Wo investieren?

Geldanlage
17.02.2023

Rentabel, sicher und flexibel: So sehen die klassischen Anforderungen zum Thema Geldanlage aus. Doch die Finanzmärkte sind kein Wunschkonzert. Wo können Investoren 2023 mit Renditen rechnen und wo lauern höhere Risiken? Wir haben bei Anlage-Experten nachgefragt.
Bulle und Bär - Geldanlage 2023

Schwieriges Umfeld, Chancen bei Gesundheit und Qualitätsaktien

Markus Kaller, Wertpapierexperte Erste Group
Markus Kaller, Wertpapierexperte Erste Group
Markus Kaller,
Wertpapierexperte Erste Group

Umfeld
Wer sich auch 2023 mit Themen der Veranlagung beschäftigt, wird feststellen, dass der Jahreswechsel zwar im Kalender stattgefunden hat, die Herausforderungen der letzten Monate aber gleich geblieben sind. Der Ukraine­krieg, globale Spannungen, hohe Energiekosten und die galoppierende Inflation sind unverändert. Das wird vermutlich dazu führen, dass sich das Wachstum der globalen Konjunktur insgesamt abschwächen wird. Diese Aussichten werden aus jetziger Sicht durch weitere – teils deutliche – Zinsschritte der Europäischen Zentralbank (EZB) und der amerikanischen FED begleitet.

Streuung
Diese Gemengelage hat einen mehr oder weniger großen Einfluss auf die unterschiedlichen Anlageklassen. In den Jahren vor dem Ausbruch des Ukrainekrieges waren Aktien sehr beliebt; insbesondere Technologie-Aktien konnten große Kursgewinne erzielen. Auch wenn es in den letzten zwölf Monaten teilweise deutliche Korrekturen gab, sind Aktien nach wie vor interessant. Allerdings präferieren wir aktuell defensive Sektoren wie Gesundheit oder nichtzyklischen Konsum (z. B. Erzeuger von Lebensmitteln oder anderen Konsumgütern des täglichen Lebens). Auch Qualitätsaktien mit hoher Dividendenrendite schätzen wir attraktiv ein.

Risiken
Nach den Zinsanstiegen der letzten Monate bieten Anleihen mittlerweile auch wieder attraktivere Renditen. Allerdings bergen die noch anstehenden Zinserhöhungen ein gewisses Risiko. So gesehen sind kurz laufende Staatsanleihen etwas attraktiver als länger laufende Anleihen. Sobald die weitere Entwicklung der Zinsanhebungen klarer wird, können auch längere Laufzeiten wieder interessant werden. Im Bereich der Unternehmensanleihen scheinen aktuell Hochzinsanleihen der besten Rating-Kategorie ein ausgewogenes Chance-Risiko-Profil aufzuweisen. Schließlich lohnt noch ein Blick auf Gold als Beimischung in breit gestreuten Portfolios, wobei Gold zuletzt schon Kursgewinne erzielen konnte und sich gegebenenfalls ein negativer Währungseffekt durch den US-Dollar einstellen könnte.

Staats- und Unternehmensanleihen im Aufwind, Wachstumsaktien günstig zu haben

CHRISTIAN DERLER, Leiter Veranlagen und Vorsorgen, BKS Bank
Christian Derler, Leiter Veranlagen und Vorsorgen, BKS Bank
Christian Derler,
Leiter Veranlagen und Vorsorgen, BKS Bank

Umfeld
Nachdem die Zinsen im Jahr 2022 deutlich angestiegen sind, befinden sich die Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen nun auf äußerst attraktiven Niveaus und bieten je nach Bonität und Laufzeit Renditen zwischen 3 % und 6 %. Somit wird Risiko nach jahrelanger Durststrecke endlich wieder belohnt. Die Zeiten von Null- und Negativzinsen sind vorerst vorbei. Aber auch Aktien sind zum Teil so günstig wie seit Jahren nicht mehr. Insbesondere zinssensitive US-Wachstumsaktien, die im Jahr 2022 zum Teil kräftig Federn lassen mussten.

Streuung
Grundsätzlich ist es wichtiger denn je, ­seine Veranlagung möglichst breit zu streuen. Am besten geht das mit einer Vermögensverwaltung oder für Kleinanleger mit global investierenden, vermögensverwaltenden Fonds. Diese bieten eine möglichst breite Streuung und werden an den sich aus der schwachen Entwicklung im Jahr 2022 ergebenen Opportunitäten bestmöglich partizipieren können. Sehr gut performen in diesem Segment der BKS Anlagemix und die BKS Portfolio Strategie nachhaltig, die das Österreichische Umwelt­zeichen trägt.

Mögliche Erholung in Sicht, Zinsniveaus wie vor Krise unwahrscheinlich

Oliver Prinz, Leiter Investment Strategy der UniCredit Bank Austria
Oliver Prinz, Leiter Investment Strategy der UniCredit Bank Austria
Oliver Prinz,
Leiter Investment Strategy der UniCredit Bank Austria

Umfeld
Sollte sich im Verlauf des Jahres 2023 die erwartete wirtschaftliche Erholung abzeichnen, dürften auch die Aktienmärkte zulegen. Wann sich eine solche Trendwende einstellt, lässt sich allerdings angesichts der Unsicherheitsfaktoren derzeit kaum abschätzen. Während Anlagestrategien für eine volatile Seitwärtsbewegung in der ersten Jahreshälfte attraktiv erscheinen, sollten Anleger*innen sich rechtzeitig auf eine mögliche Erholung im Jahresverlauf vorbereiten.

Streuung
Geringeres globales Wachstum und potenziell negative Gewinnrevisionen wirken belastend. Mittel- bis langfristig könnten sich aufgrund der günstigeren Bewertung aber durchaus nachhaltige Kaufgelegenheiten ergeben. Aufgrund dieses derzeit ausgeglicheneren Chancen-Risiko-Verhältnisses werden Aktien in unserer Anlagestrategie weiterhin neutral gewichtet. Festverzinsliche Wertpapiere dürften in den kommenden Monaten ebenfalls eine Bodenbildung verzeichnen, vermutlich sogar leicht zulegen, insbesondere auch in den USA. Allerdings dürfte sich eine mögliche Erholung, insbesondere im Vergleich zu den Aktienmärkten, in Grenzen halten. Eine Rückkehr zu Zinsniveaus wie vor der Krise erscheint derzeit sehr unwahrscheinlich und ist auch nicht wünschenswert. Angesichts wieder wettbewerbsfähiger Renditen und unter der Annahme, dass die Inflation in den USA bald ihren Höhepunkt erreichen wird, stufen wir Anleihen global von „untergewichten“ auf „neutral“ hoch, da die Geldpolitik der großen westlichen Zentralbanken allmählich weniger aggressiv zu werden scheint.

Konjunkturerholung ab Jahresmitte, Chancen bei Technologieaktien und Staatsanleihen

Kurt Schappelwein, Leiter Multi Assets, Raiffeisen KAG
Kurt Schappelwein, Leiter Multi Assets, Raiffeisen KAG
Kurt Schappelwein,
Leiter Multi Assets, Raiffeisen KAG

Umfeld
Das Umfeld für die Aktienmärkte dürfte sich im Verlauf von 2023 verbessern. In den ersten Monaten des Jahres könnten noch weitere Zinsanhebungen, schwache Konjunkturdaten und Enttäuschungen im Bereich der Unternehmensgewinne die Kurse belasten. Im weiteren Jahresverlauf wird ein Rückgang der Inflation für das Auslaufen der Zinsanhebungen durch die Notenbanken sorgen. In der zweiten Jahreshälfte ist auch mit einer beginnenden Konjunkturerholung zu rechnen. Somit könnten Marktschwankungen in den ersten Monaten des Jahres zum Zukauf genützt werden, um von der erwarteten positiven Entwicklung im weiteren Jahresverlauf zu profitieren. Dabei sollten nicht zuletzt auch Wachstumswerte wie zum Beispiel Technologieaktien in Betracht gezogen werden. Diese sind im Jahr 2022 über die Maßen unter die Räder gekommen und weisen jetzt wieder eine wesentlich vernünftigere Bewertung auf.

Streuung
Aufgrund der Renditeanstiege des Jahres 2022 sind viele Segmente des globalen Anleihenmarktes sehr attraktiv geworden. Dies betrifft etwa Unternehmensanleihen aus der Eurozone. Hier liegen die Renditen bei guten Emittenten im Bereich von 4 %, während High-Yield-Anleihen bei über 7 % rentieren. Aber auch Euro-Staatsanleihen weisen mit einer Rendite von rund 3 % erstmals seit vielen Jahren wieder eine attraktive Ertragsperspektive auf. International sind sowohl Staatsanleihen aus entwickelten Märkten (z. B. USA) und auch aus Schwellenmärkten einen Blick wert. Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass eine Veränderung der jeweiligen Wechselkurse die Wertentwicklung für den österreichischen Anleger beeinflussen kann. Analog gilt dies auch für internationale Unternehmensanleihen, die eine Rendite von rund 5 % aufweisen.

Risiken
Als Risikofaktor und Quelle möglicher Marktschwankungen ist einerseits weiterhin die Infla­tion zu nennen. Geht sie nicht, wie erwartet, zurück und bleibt auf hohem Niveau, wird das die Märkte früher oder später wieder belasten. Darüber hinaus können Wahlen in wichtigen Ländern für kurzfristige Erschütterungen sorgen. Schließlich birgt auch der Krieg in der Ukraine weiterhin das Poten­zial, die internationalen Finanzmärkte zu beeinflussen. Mit den Gegebenheiten dieses Marktbildes starten wir mit einer bereits angehobenen Allokation in Anleihen ins neue Jahr. Bei Aktien sind wir noch zurückhaltend, planen jedoch, die Allokation in den nächsten Monaten Schritt für Schritt zu erhöhen.