fahrt zur Arbeit zählt nicht als Dienstweg.“ Zudem müsse der Arbeitgeber mindestens 50 Prozent der Kosten übernehmen – wozu nur wenige bereit oder in der finanziellen Lage sind. JobRad hat im Dezember 2023 ein Positionspapier veröffentlicht, in dem einheitliche und praktikable Rahmenbedingungen für ein Dienstradleasing vorgestellt werden.
Auch bei der jährlichen, zweimonatigen Aktion „Österreich radelt zur Arbeit“ können Arbeitnehmer zum Radfahren motiviert werden. Wer in diesem Zeitraum mehr als 10 Tage zur Arbeit radelt, hat Chancen darauf, Preise zu gewinnen. Die Aktion, die vom Verein Radlobby Österreich in Kooperation mit Bund und Ländern durchgeführt wird, zielt neben dem Umweltaspekt auch auf das Gesundheitsbewusstsein der Teilnehmer ab: So wird die WHO-Empfehlung von 30 Minuten moderater Bewegung als tägliches Mindestmaß alleine durch den Arbeitsweg erfüllt. Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, ist laut VCÖ im Durchschnitt 1 bis 2 Tage weniger krank im Jahr. „Ein Krankenstandtag kostet Unternehmen in Österreich im Durchschnitt 200 Euro“, heißt es beim VCÖ. Hochgerechnet auf ein Jahr ergäbe sich dadurch für ein Unternehmen mit 50 Beschäftigten eine potenzielle Kosteneinsparung von rund 20.000 Euro alleine aufgrund der reduzierten Krankenstandtage.

Entspannt unterwegs

Peter Sattler
Peter Sattler; Geschäftsführer bei sattler energie consulting

Das Gmundner Consulting-Unternehmen Sattler Energie Consulting fand in einer Analyse seiner Umweltbilanz heraus, dass 80 Prozent der Emissionen durch Arbeitswege und Dienstreisen verursacht werden. „Die Herausforderung war, dass unsere Mitarbeiter aus einem Einzugsgebiet von rund 50 km einpendeln und zum Großteil mit dem Pkw anreisten“, sagt Geschäftsführer Peter Sattler. Als Konsequenz wurde das Programm Businessmobility Zero CO₂ gestartet. Langstrecken werden nun mit der Bahn in Kombination mit (E)-Mietwagen zurückgelegt; ein Großteil der Autofahrten zu Kunden finden mit E-Fahrzeugen statt. „Wir haben im Selbstversuch festgestellt, dass es entspannter ist, mit einem E-Auto unterwegs zu sein, da man zum Aufladen mehr Pausen machen muss“, sagt Sattler. Zudem nimmt das Unternehmen regelmäßig an der Aktion „Oberösterreich radelt“ teil. Die durch betriebliche Mobilität verursachten CO₂-Emissionen konnten auf diese Weise von 12.385 Kilogramm im Jahr 2015 auf 1.304 Kilogramm im Jahr 2023 reduziert werden – bei gleichzeitig steigender Beschäftigtenanzahl. Sattler Energie Consulting strebt an, bis zum Jahr 2040 als Unternehmen klimaneutral zu werden.

Bürokratische Hürden

Um Arbeitswege vom Auto weg zu anderen Verkehrsmitteln zu verlagern, fordert der VCÖ eine Reform der Pendlerpauschale: „Es fehlen ökologische Kriterien bei der Förderung des Pendelns. Wer keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung hat, erhält bereits bei einem Arbeitsweg ab zwei Kilometern Pendelpauschale. Damit wird das Pendeln mit dem Auto stärker gefördert als mit dem Öffentlichen Verkehr. Darüber hinaus profitieren Besserverdienende viel stärker von der Pendelpauschale als Menschen mit niedrigem Einkommen.“
Auch eine grundlegende Reform der Firmenwagen-Besteuerung sei dringend notwendig, so der VCÖ. „Derzeit wird die private Nutzung von Firmenwagen steuerlich begünstigt. Bieten Unternehmen Firmenwagen als Lohnbestandteil an, sparen sie Steuern, da die Anschaffungskosten als Betriebsausgabe abgesetzt werden können und gleichzeitig niedrigere Lohnnebenkosten anfallen.“ Der VCÖ fordert stattdessen die Beseitigung von bürokratischen Hürden beim Öffi-Jobticket und die Förderung von Jobrädern.