Gastbeitrag

Der größte Gegner im Job: Du selbst

Ronny Leber
05.11.2025

Warum innere Überzeugungen unsere berufliche Entwicklung stärker beeinflussen als äußere Umstände – und wie wir unsere Denkweise zum Verbündeten machen.

Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment um 10.14 Uhr auf der Prater Hauptallee in Wien. Ich stand im Zielbereich der Ineos 1:59 Challenge, umgeben von gespannter Stille, als Eliud Kipchoge die letzte Gerade entlanglief. Sekunden später zeigte die Uhr: 1:59:40 – Geschichte war geschrieben. Der erste Mensch, der einen Marathon unter zwei Stunden gelaufen war. Jubel. Tränen. Gänsehaut. Ich war live dabei.
Zwei Jahre zuvor, bei der „Breaking2“-Challenge in Monza, hatte Kipchoge dieselbe Distanz, dieselbe Vorbereitung und kam nach knapp über zwei Stunden ins Ziel. Was war diesmal anders? Nach dem Lauf sagte er: „Damals wusste ich nicht, ob ich es schaffen kann. Heute wusste ich: Ich kann es.“ Dieser Satz blieb mir im Kopf. „No human is limited.“ Es war nicht sein Körper, der sich verändert hatte, sondern sein Glaube.
Und ich fragte mich: Wie viele von uns laufen wohl tagtäglich im Job mit angezogener Handbremse – nicht weil wir es nicht können, sondern weil wir glauben, dass wir es nicht können?

Was Glaubenssätze sind und wie man sie erkennt

Glaubenssätze sind wie unsichtbare Betriebssysteme in unserem Kopf. Sie laufen im Hintergrund, entscheiden, welche Gedanken wir zulassen, welche Chancen wir sehen und wie wir auf Herausforderungen reagieren – oft, ohne dass wir es merken.
Man erkennt sie meist in Momenten, in denen wir uns selbst bremsen: Wenn Sie vor einer neuen Aufgabe denken „Das kann ich nicht“ oder wenn Sie Lob hören und innerlich sagen „Ich hatte nur Glück“. Das sind nicht einfach nur Gedanken – das sind Programme, die Sie seit Jahren abspielen, gespeist aus Erfahrungen, Erziehung und Umfeld.
Ein einfacher Test: Achten Sie auf Ihre Selbstgespräche. Jeder Satz, der mit „Ich bin …“, „Ich kann nicht …“ oder „Ich darf nicht …“ beginnt, verrät einen Glaubenssatz. Die gute Nachricht dabei ist: Was erlernt wurde, kann auch wieder verändert werden.

Die fünf häufigsten negativen Glaubenssätze im Beruf

Ich bin (noch) nicht gut genug.
Viele Menschen glauben, sie müssten erst perfekt sein, bevor sie sichtbar werden. Doch Perfektion ist eine Illusion und Stillstand die Folge. Wachstum beginnt dort, wo wir uns zeigen – auch wenn noch nicht alles perfekt ist.

Ich darf keine Fehler machen.
Fehler werden oft als Beweis von Schwäche gesehen. Dabei sind sie das Fundament von Innovation. Wer Angst hat zu scheitern, wird nie etwas Außergewöhnliches schaffen.

Ich muss es allen recht machen.
Der Wunsch nach Anerkennung ist menschlich, aber wer versucht, allen zu gefallen, verliert sich selbst. Authentizität zieht mehr Menschen an als Anpassung.

Ich habe keine Kontrolle über meine Situation.
Viele sehen sich als Opfer von Umständen, Vorgesetzten oder Strukturen. Doch Verantwortung zu übernehmen bedeutet, die eigene Macht zurückzugewinnen. Veränderung beginnt immer bei uns selbst.

Erfolg ist nur für andere.
Der vielleicht gefährlichste Satz überhaupt. Wenn wir glauben, dass Erfolg „den anderen“ zusteht, schließen wir uns selbst davon aus. Doch Erfolg ist kein exklusiver Club – er ist eine Entscheidung.

Vielleicht erkennen Sie sich in einem oder mehreren dieser Sätze wieder. Das ist kein Problem. Das Problem ist nur, wenn wir sie nicht hinterfragen.

Wie solche Glaubenssätze entstehen und wie man sie verändert

Glaubenssätze sind das Ergebnis von Wiederholung und Emotion. Wenn wir als Kind oft hören „Das schaffst du sowieso nicht“, speichert unser Gehirn diese Aussage als Wahrheit ab. Später im Berufsleben suchen wir dann unbewusst nach Beweisen, dass das stimmt – und übersehen, wenn es nicht so ist. Unser Gehirn liebt Bestätigung, nicht Wahrheit.

Darum braucht es bewusste Gegensteuerung:

Bewusstheit: Erkennen, wann uns ein Gedanke klein hält.
Sprache: Worte formen Wirklichkeit. Aus „Ich kann das nicht“ wird „Ich lerne, das zu können.“
Erfahrung: Nichts ändert Glauben stärker als Beweise. Jede kleine Erfolgserfahrung überschreibt alte Überzeugungen.

Mentale Stärke ist kein Zufall – sie ist trainierbar. Und sie beginnt mit der Entscheidung, an uns selbst zu glauben, auch dann, wenn der Beweis noch aussteht.

Die fünf positiven Alternativen und wie man sie verankert

  • „Ich wachse mit jeder Herausforderung.“
  • „Fehler sind Feedback.“
  • „Ich bin klar, ehrlich und authentisch.“
  • „Ich gestalte mein Leben aktiv.“
  • „No human is limited.“

Doch neue Glaubenssätze entstehen nicht durch bloßes Wiederholen, sondern durch Erleben. Damit ein Satz zu einem echten inneren Glauben wird, braucht er Emotion, Wiederholung und Beweise.

Ein praktischer Weg:

Visualisieren: Stellen Sie sich vor, wie Sie bereits nach diesem neuen Glaubenssatz handeln.
Formulieren: Sagen Sie ihn laut, schreiben Sie ihn auf, verwenden Sie ihn in Gesprächen.
Erleben: Suchen Sie gezielt kleine Situationen, in denen Sie ihn umsetzen können – und feiern Sie jeden Beweis dafür, dass er stimmt.

Je öfter Sie das tun, desto stärker verknüpft Ihr Gehirn die neue Überzeugung mit positiven Erfahrungen. So wird aus einem Satz eine Haltung – und aus einem Gedanken ein Motor für echte Höchstleistung.

Ihre persönliche 1:59-Challenge

Als ich damals im Zielbereich stand, dachte ich: Die Zwei-Stunden-Grenze war nie das Problem. Die Grenze existierte nur in unseren Köpfen, bis jemand sie überschritt. Vielleicht ist das im Business genauso. Die größten Hürden sind selten außen, sondern innen. Vielleicht ist genau jetzt der Moment, an dem Sie Ihre eigene 1:59-Challenge starten – nicht, um schneller zu rennen, sondern um größer zu denken.


Der Autor

Ronny Leber ist internationaler Moderator, Top Speaker und Experte für Begeisterung und Höchstleistung.
©Ronny Leber

Ronny Leber ist internationaler Moderator, Top Speaker und Experte für Begeisterung und Höchstleistung.

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