Prognose für 2011 und 2012: Aufschwung verstärkt sich, Risiken nehmen zu

Globalisierung
01.04.2011

Der Aufschwung hält in Österreich an. Dank des kräftigen Wachstums der Weltwirtschaft nimmt die Ausfuhr rasch zu. Der Exportaufschwung greift mittlerweile auch auf die Investitionen über: Die Ausrüstungsinvestitionen wachsen im Prognosezeitraum merklich.

Die kurzfristigen Konjunkturindikatoren lassen eine Fortsetzung dieser Entwicklung im 1. Halbjahr 2011 erwarten. Danach wird sich die Expansion parallel zur Weltwirtschaft etwas abschwächen; die Verteuerung von Rohstoffen und Energie und die restriktivere Ausrichtung der Wirtschaftspolitik in den Industrie- und Schwellenländern dämpfen das Wachstum. Im weiteren Verlauf dürfte es sich jedoch wieder beschleunigen. Für Österreich erwartet das WIFO 2011 ein Wirtschaftswachstum von 2,5% und 2012 von 2,0%. Das größte Risiko für die Konjunktur liegt derzeit im Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise, der sich erheblich auf die Weltwirtschaft auswirken könnte.


Das Wachstum der Weltwirtschaft beschleunigte sich Ende 2010 merklich. Nach einer Stagnationsphase expandierte der Welthandel wieder kräftig. Insbesondere die asiatischen Schwellenländer erhöhten ihre Importe markant und sind damit weiterhin der wichtigste Antrieb für die Expansion der Weltwirtschaft. Zwar versucht China wie auch andere Schwellenländer, durch Politikmaßnahmen eine Überhitzung der Konjunktur zu vermeiden. Zudem könnte sich der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise dämpfend auf die Konjunktur auswirken. Die Wirtschaft der asiatischen Schwellenländer wird sich aber weiter dynamisch entwickeln und erheblich zum Wachstum der Weltwirtschaft beitragen. Insbesondere die Volkswirtschaften Lateinamerikas profitieren dagegen vom Anziehen der Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise und wachsen ebenfalls kräftig. Der beträchtliche Kapitalzufluss trieb dort allerdings zuletzt die Wechselkurse nach oben; dies dämpfte die Ausfuhr und erhöht das Risiko für Instabilitäten auf den Finanzmärkten. Insgesamt dürfte die Weltwirtschaft im 1. Halbjahr 2011 weiter stark expandieren.
Danach zeichnet sich wegen des Anstiegs der Rohstoff- und Energiepreise sowie der generell restriktiveren Ausrichtung der Wirtschaftspolitik in vielen Ländern eine leichte Verlangsamung ab. 2012 wird sich die Expansion der Weltwirtschaft jedoch wieder beschleunigen.


In den USA expandiert die Wirtschaft unerwartet stark. Die Nachfrage wird vom Export, den Investitionen und den Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter angetrieben. Die anhaltende Schwäche des Dollarkurses und die nach wie vor expansive Geld- und Fiskalpolitik unterstützen die Konjunktur. Schwachstellen bleiben die Situation auf dem Immobilienmarkt sowie die hohe private und öffentliche Verschuldung; die Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt liefert hingegen positive Impulse.


Im Euro-Raum dürfte die Wirtschaft auch im Prognosezeitraum nur mäßig expandieren. Die Spaltung in kräftig wachsende Volkswirtschaften und von Krise und Stagnation betroffene Länder vertieft sich weiter. Deutschland und eng mit der deutschen Wirtschaft verflochtene Volkswirtschaften werden anhaltend am internationalen Konjunkturaufschwung teilhaben.
Irland und einige südeuropäische Länder hingegen verharren in der Rezession. Dies dämpft die Aussichten für die EU insgesamt.


Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose


In Österreich setzt sich der Aufschwung fort. Das lebhafte Wachstum in Deutschland brachte 2010 eine deutliche Ausweitung der Exporte mit sich. Die österreichische Industrie profitierte somit indirekt von der starken Expansion der Wirtschaft in den Schwellenländern. Allerdings deutet die Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen in den vergangenen drei Quartalen auf einen Übergang des Exportaufschwungs auf die Investitionen hin. Diese Entwicklung sollte anhalten, die Konjunkturindikatoren lassen im 1. Halbjahr 2011 ein kräftiges Wachstum erwarten. In der zweiten Jahreshälfte wird sich diese Expansion parallel zur internationalen Konjunktur etwas verlangsamen. Für 2011 rechnet das WIFO mit einem Wirtschaftswachstum von +2,5%, für 2012 von +2,0%.


Wegen der Rohstoff- und Energieverteuerung beschleunigt sich die Inflation (VPI) 2011 erheblich auf +2,8%; etwa 0,4 Prozentpunkte davon sind auf die Anhebung indirekter Steuern im Zuge der Budgetkonsolidierung zurückzuführen. 2012 fallen diese Effekte wieder weitgehend weg; die Lohnsteigerung dürfte dann allerdings etwas höher ausfallen als 2011. Die Inflationsrate wird daher im Jahr 2012 2,4% betragen.


Die Konsumausgaben der privaten Haushalte nehmen im Prognosezeitraum wegen der schwachen Einkommensentwicklung nur mäßig zu. Aufgrund der höheren Inflation werden die Reallöhne pro Kopf 2011 sogar sinken; erst 2012 dürften sie wieder etwas steigen. Auf dem Arbeitsmarkt schlägt sich die Konjunkturerholung allerdings merklich nieder: Die Beschäftigung dürfte auch im Prognosezeitraum deutlich ausgeweitet werden, sodass die Zahl der Arbeitslosen zurückgeht. Sie bleibt jedoch über ihrem Vorkrisenniveau. Nach nationaler Berechnungsmethode wird die Arbeitslosenquote bis 2012 auf 6,3% der unselbständigen Erwerbspersonen sinken, laut Eurostat-Definition auf 4,0% der Erwerbspersonen.


Die gute Konjunktur und die Konsolidierungsmaßnahmen verbessern den Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte. Die zu erwartende Einrechnung von Finanzierungszuschüssen des Bundes zu Infrastrukturausgaben der ÖBB erhöht jedoch das Defizit. Nimmt man diese Entscheidung über die Berechnungsmethode vorweg, dann dürfte der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte 2011 -3,4% des BIP und 2012 -3% betragen.


Die größten Risiken für die Konjunktur gehen derzeit vom Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise, von der Krise in Japan und der anhaltend labilen Lage im Finanz- und Bankensystem aus. Die vorliegende Prognose unterstellt, dass die Rohölpreise und die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel im Jahresverlauf wieder sinken. Eine weitere Rohstoffpreishausse, ausgelöst durch eine Verschärfung der Krise im arabischen Raum, könnte die Expansion der Weltwirtschaft erheblich bremsen. Auch die Folgen der Japan-Krise sind derzeit noch nicht abschätzbar.


Wenn sich der jüngste Anstieg der Zinssätze auf Staatsanleihen im Euro-Raum fortsetzt und auf weitere Länder ausweitet, könnte das die Situation der öffentlichen Haushalte in diesen Ländern verschärfen und die Regierungen zu weiteren Sparmaßnahmen zwingen, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Euro-Raum zusätzlich dämpfen. Dies könnte auch das Finanz- und Bankensystem beeinträchtigen und die Stabilität der Währungsunion gefährden.