To do – or not to do?

Kolumne
26.02.2015

„To be, or not to be… Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.“ Der erste Satz aus Hamlets berühmtem Monolog sitzt. Nachhaltig eingebrannt nicht bloß im hehren Burgtheater-Gedächtnis, sondern ebenso präsent auf der trivialen Alltagsbühne des Lebens. Klar, Shakespeare zielte damit auf subtile, existenzielle Fragen ab. Aber in praxistauglicher Abwandlung könnten Arbeitsberg-geplagte Hamlets unserer Tage ausrufen: „To do, or not to do…Tun oder Nichttun, das ist hier die Frage!“

Denn das, worüber Shakespeare seinen Protagonisten schon vor hunderten Jahren sinnieren lässt, ist wohl auch vielen postmodern Getriebenen vertraut: die Scheu, entschlossen zu handeln – und die Zerrissenheit, definitiv Entscheidungen zu treffen. Gepaart mit der Schwierigkeit, endgültig loszulassen. Wen wundert´s – angesichts der zunehmend empfundenen Tyrannei der (Riesenaus-)Wahl.

Tun?
Der rächende Hamlet von gestern ist gebeutelt von emotionaler Zerrissenheit. Weil Existenzielles am Spiel steht. Die vielbeschäftigten Turbo-Hamlets von heute wiederum sind gefordert, im prall gefüllten Alltag zwischen Tun und Nichttun, Anpacken und Seinlassen zu entscheiden. Unentwegt. Unaufgeregt. „Ungierig“. Weil das ausufernde Meer der Handlungsoptionen keine Alternativen zulässt. Sonst droht Ertrinkungstod. SOS-Rufe an Meeresgötter wie Neptun und Poseidon? Eher Sinnlos.

Umso angesagter ist es, nicht zauderhaft, sondern zauberhaft = befreiend zu entrümpeln. Ergänzend zur „ZeitenBlicke“-Kolumne vom 03.02.15 sei hier deshalb ein zauberhaftes Entrümpelungswerkzeug weiter präzisiert: die „Not-to-do-Liste“

Oder nicht tun?
Auch wenn es trivial erscheinen mag – zwei Dinge gilt es immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, weil sie fundamentale Auswirkungen für das persönliche Zeiterleben und -gestalten haben:

  1. Jede Entscheidung für etwas bedeutet immer auch eine gegen viele andere Dinge. Umso mehr stellt sich uns jedes Mal erneut die Frage: Ist wirklich klar, wogegen ich mich entscheide, was unbeachtet bleibt? Zunächst oder auf Dauer?
  2. Entscheidend ist nicht (nur), was man tut, sondern was man dezidiert nicht (mehr) tut.

Es geht also vor allem um die bewusste Entscheidung, gewisse Dinge, Gewohnheiten oder Aufgaben explizit nicht mehr tun zu wollen. 

Das ist die Frage!
Analog dazu basiert das Konzept der Not-to-do-Liste auf der Kernfrage: Was tue ich bewusst nicht mehr? Dabei kann sich die Liste auf zweierlei Aspekte beziehen.

1. Einerseits Dinge, gegen die ich mich implizit entscheide – indem ich mich definitiv für etwas anderes entscheide. Beispielsweise:

Ich nehme an Veranstaltung A teil und nicht an B. Ich kauf dieses und nicht jenes. Ich widme mich dieser Aufgabe und nicht jener – jetzt, heute, morgen, diese Woche, dieses Monat/Jahr. Genau dieses Ziel ist mir wichtig und nicht jenes. Ich pflege diese Kontakte und nicht (mehr) jene.

2. Anderseits Dinge, die ich bewusst nicht mehr tun will und werde – weil sie keinen Sinn ergeben, keinen Nutzen stiften, mir schaden oder schlicht Zeit und Energie rauben. Etwa:

auf Pausen verzichten; auch im Urlaub arbeiten; ständig unterbrechen lassen,  zu glauben, überall dabei sein oder alles selbst machen zu müssen; Wichtiges mit Dringlichem verwechseln; in der Eile oder Routine  auf Essentielles vergessen: Liebe, Anerkennung, ein schlichtes Danke…

Meine persönliche Abschaff-Liste

Seien Sie deshalb ermutigt, Ihre ganz persönliche Not-To-Do-Liste zu erstellen. Oder um mit Jürgen Fleig von der Redaktion business-wissen.de zu sprechen: Ihre persönliche „Abschaff-Liste“. Es gibt unzählige Dinge, die sich entsorgen oder jedenfalls kritisch hinterfragen lassen: unnütze Meetings, automatische E-Mail-Benachrichtigungen, ständige Erreichbarkeit, Smartphone-Dauerpenetration, Telefonitis, Kümmeritis, unklare Aussagen akzeptieren, hier ein voreiliges JA zu viel, dort ein klares NEIN zu wenig…

Nun ja, alte Gepflogenheiten und Konditionierungen sind nicht ganz so leicht auszurotten.  Denn: „Eine Gewohnheit kann man nicht einfach zum Fenster hinauswerfen. Man muss sie Stufe für Stufe die Treppe hinunterlocken.“ (Mark Twain) Also nicht entmutigen lassen, sondern stufenweise locke(r)n.

Jedenfalls aber werden Sie erstaunt bis verblüfft feststellen, wie Recht Peter Drucker – einer der Pioniere moderner Managementlehren – mit seiner provokanten Aussage hatte: "Es ist immer wieder verblüffend, wie viele Dinge wir tun, die, wenn wir sie nicht mehr tun, keinem abgehen."