Kaufen, wenn die Kanonen donnern

26.03.2020

Die Corona-Krise hat den Märkten heftige Kursturbulenzen beschert. Selbst der Goldpreis blieb davon nicht unberührt. Dennoch spricht für – langfristig orientierte – Investoren derzeit einiges dafür, sich gerade jetzt mit Anlagemöglichkeiten zu beschäftigen, zum Beispiel an der Wiener Börse.

Donnerstag 19. März 2020 – ein historischer Tag, zumindest in der Geschichte der Wiener Börse.  In einem offenen Brief wenden sich die Vorstände nahezu aller im Wiener Leitindex ATX notierten Unternehmen an ihre nationalen wie internationalen Aktionäre. Zentrale Botschaft der Unterzeichner: Der Hurrikan, der in den Wochen bzw. Tagen zuvor dem ATX einen Verlust von fast 50% gemessen am Start ins Jahr 2020 beschert hat, ist nicht gerechtfertigt. Wortwörtlich heißt es in dem Schreiben: „Für die meisten der Firmen waren die letzten Jahre die erfolgreichsten in ihrer Geschichte. Es wurden Rekordergebnisse erzielt. Nie zuvor in der Geschichte der Wiener Börse haben die Unternehmen mehr Gewinne an die Anleger ausgeschüttet als im Vorjahr. Die österreichischen Unternehmen bieten stabile, überdurchschnittliche Dividendenrenditen und sind bestens aufgestellt.“

Einer der Unterzeichner war Heimo Scheuch, seines Zeichens CEO der Wienerberger AG und Aufsichtsratsvorsitzender der Wiener Börse AG. Knapp zwei Wochen zuvor hat er noch das beste Ergebnis in der mittlerweile 200-jährigen Geschichte des Konzerns präsentiert. Nichtsdestotrotz hat die Wienerberger-Aktie seit der Präsentation des Ergebnisses bis zum denkwürdigen 19.03.2020 knapp 55% an Wert verloren. Sprich: Der Wert des Unternehmens hat sich in knapp zwei Wochen mehr als halbiert.

Auslöser für diesen – ja man muss es so ausdrücken – „Kurs-Tsunami“, der nicht nur Wien sondern alle Leitbörsen der Welt erfasst hat, war der Corona-Virus. Von China ausgehend breitete sich der Virus in atemberaubender Geschwindigkeit rund um den Globus aus, verunsicherte Menschen, Regierungen und nicht zuletzt auch Anleger.  Selbst hartgesottene Fondsmanager, die schon die Finanzkrise nach der Lehman-Pleite miterlebt haben meinen, dass sie einen so raschen Kursverfall noch nie gesehen haben.

Apropos Finanzkrise: Diese beziehungsweise das Übergreifen der Finanzkrise auf die restliche Wirtschaft führte den damals 43jährigen Heimo Scheuch an die Spitze der Wienerberger AG. Sein Job: Den, zu diesem Zeitpunkt auf Grund seiner vorherigen Expansionslust hoch verschuldeten Konzern (2,5 Milliarden Euro – Umsatz 1,6 Milliarden) aus der existenzgefährdenden Krise führen. Kein unbedingt leichter Job, denn in der Finanzmetropole London kursierten bereits Gerüchte, dass Wienerberger das Zeitliche segnen werde. „Es war ein Drahtseilakt, da wurde darauf gewettet wie lange es dauert, bis ich das Ganze gegen die Wand fahre. Short gehen nennt man das im Finanzjargon“, erinnert sich Heimo Scheuch im Jahrbuch der Österreichischen Wirtschaft 2020.

Die Börse gibt, die Börse nimmt

Was das Ganze mit den aktuellen Ereignissen zu tun hat? Nun, als Scheuch 2009 für den Job auserkoren wurde, war die Wienerberger-Aktie bis auf ein Allzeittief von 4,5 Euro gefallen (18.03.2009). Nicht ganz zwei Jahre später war der Kurs wieder auf mehr als 16 Euro gestiegen. „Die Börse gibt, die Börse nimmt“, heißt es – tatsächlich funktioniert das Ganze auch umgekehrt, wie die jüngste Entwicklung an der Wiener Börse zeigt. Bereits einen Tag nach der Veröffentlichung des anfangs zitierten Briefes stieg der Wiener Leitindex um rekordverdächtige 10,74%. In nur vier Handelstagen gewann der ATX, nach seinem Tief am 18. März 2020, wieder an die 25% dazu, womit die Verluste der Corona-Krise wieder etwas „eingegrenzt wurden“, wie es so schön im Börsianer-Jargon heißt.

Aktien zu Schnäppchenpreisen

Trotz dieses Anstieges sind die Aktien an der Wiener Börse derzeit vergleichsweise günstig zu haben, wie ein Blick nach Deutschland zeigt. Der ATX hat aktuell ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7,48, sein Pendant der Leitindex der deutschen Börse (DAX) eines von 16,78. Die Dividendenrendite wiederum liegt im ATX bei 5,69 % im DAX bei 4,18%. Einzelne Wiener Aktien, wie etwa die Österreichische Post, seit Jahren ein verlässlicher Dividendenzahler, bringen es aktuell sogar auf eine Dividendenrendite von 6,7%. Vorausgesetzt natürlich, dass der bereits gemachte Vorschlag für eine Dividendenzahlung von 2,08 Euro nicht durch die Corona-Krise gefährdet ist.

Aus Anlegersicht sind Aktien – speziell österreichische – derzeit sicher ein Schnäppchenangebot, allerdings muss man Mut und Ausdauer haben. Denn noch weiß niemand wie lange die Corona-Krise dauert und welche wirtschaftlichen Verwerfungen sie den Finanzmärkten und vor allem den Unternehmen noch beschert.

Die Corona Krise schlägt sich aber nicht nur im Aktienmarkt nieder. Auch im Markt für Staatsanleihen zeigen sich markante Bewegungen. Lag die Rendite zehnjähriger österreichischer Staatsanleihen am 9. März des Jahres noch bei minus 0,48%, so schoss sie binnen weniger Tage auf plus 0,27%. Auch das ein historisches Ereignis, denn seit Jahren kennen die Renditen von Staatsanleihen nur eine Richtung: Abwärts. Das hat dazu geführt, dass einige Staaten – speziell in der EU, aber auch die Schweiz – Geld zu Negativzinsen aufnehmen konnten.

Wo investieren?

Aktien, Anleihen oder doch lieber Gold? Selbst die „Krisenwährung par excellence“, wie Gold immer wieder genannt wird, hat im heurigen Jahr eine Berg-Tal und wieder Bergfahrt erlebt, die in dieser Form einmalig ist. Preisschwankungen von unter oder knapp über einem Prozent gehören bei der Goldpreisentwicklung (in USD) zum Alltag. Doch seit der Zuspitzung der Corona-Krise lassen sich beim Goldpreis tägliche Bewegungen von zwei, drei oder gar vier Prozent beobachten. So stieg der Goldpreis in Dollar am 23. bzw. 24. März um jeweils mehr als vier Prozent, nachdem er von seinem Höchststand bei 1674 Dollar je Unze (24. Februar) binnen zwei Wochen mehr als 12% verloren hat. Die heftigen Schwankungen beim Goldpreis haben zwischenzeitig sogar die Österreichische Gold- und Silber-Scheideanstalt (Ögussa) – Österreichs Marktführer in der Edelmetallverarbeitung sowie im Recycling – dazu veranlasst auf ihrem Internetportal zu verlautbaren, dass die dort einzusehenden Preise für den An- und Verkauf von Gold derzeit (25.03.2020) nur als Richtpreise zu verstehen sind. Wortwörtlich heißt es: „In der aktuellen Situation unterliegen alle Edelmetallnotierungen kurzfristigst so starken Schwankungen, dass die Ögussa An- und Verkaufskurse ausnahmsweise nur als unverbindliche Richtpreise für kleinere Mengen anzusehen sind. Ab Transaktionen von mehr als einem Kilogramm setzen Sie sich bitte telefonisch kurz mit uns in Verbindung, damit wir überprüfen können, ob wir den Kurs für die konkret abzuschließende Transaktion bestätigen können.“ Auch dies eine wohl einmalige Situation.

Anlegen in Krisenzeiten ist kein leichtes Unterfangen. Börsianer haben dafür einen markigen Spruch parat: „Kaufen, wenn die Kanonen donnern…“, oder wie es neuerdings heißt antizyklisches Investieren. Soll heißen, dass man versucht gegen die Masse zu schwimmen und bei schlechter Konjunktur- oder Marktstimmung zu investieren, weil sich die Märkte ja irgendwann wieder erholen. Tatsächlich sprechen vergangene Ereignisse wie die Finanzkrise dafür, dass dies wirklich geschieht. Angesichts der Corona-Krise kann allerdings niemand sagen wann dies geschieht.

Österreichs Aktien bieten derzeit sicher gute Möglichkeiten für langfristig orientierte Anleger. Egal, ob man auf einzelne Dividendentitel setzt, oder einen Fonds erwirbt, der die interessantesten Aktien an der Wiener Börse auswählt, wie z.B. der 3 Banken Österreich Fonds. Heuer hat der Fonds – wie der gesamte Markt – deutlich eingebüßt, seit seiner Auflage 2002 hat er aber einen Ertrag von 7,77% pro Jahr vorzuweisen. Gold – in seiner physischen Form (Münzen oder Barren) – wiederum bleibt das, was es seit eh und je ist: Eine Absicherung für Krisenzeiten, wenngleich es aktuell nicht gerade günstig ist.

Aber auch für das Anlegen in Krisenzeiten gilt prinzipiell: Man sollte niemals alles auf ein Karte setzen. Und ganz wichtig: Wer sukzessive kauft, profitiert a la longue vom Durchschnittspreis-Effekt, im neudeutschen Slang „Cost Average-Effekt“. Das gilt auch für Gold. Nicht zuletzt deshalb bietet die Münze Österreich einen Goldsparplan an.

Text: Harald Fercher

 

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