Vom Erfinder zum Unternehmer
Erfinder haben blendende Ideen, sind aber chronisch knapp bei Kasse. Ein Salzburger hat sich deshalb darauf spezialisiert, die Tüftler beim schwierigen Slalomlauf zwischen Patenanmeldung, Projektfinanzierung und Markteinführung zu begleiten.

Manchen kommen die Geistesblitze im Schlaf. Andere wie Ivo Spitz küsst die Muse aus gegenteiligem Grund. Beim stundenlangen nächtlichen Wachliegen hatte der Wiener nämlich Zeit, sich Gedanken zu machen: Wie könnte man dem Problem der Schlafstörungen, an dem Studien zufolge zumindest ein Drittel der Bevölkerung mehr oder weniger heftig leidet, beikommen?
Die Lösungsidee des Licht- und Tontechnikers: Ein hermetisch abgeriegeltes Bett, das alle störenden Einflüsse wie zu viel Helligkeit, Lärm, Elektrosmog oder magnetische Wellen fernhält, soll von allen durch die Umwelt beeinflussten Schlafstörungen befreien. Das Airegg genannte Highclass-Bett soll neben der betuchteren Privatkundschaft in erster Linie Wellnesshotels sowie den Gesundheitsbereich ansprechen, kostet das gute Stück doch so viel wie ein Kleinwagen. Auch eine Adaption seiner Erfindungen für First-Class-Überseeflüge ist angedacht.
Das Problem des 40-Jährigen: Für die Umsetzung seines Vorhabens fehlt es ihm an Vermarktungs-Know-how und vor allem an einem potenten Investor. Weshalb sich Ivo Spitz an einen Profi gewannt hat.
Hilfe vom Experten
In der Stadt Salzburg befindet sich der Erfinderladen von Klaus Weissenbäck. Neben dem Verkauf von Innovationen aller Art, die hier ähnlich wie in einem Museumsshop über den Ladentisch gehen, bietet Weissenbäck und sein Team sozusagen Erste Hilfe für Erfinder in Not: Diese umfasst die Unterstützung bei der Patentanmeldung über die Finanzierung bis zur Vermarktung. Sein Geschäft läuft gut. Etwa 1.000 mehr oder minder durchdachte Projekte landen jährlich auf seinem Schreibtisch. Der Erfinder-Consultant prüft diese auf Sinnhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit. Halten die Projekte diesem Elchtest stand, folgt ein konkreter Verwertungsplan, der Vertrieb, Vermarktung bis hin zur Medienarbeit regelt. Rund 60 Unternehmungen werden jährlich als erfolgversprechend bewertet und betreut. Im Gegenzug sichert sich Weissenbäck für 18 Monate die Verwertungsrechte.
Klassische Fehltritte
Der heimische Erfinderladen ist ein Ableger eines vor 13 Jahren von zwei Salzburgern in Berlin eröffneten Unternehmens und greift somit auf eine jahrelange Erfahrung sowie ein Expertennetzwerk in der Begleitung von Erfindern auf ihrem Weg zum Unternehmer zurück (siehe www.erfinder.at). Denn gerade in der Startphase lauern viele Fallen, die das Projekt gefährden können. Ein Klassiker in diesem Zusammenhang ist die fehlende Verschwiegenheit: „Ein Erfinder präsentiert seine Idee bei einem möglichen Investor, bekommt eine Absage. Zwei Jahre später lanciert die Firma das Produkt auf eigene Faust.“ Sogenannte Geheimhaltungserklärungen merzen diese Gefahr aus. Auch die unüberdachte Veröffentlichung der Idee in Fachmagazinen oder über Websites kann für ambitionierte Projekte bereits vor der Patentlegung zum Totengräber werden. Denn das Patentamt folgt der Richtlinie: Neu ist nur, was noch nirgends dokumentiert wurde.
Knapp bei Kasse
Hat man als Erfinder einmal das Patent in der Tasche, beginnen vielfach schon die nächsten Sorgen. Welcher Erfinder verfügt schon über die Mittel eines Investors? Ivo Spitz konnte die satten 55.000 Euro, die ihm das europäische Patentrecht samt der weltweiten Namensrechte für sein Airegg kostete, zwar noch mühsam aus dem Ersparten zusammenkratzen. Spätestens bei der Umsetzung und der Produktion sind aber die meisten Erfinder auf Finanziers angewiesen.
Rund eine Million Euro benötigt Spitz für den Bau eines Prototyps. Dazu kommt noch eine geschätzte halbe Millionen für den Vertriebsaufbau. Doch viele Erfindungen scheitern schon an der Finanzierung von weitaus kleineren Beträgen. Der Grund: Die Banken sind für risikoreiche Kreditvergaben derzeit kaum zu haben. „Es ist leider so, dass man eher einen Investor für zehn Millionen Euro als einen für 100.000 Euro findet. Österreich ist zwar ein Land der Erfinder, doch Finanzierungen sind oftmals sehr schwer aufzustellen“, ärgert sich Weissenbäck. Ein durchdachter Verwertungsplan ist daher das Um- und Auf erfolgreicher Projekte.
Alternative Finanzierungsformen
Als erster Schritt empfiehlt sich ein Ansuchen bei der Forschungsförderungsgesellschaft. Mit einem positiven Förderbescheid in der Tasche sind auch die Geldinstitute leichter für eine Kreditvergabe zu überzeugen, wobei auch durchaus alternative Finanzierungsformen in Betracht gezogen werden können. Ein seit Jahren erfolgreiches Projekt bietet in diesem Zusammenhang die aws in Form ihres Business-Angels-Programms an. Dabei wird zwischen innovativen Jungunternehmern und potenziellen Investoren vermittelt. „Wir sehen uns als Brücke, um junge Unternehmen zu beleben und mit Risikokapital zu versorgen“, erklärt aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister im Gespräch mit die WIRTSCHAFT. Im vergangenen Jahr flossen über die Business-Angels rund 560.000 Euro von privaten Investoren in innovative Unternehmungen. Gute Ideen finden also in der Regel einen Investor.
Die Guten werden verwirklicht
„Ist eine Erfindung wirklich markttauglich, gibt es in der Regel immer einen Weg zur Verwirklichung. Oft muss man dazu aber ins Ausland gehen“, meint Erfinderberater Weissenbäck. In seinem Erfinderladen hat er selbst einige glänzende Beispiele vorzuweisen. So sorgt ein Tiroler Möbeldesigner, der einen Hocker in Form eines Golftees kreierte, oder ein Hersteller eines selbstabrinnenden Terrassenbodens ebenso für volle Auftragsbücher wie Rudolf Doppelbauer. Der Salzburger kam vor einem guten Jahr in der eigenen Badewanne auf die Idee, eine hochwertige Quietschente aus Naturkautschuk mit dem Aussehen von Wolfgang Amadeus Mozart zu entwerfen. Den Vertrieb nahm der umtriebige Produktentwickler gleich selbst in die Hand. Persönliche Energie und der Rückgriff auf sein nicht gerade unbedeutendes Netzwerk, das viele Entscheidungsträger aus dem Kulturbetrieb umfasst, führte dazu, dass die Enten nicht nur in der Festspielstadt, sondern auch bereits im Pariser Louvre, in Mainz, München, Stuttgart oder Berlin ein Renner sind. Manchmal sind also scheinbar banale Innovationen die erfolgreichsten. Erfinder sollten sich aber auch nicht entmutigen lassen, sollte ihre Idee nicht sofort zum durchschlagenden Erfolg werden. „Oftmals führen erst Adaptionen und eine Abwandlung des ursprünglichen Verwendungszwecks einer Erfindung oder einer Produktinnovation zum Erfolg“, meint Weissenbäck.
Wer hätte sich schon gedacht, dass ein vormaliges Informationsnetzwerk für eine Handvoll US-Militärs einmal zum weltumspannenden World Wide Web werden könnte?
(Redaktion: Daniel Nutz)