Kraftanstrengung Klimaschutz

Klimaschutz
14.12.2016

 
Bei der 22. UN-Klimakonferenz in Marrakesch wurde ein Fahrplan für die Umsetzung des Klimavertrages von Paris erstellt. Es bleibt viel zu tun – auch in Österreich.
Umweltminister Andrä Rupprechter ist überzeugt, dass Klimaschutz hilft, unser Leben und das unserer Kinder und Kindeskinder lebenswert zu erhalten.
Umweltminister Andrä Rupprechter ist überzeugt, dass Klimaschutz hilft, unser Leben und das unserer Kinder und Kindeskinder lebenswert zu erhalten.

Text: Susanne Wolf

Vor wenigen Wochen fand in Marrakesch, Marokko die 22. Klimakonferenz (COP22) statt. Nach dem historischen Klimaabkommen von Paris ging es darum, einen Fahrplan für die beschlossenen Ziele zu erstellen. In Paris hatten sich die teilnehmenden Staaten darauf geeinigt, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau zu senken, wenn möglich auf 1,5°C. Dieses 1,5 Grad-Ziel zieht sich wie ein roter Faden durch die COP22: Bei der Veranstaltung „100 % Renewable Energy for  1,5°C“ etwa, bei der eine junge Frau ein berührendes Gedicht vorträgt: Kathy Jetnil-Kijiner lebt auf den Marshall Islands, die vom Klimawandel besonders bedroht sind. „Bei 2 Grad Klimaerwärmung liegt meine Heimat bereits unter Wasser“, sagt die junge Mutter, die das Gedicht ihrer sieben Monate alten Tochter gewidmet hat. Die Marshall Islands sind auch Mitglied des Climate Vulnerable Forums, einer Vereinigung von Staaten, denen der Klimawandel überdurchschnittlich zusetzt – darunter die ärmsten Länder der Welt. Gerade diese Staaten haben mit ihrer Verpflichtung, so schnell wie möglich auf 100% erneuerbare Energien umzusteigen, ein Zeichen gesetzt: Bis spätestens 2020 wollen sie ihre nationalen Klimaziele auf das 1,5 Grad-Ziel hin ausrichten. Österreichs Ziele sind nicht ganz so ambitioniert: „In punkto Treibhausgasemissionen soll es bis 2020 eine Verringerung um 16 % gegenüber 2005 geben“, sagt Umweltminister Andrä Rupprechter. „Der Anteil Erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch soll bis 2020 mindestens 34% betragen.“ Ein vollständiger Ausstieg aus fossilen Energieträgern sei bis zur Mitte dieses Jahrhunderts geplant. Laut "Energiezukunft Österreich", einem Konzept von Greenpeace, Global2000 und WWF, muss Österreich bis 2050 vollständig auf Erneuerbare Energien umsteigen, seinen Endenergieverbrauch um 50 Prozent halbieren und die Treibhausgasemissionen um 90 Prozent verringern.

Österreich muss aktiv werden

Deutlich wurde während der Konferenz auch, dass zwischen der Erreichung der Pariser Klimaziele und den Klimaschutzplänen der Staaten eine Lücke von 15 bis 17 Mrd. Tonnen CO2 besteht, die jährlich zu viel ausgestoßen werden. Das hat das UN-Umweltprogramm berechnet. „Das Ziel aller Teilnehmerstaaten muss nun sein, die aktuellen Klimaschutzpläne anzupassen“, sagt Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace Österreich in Marrakesch. „Nach dem jetzigen Stand könnte die globale Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts auf bis zu 3,4 Grad ansteigen.“ Der kürzlich veröffentlichte Emissions Gap Report zeigt, dass die weltweit angepeilten Emissionen für 2030 um weitere 25 Prozent gesenkt werden müssen. Auch Österreich ist hier gefragt: Zwar hat Ex-Bundeskanzler Werner Faymann bei der Klimakonferenz 2015 in Paris zugesagt, bis 2030 zu 100 Prozent auf erneuerbaren Strom umzusteigen, doch ist Österreichs CO2-Ausstoß weiterhin viel zu hoch. „Die Treibhausgase sind seit 1990 kaum gesunken“, sagt Pawloff und schlägt eine ökologische Steuerreform für Österreich vor – eine Reform, die auch von den Grünen schon lange gefordert wird. Dazu kommt, dass laut WIFO Österreich pro Jahr vier Milliarden Euro Subventionen für fossile Brennstoffe zahlt. Auf der Klimakonferenz in Marrakesch wurde Österreich der wenig schmeichelhafte Negativpreis „Fossil of the day“ zuteil. Beim kürzlich neu errechneten Climate Index der NGO German Watch liegt unser Land weltweit auf Platz 41, innerhalb der EU auf dem vorletzten Platz.

Wirtschaft für Klimaschutz

„Klimaschutz muss endlich auch auf bundespolitischer Ebene ein Thema werden, es kann nicht sein, dass alleine das Umweltministerium dafür zuständig ist“, ist Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb überzeugt. Österreich habe „nichts getan, um geforderte CO2-Ziele zu erreichen“, die Wirtschaftsinteressen des Landes seien zu kurzfristig gedacht. „Bei der Steuerreform war das Klima kein Thema“, kritisiert Kromp-Kolb. Die Klimaexpertin schlägt eine Koordinierungsstelle im Bundeskanzleramt für das Thema Klimaschutz vor. „Wir erarbeiten gerade eine integrierte Energie- und Klimastrategie gemeinsam mit dem Wirtschafts-, Sozial – und dem Verkehrsministerium“, kontert Umweltminister Rupprechter. „Dabei geht es nicht nur um die politischen Weichenstellungen, sondern auch um die breite Einbindung aller Stakeholder.“

Dass sich mit Umwelt- und Klimaschutz Geld verdienen lässt, ist in den Köpfen der Unternehmer angekommen. „Der Umstieg auf erneuerbare Energie ist auch für die Wirtschaft wichtig, schafft Arbeitsplätze und stärkt den Export“, bestätigt Rupprechter in Marrakesch. Im Rahmen von Advantage Austria stellten 24 österreichische Anbieter aus dem Bereich Umwelttechnik ihre Produkte und Services auf der COP22 vor. Der Schwerpunkt lag bei Energieeffizienz, Abfallmanagement, nachhaltiger Konstruktion und erneuerbaren Energiequellen. „Es ist eine Chance für heimische Unternehmen, dass die Klimaziele nur mit der Wirtschaft erreicht werden können“, betont Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaftsorganisation der WKO.

Vereinte Anstrengungen

Überschattet war die Klimakonferenz von der Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten. Trump gilt als Klimaleugner, der während seines Wahlkampfes damit drohte, aus dem Klimavertrag auszusteigen – was sich allerdings rechtlich als schwierig gestalten dürfte. „Die Dinge werden etwas anders aussehen, sobald Trump tatsächlich im Amt ist“, sagte Noch-Außenminister John Kerry bei einer Rede in Marrakesch. Immerhin hat China, das im vergangenen Jahr gemeinsam mit den USA eine Führungsrolle im Klimaschutz übernommen hatte, versichert, auch nach Donald Trumps Wahl diesen Weg weiterzugehen. Und sämtliche bei der Konferenz anwesenden NGOs verkündeten unisono, dass Trumps Erfolg nichts an ihrem Einsatz für den Klimaschutz ändern würden.„Wir brauchen ein Umdenken in der Gesellschaft“, ist auch Rupprechter überzeugt. „Klimaschutz ist keine Bürde, sondern hilft uns, unser Leben und das unserer Kinder und Kindeskinder lebenswert zu erhalten.“

www.cop22-morocco.com