Recruiting

Die Generation Alpha kommt

21.11.2025

Die Generation Alpha – geboren ab 2010, derzeit höchstens 15 Jahre alt und als Lehrlinge in den beruflichen Startlöchern – ist ihrer Vorgängergeneration Z ähnlich, aber extremer: noch sensibler, noch sprunghafter, noch weniger leistungsbereit. Doch man kann sie motivieren. Hier steht wie.

Seit 1997 befragt das Institut für Jugendkulturforschung junge Menschen zu ihren Werten, Einstellungen und Zielen. Die Alphas sind für Gründer Bernhard Heinzlmaier „eine weiter zugespitzte Generation Z.“ Soll heißen: Vor allen in den unteren Schichten kennen sie nur den Überlebenskampf ihrer Eltern – wie bezahlen wir die Miete, können wir das Auto behalten, kein Urlaub mehr. Das macht sie zukunftspessimistisch, „nicht hoffnungslos, aber abgeklärt“. Und es macht sie anfällig für „einfache Botschaften, von links oder rechts.“ Im Extremfall haben sich die Eltern nie besonders um ihre Kinder gekümmert und stellen sie mit 15 vor vollendete Tatsachen: Du bist alt genug, sorge für dich selbst. Wo finden diese Kids Halt? Im schlimmsten Fall nur bei ebenso orientierungslosen Gleichaltrigen, wo sich bei den Jungs rasch „Dominanzgehabe, Gangstrukturen und Streetcorner-Attitüden herausbilden.“ Die Mädchen sind „auffallend ängstlich und suchen Schutz.“

Rasenmäher- versus Rabeneltern

Der Kontrast zur Mittelschicht aufwärts könnte größer nicht sein. An die berüchtigten Helikoptereltern, die ständig über ihren Küken kreisen, hat man sich gewöhnt. Auch sie wurden extremer. Heinzlmaier nennt sie Rasenmähereltern: „Sie mähen ihren Kindern jedes Hindernis nieder.“ Gen Z und Alphas danken es mit Familienbindung so eng wie nie zuvor und der stillen Hoffnung, einst genug zu erben, um sich beruflich nicht allzu sehr anstrengen zu müssen. „Arbeitswut plagt sie nicht gerade – was uns im Vergleich zu Asien noch weiter zurückfallen lässt.“ Den Nachwuchs quält eher die Sorge um seine zarte Psyche. Mit Burnout und seelischen Störungen jeder Art kennt er sich aus. Bloß kein Stress! Darauf müssen Arbeitgeber schon beim Recruiting Rücksicht signalisieren, wenn sie überhaupt Bewerbungen bekommen wollen: „Eine Wonne-Waschtrog-Atmosphäre zeichnen mit Fitnessstudio und Betriebspsychologin.“ Um nicht missverstanden zu werden: Heinzlmaier spitzt zu und beschreibt die Extreme. Es gibt Ausnahmen – und eine Reihe Tipps für Arbeitgeber.

Infos im Stakkato

Im Oktober hielt der deutsche Autor und Jugendexperte Felix Behm am „HR Indide Summit“ in der Wiener Hofburg gleich drei vollbesetzte Keynotes zu den jungen Generationen im Arbeitsmarkt. Für uns arbeitet er heraus, wie man bei ihnen punktet. Und hält uns einen Spiegel vor: „Ich hatte kürzlich eine Diskussion mit 17-Jährigen zum Ukrainekrieg. Sie sagten mir glatt: Ich weiß nicht, ob wir über dasselbe sprechen. Du holst dir dein Wissen aus der Tagesschau. Wir sind auf TikTok, da bekommen wir alle fünf Sekunden ein neues Video eingespielt. Sie informieren sich – aber anders als wir.“ Die Infos kommen rasch, in ADHS-förderndem Stakkato und durchwegs emotionalisierend.

Recruiting: Super Klima hier

Felix Behm
Felix Behm (C)Behm

Dass viele Arbeitgeber keinen Nachwuchs finden, liegt an ihnen selbst, urteilt Behm: „Präsentiert euch so, dass man bei euch bleiben will.“ Er erzählt von einem Schädlingsbekämpfer, beileibe kein Traumjob, der ein solch „hippes Klima“ schafft, dass „man ihm die Bude niederrennt. Die schauen gemeinsam Fußball.“ Oder von einem Tischler, der auf Insta erst durch 3D-Versionen der von ihm geplanten Küchen und dann durch die Küchen selbst gehen lässt. Digitales zieht bei allen Jungen. Ein KfZ-Azubi schwärmte Behm von einer App vor, in der ein Motor zerlegt und wieder zusammengebaut wird. Wer mit 3D, VR und coolen Maschinen arbeitet, möge sie zeigen. „Heute kann jeder mit dem Handy kleine Videos drehen. Warum nicht die Lehlinge selbst ihre Firma auf Insta und TikTok präsentieren lassen?“ Natürlich mit rotem Faden und sanfter Kontrolle, aber authentischer, als es ein Babyboomer könnte. „Die Jungen wollen wissen, wie der Arbeitsplatz ausschaut, der künftige Chef, die Kollegen – nicht der Geschäftsführer, mit dem sie nichts zu tun haben.“
Klimaschutz, das Lebensthema der Fridays-for-Future-Generation, ist nicht mehr so wichtig. Früher mussten Arbeitgeber beim Interview ihre Nachhaltigkeitskonzepte präsentieren, jetzt geht es um Stabilität: „Ist der Job KI-sicher?“ Mit Wahlmöglichkeiten tun sich junge Menschen grundsätzlich schwer. Hunderte Berufsbilder und Ausbildungswege – wie sollen sie da durchblicken? „Um sich keine Blöße zu geben, sagen sie ‚Kein Bock‘.“ Besser: Abtesten und besprechen, was jemand gut kann, was ihn interessiert und ihn seinen Stärken gemäß einsetzen.

Onboarding: ins Next Level aufsteigen

Alle Videospiele sind gleich aufgebaut: Levels, Feedbacks, Gold-Status, Antreiber. Diese Denkweise haben Jugendliche verinnerlicht. Darauf sollte auch ihre Ausbildung aufbauen: Noch drei Punkte und du steigst ins nächste Level auf. Dort warten Belohnungen: Karten fürs Musikfestival, am Wochenende das Poolauto ausborgen – kleine, zur Zielgruppe passende Wettbewerbe, Gamification und Incentives. Gehaltserhöhungen sind nach zwei Tagen vergessen. Bei der Einschulung kommt alles besser als Frontalvorträge. Gut sind kurze knackige Lerneinheiten, viel Digitales, viel Abwechslung, viel zum Angreifen.

Führung: loben, loben, loben

Nicht geschimpft ist gelobt genug: Das galt für Babyboomer. Die Jungen interpretieren es als: Meine Arbeit war schlecht. War sie gut, wollen sie das hören. Ist etwas zu verbessern, ebenfalls. Feedback, am besten gutes, ist ihr Leistungselexier.
Behm nennt eine Autowerkstatt, deren Chef sich „die schlechtesten Bewerber von ganz Berlin herauspickte und ihnen Sinn in der Arbeit gab. Ihnen morgens ein kaputtes Auto hinstellte, die Aufgabe nennen, Mentoren und Coaches zur Seite stellte – und am Abend dürfen sie das reparierte Auto selbst vom Hof fahren. Zeig ihnen, was sie bewirken!“ Ein weiterer Tipp ist, gutes Kundenfeedback weiterzugeben. „Sie setzen sich jeden Freitag zusammen und sie besprechen, was diese Woche gut gelaufen ist. Sie gehen mit einem Erfolgsgefühl ins Wochenende und kommen am Montag gern zurück.“ Älteren Ausbildnern rät Behm, ihre Ich-musste-mich-auch-durchbeißen-Attitüde zu vergessen: „Das funktioniert nicht mehr.“
Die kleinen Alphas suchen bei ihren Ausbildnern, was die daheim nicht finden: Halt, Zugehörigkeit, Sinn und Ziel. „Viele sind Vater- oder Mutterersatz.“ So manchen bewahrt das vor dem Abstieg in die Kriminalität. Eine gute Beziehung (Du-Kultur!) wird in allen Schichten erwartet: nicht autoritär, sondern partnerschaftlich: „Wie im Coaching: Was brauchst du, damit du selbst eine Lösung findest?“ Mitsprache ist wichtig. „Vielleicht finden deshalb so viele Handwerker keine Leute: Weil sie starr vorgeben, was wie zu tun ist.“ Von den Führungskräften verlangt das neue Kompetenzen, etwa psychologisch/soziologisches Wissen. Mühsam, aber lohnend: „Dann sind die Jungen bereit, Leistung zu geben.“

 

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