Harald Koisser macht Mut

Bewusst gemeinsam leben

Unternehmensführung
19.10.2020

Erstmals haben sich Unternehmen aus rein ethischen Prinzipien zusammengeschlossen, um eine neue Art des Wirtschaftens zu befördern. Eine Einladung zum Mitmachen

Der BioHof Adamah, Fronius, Frutura Gemüsewelten, die Mauracher BIO-Hofbäckerei, die mohr-sederl fruchtwelt, der Nikolaihof Wachau, Sonnentor, das Stiegl-Gut Wildshut, Weiss – kompetent bei Holz, Woerle Käse­manufaktur, Wolf Nudeln, Zotter Schokolade, das Raiffeisen Umweltcenter Gunskirchen. Sie haben sich unter dem Titel „Bewusst Gemeinsam Leben“ zusammengeschlossen. Ziemlich unterschiedliche Geschäftsfelder, und es fällt auch auf, dass „Bio“ oder „faire Finanzen“ oder andere verkaufsrelevante Markierungen nicht der Kitt sein können, der das zusammenhalten soll. Was also bewegt diese Unternehmen zu einem Zusammenschluss, der in einer Pressekonferenz verkündet worden ist und letztlich wohl auch Geld kosten wird?

Der Name ist Programm. Es geht um „bewusst“ und „gemeinsam“ und „leben“. Die Firmen propagieren eine „neue Wirtschaft“, die offenbar achtsam und bewusst und kooperativ sein und dem Leben dienen soll. Vor zehn Jahren hätte man noch gesagt: Das muss man sich einmal trauen. Heute ist der Zeitgeist offenbar reif für so eine spirituelle Vereinigung handfester Wirtschaftstreibender, die es satt haben, dass dauernd die Ökonomie als Turbokapitalismus wahrgenommen wird. Die Unternehmen betreiben in ihren jeweiligen Geschäftsbereichen achtsames, bewusstes Wirtschaften schon sehr lange. Sie sind alle erfolgreich am Markt und haben längst bewiesen, dass sich eine achtsame Art des Wirtschaftens rechnet. Der Zusammenschluss soll genau jetzt, in Zeiten, wo große Unsicherheit herrscht, Mut machen und zeigen, dass es die neuen Wirtschaftsmodelle, die viele ersehnen und erhoffen, schon längst gibt. Die neue Wirtschaft ist da, und sie ist kerngesund. Sie ist eine lebendige und praxiserprobte Vision einer besseren ökonomischen Welt. 

„Es ist ein Schulterschluss der Unmöglichkeit“, sagt ­Georg Dygruber, Gründer der Initiative, „es geht darum, jetzt das Richtige zu tun“. Aufbauend auf der Kraft der Unternehmen soll ein dynamischer Prozess in Gang gesetzt werden, der eine Rückbesinnung zur Natur, bedarfsgerechte Lebensmittelversorgung, Energiesicherheit, Finanzierungssicherheit und Infrastruktursicherheit bringen soll. Die Unternehmen haben sogar ein Manifest unterzeichnet, in dem all das festgehalten ist, und die Vorbildwirkung der teilhabenden Unternehmen ist als Einladung zu verstehen. Es ist ein Aufruf an alle Wirtschaftstreibenden in Österreich, die achtsam, ehrlich, liebevoll, fair (man kann die Begriffe der Redlichkeit gerne endlos erweitern) sind, mitzumachen. 

Da soll ein neuer Zeitgeist von Leichtigkeit, Freude und Vertrauen eingeläutet werden – im Gegensatz zu Angst, Neid und Misstrauen. Prominente Unterstützer wie Fernsehjournalistin Barbara Stöckl, Sepp Forcher oder Olym­piasportler Felix Gottwald leben und tragen das Manifest mit. 

Da schließen sich also Unternehmen aus ethischen Prinzipien zusammen. Nicht aus Raffgier, oder allen aus Marketing und Werbung bekannten und legitimen Gründen. Sie wollen „nur“ das aus ihrer Sicht Gute fördern. Sie wollen eine Wirtschaft, wie sie aus ihrer Sicht nach sein soll: Fair. Bewusst. Gemeinsam. Sie fordern Rückbesinnung zur Natur, bedarfsgerechte Lebensmittelversorgung, Energiesicherheit, Finanzierungssicherheit und Infrastruktursicherheit. Da formiert sich das ökonomische (und ökonomisch erfolgreiche!) Gutmenschentum zur Forcierung eines gesellschaftlichen Bewusstseinswandels. Das könnte eine sozialpolitisch relevante Initiative werden, die aber das Segeln gegen den Wind beherrschen muss. Wenn die Einladung zum Mitmachen angenommen wird, könnte das Schiff stark und wendig genug dafür sein.