Fahren auf Sicht

Wirtschaftsstandort
11.05.2022

Der Batterieproduzent Banner agiert als Autozulieferer in einem herausfordernden Marktumfeld. Trotzdem will der Leitbetrieb zur führenden Premiummarke in den eigenen Märkten werden und hat dafür eine straffe Agenda definiert.
Wie Banner zur führenden Premiummarke werden will

Es war ein Kennenlernen, das 85 Jahre später noch nachwirkt: Der Transportunternehmer Artur Bawart traf Eugen Wehinger, der sich mit dem Bau von Batterien beschäftigte. Bawart war so fasziniert, dass er als Autodidakt begann, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Er experimentierte so lange, bis er 1937 eine produktionsreife Batterie herstellen konnte. Das war die Geburtsstunde eines österreichischen Leitbetriebs: Der oberösterreichische Automobil-Zulieferer Banner Batterien hat heute mehr als 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, exportiert in 70 Länder weltweit und weist eine Exportquote von 95 Prozent auf.
An der Spitze stehen Andreas und Thomas Bawart, die Enkel des Gründers – Andreas ist kaufmännischer, Thomas technischer Geschäftsführer. Sie übernahmen 1996 von ihren Vätern. Die aktuelle Zeit hat mit der Gründungszeit des Unternehmens mindestens zwei Dinge gemeinsam: Auch jetzt befinden wir uns in einer Krisenzeit. Und Batterien werden auch aktuell wieder stark nachgefragt. Andreas Bawart erzählt: „Die 1930er-Jahre waren nicht nur geprägt durch die Wirtschaftskrise, sondern auch durch eine Vielzahl an Erfindungen.“ Die Treiböleinfuhr in Deutschland habe sich zwischen 1925 und 1937 verzehnfacht und Dieselmotoren hätten eine immer größere Bedeutung bekommen. Auch heute, wo das Marktumfeld herausfordernd ist, macht sich der Batterie-Produzent wenige Sorgen um die Zukunft. Bawart: „Energiespeicher werden ganz generell an Bedeutung gewinnen, seien es Lithium-Ionen-Akkumulatoren oder Batterien auf Blei-Basis, das Haupttätigkeitsfeld von Banner.“

Besondere Anforderungen
E-Batterien, also Lithium-Ionen-Akkus, wird Banner nicht fertigen. Bawart begründet das damit, dass selbst die größten Hersteller die technologischen Herausforderungen nur unter enormen Schwierigkeiten meistern und zudem über eine Milliarde Euro an Investitionen nötig wäre, um in diesen Markt einzusteigen – und das sei für ein mittelständische Familienunternehmen nicht machbar und auch nicht gewollt: „Das heißt aber nicht, dass Banner in Zukunft nicht auch Lithium-Batterien in Form von Zukaufsware anwenden wird.“ Besonders im Nachrüstmarkt als Starterbatterien für Autos und Motorräder sowie als Antriebsbatterien von Staplern im Bereich Industriebatterien bestehe hier Potenzial. Vordergründig treibt Banner die Entwicklung der Start-Stopp-Batterien voran. Mit der Start-Stopp-Technologie, mit der bereits fast alle Neuwagen ausgestattet werden, schalten Fahrzeuge beim Stehenbleiben an der Ampel automatisch den Motor aus – und ein, wenn es weitergeht. Banner arbeitet daran, die Leistungsaufnahme und -abgabe dieser Batterien zu verbessern.
Banner betreibt zwei Geschäftsbereiche. Der Hauptbereich mit 90 Prozent am Gesamtumsatz ist die Business Unit Automotive mit Sitz in Linz-Leonding. Sie umfasst ein umfangreiches Portfolio mit Starter-, Bordnetz- und Freizeitbatterien und technischem Zubehör, wobei die Nachrüstung mit 65 Prozent Umsatzanteil den größten Bereich ausmacht und weiterhin wachsen wird, während die Erstausrüstung mit 25 Prozent am Umsatz eher rückläufig ist. Als zweites Standbein neben dem Automobilmarkt will Banner die zweite Business Unit Energy Solutions etablieren, die sich in Thalheim bei Wels befindet und derzeit für zehn Prozent des Gesamtumsatzes sorgt, aber stark wachsen wird – mit Fokus auf dem DACH-Raum und Frankreich. Vor allem die Produktbereiche Traktion, Semitraktion und Stand-by werden laut Bawart weiterentwickelt. Auch Ladetechnik, Zubehör und Service gehören zur Business Unit Energy Solutions.

Wachstumsmärkte Asien und Nordamerika
Vor allem dank eines Großauftrags in Nordamerika mit einem Volumen von rund 60 Millionen Euro konnte Banner „dem coronabedingt schwierigen Marktumfeld in Europa positiv entgegenwirken“. Laut Andreas Bawart sind Banner-Produkte in Nordamerika und Asien sehr gefragt. So werde Banner in den kommenden Jahren insgesamt 1,5 Millionen Batterien in die Vereinigten Staaten und Kanada liefern. Doch wie zukunftsträchtig sind Produkte für Verbrennungsmotoren in Zeiten von Klimawandel, Green Deal, E-Mobilität, CO2-Steuer und Ukraine-Krieg? Laut Andreas Bawart ist sich Banner der Herausforderungen des Marktumfeldes bewusst: „Die Ukrainekrise, Verwerfungen bei Energie, Rohstoff und Lieferketten haben zweifelsohne auch auf die Automobilindustrie ihre Auswirkungen. Das spüren wir im Marktsegment der Starterbatterien-Erstausrüstung, welches aufgrund der aktuellen Situation etwas rückläufig ist. Wir können aber unser Kontingent in den Aftermarket verschieben.“ Man könne problemlos produzieren, aber konkrete Auswirkungen seien noch nicht genau abschätzbar: „So ist es insgesamt auch für uns derzeit ein ‚Fahren auf Sicht‘.“ Zug nach vorne geben die 18 Ziele in der „Agenda 2030“. In einem Promotion-Video dazu erklärt der technische Geschäftsführer Thomas Bawart: „Was viele nicht wissen: Auch ein Elektrofahrzeug hat eine Starterbatterie in 12-Volt-Blei-Technologie zum Starten der Hauptbatterie und für Sicherheitseinrichtungen.“ Sehr gute Chancen sieht man bei Lkws, deren Starterbatterien aus Blei in absehbarer Zeit nicht ersetzbar seien, weshalb man hier massiv investiert habe.
Banner produziert nur in Österreich. Laut Andreas Bawart gab es schon konkrete Überlegungen, im Ausland produzieren zu lassen, die aber wieder verworfen wurden: „Österreich zählt zu einem der stärksten Innovations- und Forschungsstandorte in Europa.“ So habe man sich kürzlich für den Erwerb eines bestehenden Betriebsgeländes in Oberösterreich entschieden und im Juni 2021 den Produktionsstandort für die neue Business Unit Energy Solutions in Thalheim eröffnet. Die größten Herausforderungen in Österreich sind laut Bawart die Bürokratie, die hohe Steuer- und Abgabenbelastung und der Fachkräftemangel, der nicht mehr nur wenige Unternehmen betreffe, sondern in sehr vielen Bereichen angekommen sei. Daher arbeite Banner am Employer Branding, um sich als starke Arbeitgebermarke zu positionieren und junge Fachkräfte anzusprechen.
Die digitale Transformation spielt auch bei Banner eine wichtige Rolle. In Bezug auf Innovation und Technologien will Banner laut Andreas Bawart vom Produktionsstandort aus „technologieoffen mit Partnern auch außerhalb Europas kooperieren und weiter innovative Blei-Säure-Lösungen entwickeln“. Die F&E-Quote liegt bei vier Prozent des Umsatzes, was rund zehn Millionen Euro jährlich entspricht. Noch ist das Unternehmen eigentümergeführt, doch das soll sich bald ändern – dann wird man als Banner Gruppe auftreten und den Anspruch, führende Premiummarke in den eigenen Märkten zu sein, weiterverfolgen.