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Bildung
28.02.2018

Mit welchen Methoden Unternehmer erfolgreich verhandeln, und was man auf keinen Fall tun sollte. Neun Tipps des Verhandlungsberaters Ewald Sarugg.

TEXT STEPHAN STRZYZOWSKI

1. GRABEN SIE TIEFER

Klar, auf den ersten Blick vertritt jede Partei die Positionen ihres Unternehmens. Dahinter stehen aber oft auch unausgesprochene, vielleicht sogar persönliche Wünsche, Befürchtungen, Ängste oder Sorgen. Ein Verhandlungspartner will sich womöglich bei einer Frage durchsetzen, weil er dies seinem Vorgesetzten versprochen hat oder weil es zu seiner persönlichen Zielerreichung beiträgt. In manchen Fällen kann es aber auch um Wertschätzung gehen. Filtern Sie die Aussagen Ihrer Verhandlungspartner nach solchen Motiven und berücksichtigen Sie diese bei der Suche nach Lösungen. Nur wenn auch diese Interessen bedient werden, kann es zu einer guten und dauerhaften Vereinbarung kommen.

2. LEGEN SIE SACHZWÄNGE AUF DEN TISCH

In jeder Verhandlung gibt es Aspekte, über die man sich nicht hinwegsetzen kann und an denen sich nicht rütteln lässt. Offen darzulegen, dass man nicht über alle Bereiche des Verhandlungsergebnisses frei entscheiden kann, wird häufig sinnvoll sein. Wenn Ihre Gesprächspartner von Ihren Sachzwängen wissen, können Sie verstehen, dass bestimmte Lösungswege nicht möglich und Sie keineswegs nur stur sind. Entscheidend ist das „Warum“ zu verstehen, um nicht in hartnäckige Positionskämpfe zu schlittern.

3. LAUTER GEWINNER SCHAFFEN

Es klappt natürlich nicht immer, aber viel öfter als erwartet: Eine Lösung finden, bei der alle Seiten gut aussteigen. Dafür muss man allerdings offen und flexibel bleiben in Bezug auf das Finden von kreakreativen Entscheidungsoptionen. Rascher zu einer echten Winwin- Situation kommt grundsätzlich, wer seinem Gesprächspartner von Anfang an Vorschläge macht, die die Interessen beider Seiten bedienen. Das schafft ein gutes Gesprächsklima und baut eine konstruktive Beziehung auf.

4. ES SIND IMMER MENSCHEN, DIE VERHANDELN

Ein Partner, der sich über den Tisch gezogen fühlt, wird in Zukunft von gemeinsamen Geschäften Abstand nehmen oder noch eine offene Rechnung haben. Ihr gewünschtes Verhandlungsergebnis ist also weniger wert, wenn bei der anderen Partei ein mieser Nachgeschmack bleibt. Wichtig ist darum, sich bei Verhandlungen nicht nur auf die Zahlenebene zu konzentrieren, denn nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung. Ein guter zwischenmenschlicher Kontakt trägt eine Verhandlung und schafft eine lösungsorientierte Arbeitsbeziehung.

5. BEREITEN SIE SICH GUT VOR

Wenig überraschend und trotzdem oft vernachlässigt: Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete. Aber worauf kommt es dabei an? Definieren Sie vorab nicht nur was Ihnen selbst wichtig ist, sondern überlegen Sie auch, worauf es dem Gegenüber ankommen könnte. Was sind seine Ziele und Interessen? Wie können Sie bei der Erreichung helfen? Welche Alternativen gibt es? Wer verschiedene Szenarien durchspielt, kann in der Situation wesentlich schneller und souveräner reagieren. Besonders ein Machtungleichgewicht verleitet leicht zu weitreichenden Zugeständnissen, ohne Alternativen zu dem Deal einzubeziehen. Eine gute Vorbereitung braucht Zeit und ist unumgänglich.

6. FRAGEN SIE NACH

Egal, wie gut Sie sich vorbereiten – Sie können und müssen nicht alles wissen. Das macht aber nichts. Denn gute Verhandlungsführer zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders viele Fragen stellen, ins Detail gehen und nachhaken. Wichtig dabei ist auch das aktive Zuhören. Dadurch vertieft sich für beide Parteien das Verständnis der Sachlage, und wer fragt, kontrolliert ganz nebenbei auch, wie sich das Gespräch und der Verhandlungsprozess entwickeln. Darüber hinaus ergeben sich dadurch wertvolle Informationen, mit denen Sie im Nachgang gemeinsam arbeiten können.

7. ERKENNEN SIE IHR GEGENÜBER

Wenn Sie herausfinden, wie Ihr Verhandlungspartner tickt, können Sie sich auf die Person einstellen und entsprechend zielgerichtet kommunizieren. Die Wiener Verhandlungsschule unterscheidet 6 Typen: 1, Der Empathiker, dem Fürsorge und eine gute Atmosphäre wichtig sind. 2, Die Logikerin, die sich Zahlen, Daten und Fakten sowie Struktur wünscht. 3, Die Beharrerin, der Wertvorstellungen und Meinungen wichtig sind. 4, Der Macher braucht die Aufregung und eine rasche Umsetzung. 5, Der Rebell, der den spielerischen Kontakt braucht. 6, Die Träumerin, die sich lieber zurückzieht und in Ruhe ihre Dinge macht. Wenn Sie herausfiltern, welcher Typ Ihr Gegenüber ist, können Sie mit der richtigen Ansprache Ihre Botschaften besser kommunizieren beziehungsweise seine psychischen Bedürfnisse adressieren.

8. AUF DIE ATMOSPHÄRE ACHTEN

Mit Druck und grellem Lampenlicht kommt nur das FBI im Fernsehen weiter. Bei Verhandlungen ist dagegen ein konstruktives Umfeld wichtig. Wo das Treffen stattfindet, ist dabei nicht so wichtig wie das Ambiente selbst. Ein ruhiger Raum, ausreichend Zeit, Getränke und Verpflegung sollten dabei nicht fehlen. Es kann durchaus helfen, einmal die Position zu verändern, gemeinsam am Flipchart zu zeichnen und die Köpfe in Unterlagen zu stecken. Mit Gruppenstärke aufzutrumpfen ist übrigens nicht sinnvoll, weil es auch schnell zu viele werden – insbesondere bei emotionalen Themen und unklaren Rollen. Dabei sein sollte nur, wer zur Entscheidung und Dokumentation nötig ist.

9. VERZICHTEN SIE AUF DIRTY TRICKS

Spielen Sie keine Spielchen mit Ihren Partnern. Alternativen vortäuschen, unberechtigte Kritik anbringen, Reklamationen und Versäumnisse aufbauschen und vorher Druck aufbauen, um die Verhandlungsbasis des anderen zu schwächen – das ist alles nicht zielführend und schlecht für die Beziehung. Wenn es der Verhandlungspartner doch macht: Nicht einmal ignorieren oder auch ansprechen. Wichtig: Bleiben Sie immer sachlich und beim Thema.

Vienna School of Negotiation
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