Kunden kennen, weniger nerven

Online Marketing
07.03.2023

 
Um mit Angeboten online durchzudringen, muss deren Bewerbung punktgenau erfolgen. Warum Unternehmen ihre potenzielle Kunden dafür immer besser kennen müssen, erklärt der Onlinemarketing-Experte Hannes Kirchbaumer.
Hannes Kirchbaumer

Als Konsument begegnen einem im Netz laufend Angebote, die vorangegangene Suchen widerspiegeln. Wie funktioniert diese Art der personalisierten Werbung?

Wenn wir uns online auf Google, aber auch auf Plattformen wie Facebook und Instagram bewegen, wird unser Verhalten getrackt. Auf Basis dessen, was wir uns ansehen, welche Seiten wir ansteuern und wonach wir suchen, werden wir Interessenszielgruppen zugeordnet. Diese werden dann genutzt, um uns personalisierte Werbung auszuspielen. Das fällt uns natürlich auf. Dazu kommen dann noch die Interaktionen, die direkt von Unternehmen angesteuert werden.

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Denken wir einfach an einen Onlineshop. Vielleicht legt jemand ein Produkt in den Warenkorb, schließt den Kauf aber nicht ab. Auf Basis solcher Informationen können Unternehmen gezielt nachstoßen und Kunden digital kontaktieren und das Angebot noch einmal in Erinnerung rufen und präsentieren. Die Zukunft ist, dass die Bewerbung von Produkten und Dienstleistungen immer personalisierter erfolgen wird. Das ergibt absolut Sinn. Unternehmen werden beispielsweise nicht mehr einen Newsletter machen, der an alle Kunden geht. Vielmehr wird jeder einzelne Kunde einen individuellen Newsletter mit Inhalten bekommen, die ihn wirklich interessieren.

Wie können Unternehmen die Informationen dafür gewinnen?

Dafür benötigen sie eine gut gewartete Datenbank, die ständig erweitert wird. Unternehmen müssen möglichst viele Informationen über ihre Zielgruppe sammeln. Wesentlich sind neben Fakten, wie Namen und Adressen, auch die Interessen und über welche Kanäle sie informiert werden möchten. Im e-commerce kann man bereits den perfekten Wiederkaufszeitpunkt für viele Verbrauchsartikel berechnen. Wenn Kunden ein Produkt wie Kontaktlinsenflüssigkeit oder Pellets bestellen, können Unternehmen antizipieren, wann ihre Kundschaft sie aufgebraucht hat und ihnen zeitgerecht ein entsprechendes Angebot machen. Der Zeitpunkt ist also eine wesentliche Komponente, um gezielt Informationen zu streuen. Das Ziel ist immer, die Menschen mit den Angeboten nicht zu nerven, sondern sie mit dem richtigen Angebot zur richtigen Zeit zu versorgen.

Ist dafür zwingend eine eigene Datenbank nötig, oder bieten auch Firmen wie Google diese Möglichkeiten an?

Für Unternehmen ist es ganz wichtig, möglichst viele Daten selbst zu sammeln. Vor allem, weil Google über das Tool Google Analytics aufgrund datenrechtlicher Regulierungen diese Möglichkeiten nicht mehr so stark bieten darf. Die Umstellung auf die neue Version von Google Analytics im Sommer 2023 bietet aber die Möglichkeit, mehr Daten exklusiv im Unternehmen zu speichern. Der Grund für diese Entwicklung liegt im Wunsch nach mehr Transparenz. Die Konsumenten wollen immer öfter wissen, welches Unternehmen Daten von ihnen speichert und sie können dazu über die allgegenwärtigen Cookie-Banner ihre Zustimmung geben, oder sie ihnen versagen. Die strengen Regeln sind allerdings kein Hemmnis, sondern eine gute Ausgangslage. Wenn man die Zustimmung hat, kann man sie auch nutzen. Damit müssen Unternehmen zwar auf die rund 20% der User verzichten, die das nicht wollen, doch den Rest können sie bespielen.

Wie wirkt sich die Zustimmung auf die Performance der werblichen Maßnahmen aus?

Der Rücklauf ist wesentlich höher. Deswegen tun Unternehmen auch so gut daran, sich mit dem Thema zu befassen. Allerdings müssen sie dafür ihre Systeme wirklich sauber verknüpfen. Die Nutzer-Daten müssen in ein führendes System einfließen und gut synchronisiert werden. Wenn sich jemand abmeldet, darf er auch nichts mehr bekommen. Wenn aber jemand Interaktionen setzt, muss er die passenden Infos erhalten. Es geht insgesamt um einen Lernprozess. Unternehmen haben die Chance, ihre eigenen Kunden besser kennenzulernen, Angebote abzutesten und zu erfahren, was gut ankommt. Wenn das konsequent gemacht wird, ergibt sich eine riesen Konvertierungschance.

Welche Softwaresysteme benötigen Unternehmen dafür?

Eine wesentliche Rolle spielen immer CRM- und Kundenverwaltungssysteme. Wichtig ist, dass es eine führende Datenbank gibt, die mit allen anderen verbunden ist. Auch der Onlineshop sowie eine Software für Marketing Automation oder den Newsletterversand sollte integriert werden – so sie vorhanden ist.  

Ein typischer Fehler, den Unternehmen vermeiden sollten?

Unternehmen müssen zuerst ihre Hausaufgaben machen. Sie müssen die Customer Journey sowie alle Berührungspunkte der Kunden mit den Angeboten im Blick haben. Das gilt offline wie online. Viele Unternehmen haben gerade auch Angst, beim Datenschutz Fehler zu machen und machen lieber nichts, bevor sie etwas falsch machen. Das ist schade. Sie sollten sich der Thematik offensiv annehmen. Was gemacht wird, muss nicht perfekt sein, aber ein Überblick, wie Kunden online ticken, ist heute extrem wichtig.