Smart Cities

Baustellenkommunikation von der Seestadt bis Marseille

Marketing
27.11.2023

In der Kommunikation setzen Smart-City-Bauprojekte weniger auf Technologie und eher auf Lebensfreude und Natur. Woher dieser Kontrast kommt hat die Linguistin Sara Matrisciano-Mayerhofer von der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) erforscht.

Viele Städte in Europa – darunter auch Wien – haben eigene Smart-City-Strategien entwickelt. "Was eine Smart City wirklich sein soll, ist nicht einheitlich definiert. Auch in der Forschung gibt es dazu lebhafte Diskussionen“, sagt Sara Matrisciano-Mayerhofer, Universitätsassistentin Postdoc am WU Institut für Romanische Sprachen und Expertin für Wirtschaftslinguistik. Sie hat analysiert, wie Städte in ihrer Kommunikation den Begriff "Smart City" verwenden, nicht nur in Strategiepapieren sondern auch auf Baustellenzäunen und -plakaten von entstehenden Smart-City-Projekten in Wien und Marseille.

Im Rahmen von Smart City Projekten ist besonderes Fingerspitzengefühl bei der Baustellenkommunikation gefragt: "Sie soll nicht nur über den Baufortschritt informieren, sondern Begeisterung für das Entstehende wecken und dazu beitragen, das dahinterstehende Projekt zur Projektionsfläche des Begehrenswerten werden zu lassen."

Strahlende Kinder und lachende Menschen – die neue Nachbarschaft stellt sich vor, vermittelt gute Laune und erzählt von viel Grün und Entspannung im neuen smarten Viertel. So sahen die Baustellenzäune aus, die ein Bauprojekt in der Wiener Seestadt schmückten. Auf ähnliche Bilder setzte auch Marseille: Die Plakate zum entstehenden Écoquartier Smartseille zeigen eine glückliche Familie beim Frühstück in einer Wohnung mit Meerblick. Auf einem anderen Plakat ist eine Stadt voller Bäume zu sehen, zwischen denen entspannte Menschen zu Fuß und auf dem Fahrrad unterwegs sind.

Was auf den Baustellenplakaten und -zäunen hingegen in den Hintergrund rückt, sind Bezüge zu intelligenten Kommunikations- und Informationstechnologien, die eigentlich charakteristisch für eine Smart City sind. Sie lassen die faktischen oder fiktiven Bewohner*innen selbst zu Wort kommen: die Smart City als lebendige Stadt mit Geschichten, Namen und Gesichtern.

Wenn Vernetzung mehr als nur ein Kabel ist

Durch diese Art der Kommunikation soll die Akzeptanz von Smart-City-Bauprojekten in der Bevölkerung erhöht werden. So wird der Begriff "Smart City"  nach und nach mit neuen Inhalten gefüllt und steht nicht mehr nur für digitale Technologie, sondern auch für eine Stadt, die den Menschen und deren Wohlbefinden dient: "Der Begriff Smart City wird auch dadurch geprägt, wie die Städte und die Menschen, die darin wohnen, ihn verwenden. Dann kann er genauso für Lebensqualität, Bäume und Radwege stehen wie für Technik und Sensoren," sagt Sara Matrisciano-Mayerhofer und fügt hinzu: "Ich jedenfalls möchte in einer Stadt leben, in der ‚smart‘ mehr bedeutet, als nur ‚intelligent vernetzt‘."

Sara Matrisciano-Mayerhofer ist Universitätsassistentin Postdoc am Institut für Romanische Sprachen der WU. Derzeit leitet sie das vom Jubiläumsfonds der Stadt Wien geförderte Drittmittelprojekt "SmartSpeaking City – alles nur bla bla? Eine Analyse der sprachlich-semiotischen Konstruktion von 'smartness' in der Stadt und im Stadtmarketing aus crossnationaler Perspektive." Detaillierte Ergebnisse ihrer Studie "Kommunikative Praktiken des Baustellenmarketings smarter Städte in Frankreich und Österreich zwischen De-Semantisierung und Re-Semiotisierung." finden Sie hier.

(ps)