Web3

Acht Geschäftsmodelle für die virtuelle Welt

Virtual Reality
05.10.2023

 
Digitale Business-Modelle ­waren gestern. In der virtuellen Welt, ­oftmals auch als Web3 bezeichnet, eröffnen sich für die digitale Wertschöpfung dank Blockchain-Technologie völlig neue Geschäftschancen.
digitale welt im metaverse

 Bis vor wenigen Jahren ging es in der Online-Kommerzialisierung recht traditionell zu: Das Internet wurde von Unternehmen und Selbstständigen genutzt, um Online-Services und -Dienstleistungen anzupreisen oder in Online-Shops Produkte zu verkaufen. Inzwischen ist eine neue Dimension des Internets geschaffen worden, die auch die Geschäftschancen für Unternehmen massiv erweitert.

Die nächste Generation des Internets

„Internationale Konzerne nutzen als Erste die neuen Business-Modelle des Web3“, sagt Digitalexperte Martin Giesswein. Web3 eröffne aber nicht nur Nike, Sony, Microsoft oder der FIFA ungeahnte Chancen, Geld zu verdienen. „Grundsätzlich steht das Web3 allen Unternehmen offen – für die einen macht es mehr Sinn, für die anderen weniger. Kein Unternehmen kann es sich allerdings mehr leisten, sich nicht mit dem Thema ausführlich zu beschäftigen“, so Konrad Holleis, Head of Executive Education der WU Executive Academy.

Web3 ist nicht gleich Metaverse

In den letzten Jahren wurde mit dem Web3 eine dezentrale Version des heutigen Internets geschaffen – mit gigantischen virtuellen Welten (Metaverses), die ein intensiveres Erlebnis erlauben als ein Bildschirm. Der Begriff Web3 ist dabei Sammelbegriff für eine smarte, digitale Parallelwelt und ihre Techniken. Eine wesentliche Rolle spielt die Blockchain-Technologie. Als Teil des Web3-Sammelbegriffs können die Metaverses gesehen werden. Diese Virtual Realities eröffnen eine eigene Welt, in der die User als Avatare leben und Dienstleistungen, Konsumgüter und Erlebnisse konsumieren können. Mit all diesen technologischen Möglichkeiten bietet das Web3 – abseits der „traditionellen“ digitalen Businessmodelle – eine Vielzahl an Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmen, um ihre Produkte und Kundenansprache in die virtuelle und Krypto-Welt zu verlagern und Wertschöpfung zu generieren. Hier sind die acht besten Geschäftsmodelle für das neue Internet:

1: Collect

Die Sammelleidenschaft findet im Web3 ihren digitalen Ausdruck, insbesondere beim Erstehen und Handeln mit einzigartigen digitalen Gütern (NFTs oder Non-fungible Tokens). „Man besitzt beispielsweise einen wertvollen Sportwagen oder ein wertvolles Kunstwerk in der physischen Welt und parallel dazu das digitale Abbild als NFT“, sagt Martin Giesswein. Dieses NFT dient dann einerseits zum Eigentumsnachweis und andererseits als Schaustück im Metaverse. So hat man ein digitales Unikat, das man auch verkaufen und damit Erträge erwirtschaften kann.

2: Trade

Auch gut bekannt sind das Handeln und Spekulieren mit diesen digitalen Gütern. Besonders ist dieses Trade-Modell im Web3, weil es keine Zwischenhändler mehr braucht und die „automatische Verbücherung“ des Rechtsaktes auf der Blockchain ermöglicht. Die Transaktion ist für alle Teilnehmer ersichtlich. Als ein interessantes Beispiel erläutert Konrad Holleis das Unternehmen Cryptowine: „Auf der Plattform trade & drink können Qualitätsweine aus Österreich tokenisiert und online handelbar gemacht werden. Sie können ersteigert oder gekauft werden und werden weiterhin dezentral physisch im Burgenland gelagert. Erreichen sie die Trinkreife, kann man eine Lieferung auslösen“, so Holleis. Bis es so weit ist, lässt sich mit den Weinen Geld verdienen: So können die Besitzer der ersteigerten oder gekauften Wein-NFTs handeln, dadurch Wertsteigerungen lukrieren oder sie einer anderen Person übertragen.

3: Merch

Vermarktung ist alles – das gilt auch im Web3. Markenartikler wollen ihre Produkte digitalisieren und so in den Metaverses auch Umsatz machen. „Wer einen bestimmen Sportschuh von Nike in der realen Welt kauft, bekommt auch eine digitale Version für den eigenen Avatar im Web3-Spiel „Roblox“ (real-to-virtual). Andersherum (virtual-to-real) sicherte sich McDonald’s vor kurzem Patente, die das Bestellen eines Burgers im Metaverse und eine reale Lieferung an die Haustür für die nahe Zukunft erwarten lassen. Dieses Modell macht sich der WienTourismus zunutze, der probeweise in Kooperation mit dem Freud Museum eine Interaktion mit potenziellen internationalen Touristen gestartet hat: Mit der Aktion „Get me out, Freud!“ wurde ein Avatar von Sigmund Freud ins Metaverse geschickt, „wo er zu einer Pause von der virtuellen Welt anregt“, sagt Martin Giesswein. Wer mit dem Freud der Neuzeit am Hauptplatz des Metaverse Decentraland ins Gespräch trat, hatte die Chance, eine Reise nach Wien zu gewinnen.

4: Dress/Skin

Durch die virtuelle Metaverse- und Computerspiele-Welt bewegt man sich bekanntlich mit Avataren, also unseren digitalen Zwillingen. Diese müssen aber nicht so aussehen wie wir. Gegen Zahlung erhält man ein anderes Gesamtaussehen (Skin) oder einfach eine andere Frisur oder Kleidung. „In der App Snap kann man sich darüber hinaus vom österreichischen Start-up Jevels digitalen Schmuck kaufen“, sagt Holleis.

5: Land

Auch Grundstücke und Häuser kann man im Web3 kaufen – auf dem Gelände der Online-Welten in den Metaverses. Im Vorjahr wurden mittels dieser virtuellen Immobilien 500 Millionen Euro Umsatz gemacht. Im Jahr 2022 könnte der Umsatz bei Metaverse-Immobilien die 1-Milliarde-Euro-Grenze sprengen. Die virtuellen Grundstücksparzellen werden als NFTs ausgegeben und sind natürlich handelbar. Um den Wert zu steigern, ist das Angebot künstlich verknappt. Decentraland etwa hat sein Land mit 90.000 Grundstücken limitiert.

6: Mine

Um eine Transaktion auf die Blockchain zu „schreiben“, werden sogenannte Miners eingesetzt, das sind Personen oder Firmen, die gegen eine „Gas-Fee“ (in Kryptowährung bezahlt) diese Schreibarbeit erledigen. Die Gas-Fees sind je Blockchain und Transaktionsfrequenz unterschiedlich hoch. Mit Crypto-Mining, also dem Schürfen bzw. Herstellen von Crypto-Tokens, konnte in der Vergangenheit viel Geld gemacht werden. Der Miner oder Schürfer bestätigt die Transaktionen und fügt der Blockchain so weitere Blöcke hinzu.

7: Staking

Es gibt verschiedene Blockchains und viele verwenden nicht (mehr) den Konsens-Algorithmus mit der Methode „Proof of Work“ der Miners, wie im Geschäftsmodell 6 beschrieben. Sie bedienen sich des „Proof of Stake“, also eines Konsenses der Token-Inhaber der jeweiligen Blockchain, um sicherzustellen, dass die Transaktionen richtig geschrieben werden. „Wer seine Tokens dafür einsetzt, wird für diese Kapitalarbeit entlohnt. Dieses Staking ist mit dem Zinsgeschäft in der heutigen Diktion verwandt“, sagt Martin Giesswein.

8: Work/Farm/Create

Auch mit Computerspielen lässt sich viel Geld verdienen: „Die Metaverse-Betreiber bauen in sich geschlossene Ökonomien und schütten auch Tokens oder Boni an die Spieler aus“, sagt Konrad Holleis. Ein Beispiel dafür liefert die Spielplattform Roblox: „Man kann Essen in einem digitalen Restaurant zubereiten und sie an andere Avatare ausliefern. Dafür erhält man Spielgeld, mit dem man wiederum Zubehör oder Skins kaufen kann“, so Giesswein. Das Web3-Spiel „Axies Infinity“ geht einen Schritt weiter: Man kann digitale Tiere aufziehen, sich à la Tamagotchi um sie kümmern und zum so gestiegenen Wert verkaufen. Die Einnahmen können danach in echtes Geld umgewandelt werden.

Die Spezialisten

Konrad Holleis, Head of Executive Education der WU Executive Academy, und der Digitalisierungsexperte Martin Giesswein stellen die acht erfolgreichsten digitalen Geschäftsmodelle im Web3 vor und erklären, warum es für Unternehmen wirtschaftlich fahrlässig wäre, sich nicht mit dem Thema zu beschäftigen.