Gastkommentar

"Digitaler Humanismus muss Leitlinie für Innovation werden"

Digitalisierung
14.11.2023

Digitalisierung nur um der Digitalisierung wegen ist der falsche Weg. Nur wenn der Mensch in den Mittelpunkt digitaler Innovation rückt, können Europa und seine Unternehmen langfristig profitieren, erklärt Georg Krause, CEO beim IT Beratungsunternehmen msg Plaut.

Digitalisierung ist die Zukunft. Digitale Technologien haben es in kürzester Zeit geschafft, explosionsartig die Grenzen des Wissens und die Grenzen des Machbaren gleichermaßen zu verschieben. Dass beispielsweise das Thema „künstliche Intelligenz“ oder kurz KI aktuell eine Aufmerksamkeit wie kein anderes erhält, kommt nicht von ungefähr. Speziell Unternehmen erhoffen sich eine nie dagewesene Effizienz.

Digitalisierung aber nur um der Digitalisierung willen und um jeden Preis ist der falsche Weg. Innovationen vorwärtstreiben, auf jeden Fall. Aber der Blick sollte weiter schweifen als auf einzelne Anwendungen. Eine zentrale Frage sollte gestellt werden: Mit digitalen Technologien wie KI kann man viele Dinge tun, aber sollte man sie auch tun?

Digitaler Humanismus als Leitlinie digitaler Innovation

Klar ist: Wo immer digitale Innovation Chancen bieten, finden sich auch Gefahren – allen voran, dass nicht wir Menschen Technologie formen, sondern Technologie den Menschen. Es muss also unser Ziel sein, Technologien nach menschlichen Werten und Bedürfnissen zu gestalten, um unser aller Leben zu verbessern. Dazu müssen wir den Menschen in den Mittelpunkt von Digitalisierung stellen. Wir brauchen einen Ansatz, der Mensch und Technologie gemeinsam denkt, Mensch-zentriert, humanistisch. Wir brauchen Digitalen Humanismus. Er muss zur Leitlinie digitaler Innovation werden.

Aber sind wir in Europa nicht sowieso schon hinten im weltweiten Digitalisierungswettlauf, wo die USA und China vorneweg sprinten? Wirft uns eine Besinnung auf menschliche Werte in der Innovation nicht noch weiter zurück?

Es stimmt: Durch das Festhalten Europas an seinen Werten, dem Schutz der Bürger und den demokratischen Grundprinzipien konnte die Geschwindigkeit, die das unternehmenszentrierte USA und das staatszentrierte China an den Tag gelegt haben, nicht mitgehalten werden. Das Ziel des Digitalisierungsrennens aber ist noch nicht in Sicht. Und ich bin überzeugt: Europäische Werte waren es, die uns in diese Lage gebracht haben – und europäische Werte werden es sein, die uns wieder nach vorne bringen. Uns, die EU, Österreich, unsere Unternehmen.

Europäisches Alleinstellungsmerkmal

Der Wille, diesen Weg auf politischer Ebene konsequent zu gehen, ist da. Die Digitale Dekade ist ausgerufen und die EU-Kommission zeigt sich entschlossen, zum globalen Vorreiter zu werden, indem es seine digitale Souveränität ausbaut und eigene Standards setzt. Wie das gehen kann, zeigen erste, vielversprechende Projekte wie Digital Identity for all Europeans oder GAIA-X. Diesen Projekten liegen die gleichen Grundprinzipien zugrunde: Selbstbestimmung über Daten, sichere Vernetzung, anonymisierter Datenaustausch und uneingeschränkter Schutz der menschlichen Grundrechte.

Entscheidend wird sein, wie wir es schaffen, nationalstaatliche Egoismen beiseitezulegen und mit geballter Kraft gemeinsam an diesem europäischen Digitalisierungsweg zu arbeiten. Schließlich geht es um nichts weniger als darum, den Status als attraktive Wirtschaftsregion für Investitionen, Start-Ups und global agierende Unternehmen zurückzuerlangen und damit Wohlstand zu schaffen. Und Digitaler Humanismus kann dabei zu einem echten Alleinstellungsmerkmal Europas in der digitalen Welt werden.

Wenn wir diesem Ansatz in den nächsten Jahren klug, gezielt und gemeinsam mit voller Kraft folgen, kann Europa nicht nur ein weltweit erstrebenswertes Digitalisierungs-Modell schaffen, das selbst Nachahmer sucht, sondern darüber hinaus seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Davon profitieren alle. Die österreichischen Unternehmen. Und nicht zuletzt der Mensch.

Der Autor

Dr. Georg Krause ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender der msg Plaut AG mit Verantwortung für das Lösungs- und Beratungsgeschäft des IT-Beraters in Österreich, CEE & CIS. Weiters ist er Lehrbeauftragter und Beiratsmitglied an der Donau Uni Krems und Vorstandsmitglied bei fit4internet. Der Absolvent der Wirtschaftsuniversität Wien hatte 1992 seine Laufbahn als Management- und IT-Berater gestartet und bald darauf die Österreich-Verantwortung in den Beratungshäusern Horváth&Partners, Steria Mummert, Deloitte Consulting und SAP Consulting übernommen, bevor er zu msg Plaut wechselte.

Georg Krause
Dr. Georg Krause ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender der msg Plaut AG mit Verantwortung für das Lösungs- und Beratungsgeschäft des IT-Beraters in Österreich, CEE & CIS.