Jetzt die Weichen für Großaufträge nach der Krise stellen

Verkauf
14.05.2020

 
In Krisenzeiten, die Marktumbruchzeiten sind, überdenken Unternehmen ihre bisherigen Strategien. Also sind die Zeiten aktuell ideal, um mit Neu-Kunden ins Gespräch über neue Problemlösungen zu kommen, um mittelfristig Großaufträge an Land zu ziehen – sofern die Vertriebsorganisation überzeugt ist: „Yes, we can sell.“

„Aktuell kann man keine Großaufträge an Land ziehen – außer es handelt sich um staatlich subventionierte Aufträge zur Krisenbewältigung, denn zurzeit fahren alle Unternehmen auf Sicht, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht.“ Solche Aussagen hört man aktuell oft von B2B-Verkäufern.

Das stimmt! Doch bei den meisten Investitionsgütern und komplexen Dienstleistungen – wie Computer- und Produktionsanlagen sowie Wartungs- und Leasingverträgen – dauert der Verkaufsprozess auch in normalen Zeiten Monate, wenn nicht gar Jahre. Entsprechend strategisch und taktisch klug müssen solche „Deals“ stets geplant und gemanagt werden – auch weil an dem Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess, der ihnen voraus geht sowohl auf der Verkäufer-, als auch Käuferseite oft ganze Teams von Spezialisten beteiligt sind.

In Krisenzeiten überdenken Unternehmen ihre Strategien

Krisenzeiten haben für B2B-Verkäufer jedoch den Vorzug: In ihnen überdenken viele Unternehmen ihre Strategien. Das heißt, sie sind offen für neue Problemlösungen. Also besteht aktuell für Verkäufer die Chance, mit Zielkunden ins Gespräch über ganz neue Problemlösungen zu kommen, um mittelfristig große Projektaufträge an Land zu ziehen. Diese Chance sollten die Vertriebsorganisationen von Unternehmen sowie deren Mitarbeiter aktiv nutzen.

Folgende sieben Maximen sollten sie beim Einfädeln und An-Land-ziehen von Großaufträgen, die zumeist Projektgeschäfte sind, beachten.

  1. Managen Sie den Erfolg! Sie wollen vom Unternehmen x oder y mittelfristig einen Großauftrag erlangen. Also gilt es, die Investitions- und Kaufentscheidung des Zielkunden zu Ihren Gunsten zu beeinflussen. Hierfür müssen Sie zunächst wissen: Wo drückt das Unternehmen der Schuh, was sind seine mittel- und langfristigen Ziele? Wer ist an der strategischen Kaufentscheidung beteiligt? Nach welchen Kriterien wird entschieden? Und: Wann und wie wird voraussichtlich entschieden?
  2. Knüpfen Sie ein engmaschiges Beziehungsnetz. Beeinflussen können Sie eine Investitions- und Kaufentscheidung Ihres Kunden nur, indem Sie mit ihm kommunizieren. Flechten Sie also möglichst viele persönliche Drähte zwischen Ihrem BuyingCenter und dem SellingCenter des Kunden und betreiben Sie ein gezieltes Costumer-Relationship-Management.
  3. Bauen Sie Vertrauen und Sympathie auf. Die in „Big Deals“ vereinbarten Lösungen sind meist „customized“ – das heißt, sie sind beziehungsweise werden auf den individuellen Bedarf des Kunden zugeschnitten. Folglich kann der Kunde deren Qualität vor dem Erteilen des Auftrags nur bedingt prüfen. Er muss darauf vertrauen, dass Sie und Ihr Team die versprochene Lösung realisieren (können). Vermitteln Sie ihm die nötige Entscheidungssicherheit, indem Sie ihm die Chance bieten, sich mit Ihrer Organisation persönlich vertraut zu machen – nicht nur auf der Einkäufer-Verkäufer-Ebene, sondern auch auf der Techniker- und Entwickler-Ebene (zum Beispiel durch gemeinsame Veranstaltungs- und Referenzkundenbesuche, durch Zusammenarbeit in Spezifikations-Workshops, durch Prestudies und Tests – möglichst noch vor der offiziellen Anfrage oder Ausschreibung).
  4. Verkaufen Sie sich und Ihre Organisation als den besseren Partner. „Mache Deinen Kunden erfolg-reich!“ An dieser Maxime sollte sich Ihr Handeln orientieren. Hierfür müssen Sie und Ihre Kollegen zunächst den Zielkunden mit seinen Bedürfnissen kennen und verstehen. Informieren Sie sich also umfassend über ihn – zum Beispiel indem Sie mit seinen Kooperationspartnern (Kunden, Lieferanten usw.) sprechen. Und sammeln Sie in den Gesprächen mit seinem BuyingCenter möglichst viele Infos über ihn: Wer sind seine Kunden? Wie tickt sein Markt? Wen muss er mit ins Boot bekommen? Womit glaubt er künftig erfolgreicher als seine Wettbewerber zu sein? Wie können wir ihn hierbei unterstützen? Vor welchen Aufgaben und Herausforderungen steht mein Gesprächspartner? Woran misst er den Erfolg?
  5. Beeinflussen Sie die Entscheidungskriterien! Ihr Kunde sucht eine Lösung für eine „Herausforderung“. An diese stellt er vielfältige Anforderungen (T.A.S.K.©):
    • technische,
    • ablauforganisatorische,
    • sozial-menschliche und
    • kaufmännisch-wirtschaftliche.

Oft ist dem Kunden, gerade wenn es um neue Problemlösungen geht, die Vielschichtigkeit seiner Anforderungen nicht bewusst. Erkunden Sie diese trotzdem. Und machen Sie ihm diese (sofern verkaufsstrategisch sinnvoll) klar. Denn je mehr Anforderungen er stellt, umso größer ist die Klaviatur, auf der Sie spielen können, um Ihr Ziel zu erreichen.

  1. Machen Sie dem Kunden den Entscheidungshorizont bewusst. Bei Big Deals trifft der Kunde meist eine Investitionsentscheidung für viele Jahre. Er legt sich zudem langfristig auf eine Lösung und/oder einen Partner fest. Entsprechend groß können die Folgekosten und -schäden einer Fehlentscheidung sein. Machen Sie dies dem Kunden deutlich. Denn dies ermöglicht es Ihnen, die Kosten der aktuellen Investition zu relativieren. Und Sie können leichter zum Beispiel mit Ihrer Erfahrung und Ihrem Support punkten.
  2. Bauen Sie den Wunsch nach Zusammenarbeit auf. Big Deals werden von Kunden oft zwanghaft rationalisiert (mittels Spezifikationen, Lastenheften, komplexen Vertragswerken inklusive Konventionalstrafen). Auch dies zeigt ihre Entscheidungsunsicherheit. Den gewünschten rationalen Nutzen müssen Sie dem Kunden bieten – daran führt kein Weg vorbei. Doch dies können in der Regel auch Ihre schärfsten Mitbewerber. Also sollten Sie danach streben, dem Kunden aufgrund des „Mehrwerts“, den Sie ihm in der persönlichen Beziehung bieten, allmählich das Gefühl zu vermitteln: „Das ist der richtige Partner“.

Gelingt es Ihnen, dieses Empfinden im BuyingCenter zu wecken, dann werden Sie allmählich zum „Wunsch-“ oder „Ziel-Lieferanten“ und als solcher zu den Vergabeverhandlungen eingeladen. Wenn Sie bzw. Ihre Vertriebsmitarbeiter in ihnen über eine professionelle Verhandlungsstrategie und die erforderliche „Säurefestigkeit“ verfügen, dann ist Ihre Chance groß, den Auftrag zu erhalten – und zwar zu den angestrebten Konditionen.

„Yes, we can sell, if we want and try.“

Nutzen Sie diese Chance gerade in Krisenzeiten, die Marktumbruchzeiten sind. Machen Sie sich (und Ihren Mitarbeitern) immer wieder bewusst, dass in ihnen Ihre Zielkunden ihre Strategien und bisherigen Handlungsstrategien überdenken. Also sind sie auch offen für neue Problemlösungen, die sie vor drei, vier Monaten eventuell noch gar nicht in Erwägung zogen. Also bietet sich Ihnen auch die Change zu verkaufen, sofern Sie selbst überzeugt sind: „Yes, we can sell, if we want and try.“

Zum Autor: Peter Schreiber ist Inhaber des auf den Vertrieb von Investitionsgütern und Industriedienstleistungen spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Peter Schreiber & Partner.