Gesellschafter loswerden: Texas Shoot-out

Geschäftsführung
02.02.2006

Geschäftspartnerschaften sind wie Ehen: Lebt man sich auseinander, ist Trennung angesagt. Und wie bei Ehepaaren kann die Trennung von Kassabuch und Verkaufslokal in einen üblen Rosenkrieg ausarten. Einen Gesellschafter los zu werden, kann nahezu ein Ding der Unmöglichkeit sein, gerade bei lang etablierten (Familien-)Unternehmen. Das müsste nicht so sein, meint Thomas Zottl, Partner bei der Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer (FBD) in Wien. Von Maike Seidenberger
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Foto Robert Polster

Dass ein Gesellschafter einen anderen aus der Firma drängen will, passiert häufig. Und es ist schwierig, weil es nicht nur um eine Wirtschaftseinheit geht, sondern auch um die beteiligten Egos. "In beinahe allen Fällen ist nicht nur die emotionale Situation verfahren, sondern auch der Gesellschaftsvertrag nicht gut", resümiert Thomas Zottl, bei FBD spezialisiert auf Gesellschaftsrecht und Mergers & Acquisitions, seine Erfahrungen mit Kündigungen von Geschäftspartnerschaften.
Das müsste nicht so sein - vernünftige Vertragsgestaltung, meint der Anwalt, könnte viele einschlägige Konflikte schon im Vorfeld entschärfen. Und nimmt gleich die eigene Zunft bei der Nase: "Das ist ein häufiger - auch von Juristen zu vertretender - Fehler: Der Gesellschaftsvertrag ist oft nicht kündbar." Eine entsprechende Klausel mit der Vereinbarung, dass der ausscheidende Gesellschafter für seinen Anteil einen fairen, angemessenes Preis erhalten soll, sei vor allem dann wichtig, wenn mehr als zwei natürliche Personen gemeinsam eine Firma gründen. Das Problem vieler Start-ups: "Da wollen die Partner anfangs oft nicht mehr als 800 Euro für den Gesellschaftsvertrag zahlen." Dafür gibt es Standardverträge, aber nicht mit Finessen wie einer Kündigungsklausel. Dabei habe sich gerade bei Neugründungen die Praxis bewährt, einen Gesellschaftsvertrag auf Zeit abzuschließen: Unkündbarkeit für eine bestimmte Zeitspanne (etwa fünf bis zehn Jahre), "dann sollte jeder die Chance haben sich zu verabschieden". Allein das Wissen darum, dass man nicht auf Gedeih und Verderb aneinandergekettet sei, meint Zottl, wirke schon "disziplinierend".

Ene, mene, muh...
Zweites Problemfeld bei den Verträgen sind altehrwürdige Familienunternehmen mit ebensolchen Gründungsdokumenten - "kurz und archaisch". Anfang des 20. Jahrhunderts sahen die Patriarchen die Trennung der Wege ihrer Nachfolger meist nicht voraus. Die Folge: Geht es um die Entwicklung der Firmen, bekriegen sich die Familienstämme (alle mit Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung) oft bis aufs Messer, weil es keine Exit-Strategie für Dissidenten gibt. Natürlich lassen sich Trennungsklauseln auch nachträglich einfügen - was allerdings voraussetzt, dass man sich auf einen Modus einigen kann.

...und raus bist du
Auch wenn eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages möglich ist, heißt das noch lange nicht, dass die Trennung friedlich vonstatten geht. Schließlich muss der Anteil des zu gehenden Gesellschafters ja auch noch bewertet werden. "Das läuft bei einem 50:50-Beteiligungsverhältnis natürlich anders ab, als bei 75:25 oder bei Drittelparität von drei Gesellschaftern."

Auskaufen...
Als Beispiel für eine Auskauf-Variante führt Zottl den sogenannten"Texas Shoot-out" an: Ein Gesellschafter bietet eine Summe X für den Anteil des anderen. Dieser hat eine bestimmte Frist, um entweder das Angebot zu akzeptieren, oder, falls er das nicht will, den Partner seinerseits zu den gleichen Bedingungen auszukaufen.
"Die Frage ist immer: Wer kauft wen aus?" Hilfreich sei, so Zottl, wenn man sich - bevor die Situation ganz verfahren ist - darauf einigt, zuerst das Unternehmen zu bewerten, dann erst darüber zu reden, wer aussteige. "Der Erfahrung nach ist das meist der Minderheitsgesellschafter" - nicht notwendigerweise ein lästiger oder untüchtiger Partner, eben nur der kapitalmäßig schwächere. Einigt man sich darauf, ist der Preis Verhandlungssache. Scheidet man nicht im Unfrieden und will dem Ausscheidenden einen guten Preis zu finanztechnisch und steuerlich günstigen Bedingungen zahlen, rät Zottl dringend zur Beiziehung von Anwalt und Steuerberater, um den Deal zu strukturieren. "Im Regelfall ist es nicht gescheit, dass Gesellschafter A Geld aus der Privatschatulle nimmt oder sein Einfamilienhaus belehnt, um Gesellschafter B auszukaufen." Eine elegantere Option: Das Unternehmen in eine Holding mit kleiner Tochter-GesmbH umbauen und einen Kredit aufnehmen, der mit den gekauften Anteilen des scheidenden Partners besichert wird.

... oder hinausdrängen
Auskaufen ist die relativ gütliche Spielart der Trennung. Es gibt auch ethisch fragwürdigere, rechtlich völlig legale, vor allem bei Kapitalgesellschaften. Weiß man etwa um eine klamme Finanzlage des loszuwerdenden (Minderheits-)Gesellschafters, bietet sich ein Kapitalerhöhungsbeschluss an - zieht der Unerwünschte nicht mit, wird sein Anteil verwässert. Hat er kein Vetorecht, könnte man eine GesmbH auch in eine AG umwandeln, den Minderheitsanteil unter zehn Prozent verwässern und den nunmehrigen Kleinaktionär mittels Squeeze-out aus dem Unternehmen hinaus komplimentieren.
Eine besonders harsche Variante, nicht sonderlich liquide Partner aus einer Gesellschaft zu drängen, ist die sogenannte "Kaduzierung". Wurde das Stammkapital bei der Gründung nicht vollständig einbezahlt, kann man die volle Einzahlung beschließen (mit einer gewissen frist). Lässt der Partner sie verstreichen, ohne seine Einlage aufzufüllen, verfällt sein gesamter Anteil.
Letztes Mittel, einen Mitgesellschafter zum Ausscheiden zu zwingen, ist eine gerichtliche Ausschlussklage. Die allerdings nur dann Erfolgsaussichten hat, "wenn der andere die Gesellschaft schon massiv geschädigt hat" und es im Vertrag eine Schiedsklausel gibt, meint Zottl. Abgesehen davon, dass ein öffentliches Schmutzwäschewaschen vor Gericht keinen sonderlich schlanken Fuß macht, was das Image des Unternehmens angeht.
(1_2/06)