Frische Luft am Start

Covid-19
02.05.2021

Wintersteiger baut Maschinen und Anlagen, die Arbeitskleidung, Skier, Skischuhe und auch die Luft reinigen. Ein neues Luftentkeimungsgerät soll nun in geschlossenen Räumen Viren und Bakterien eliminieren und Masken unnötig machen

Auch für Weltmarktführer scheint nicht immer die Sonne. So war auch für die Maschinen- und Anlagengruppe Wintersteiger AG, Weltmarktführer aus Ried im Innkreis, 2020 wirtschaftlich gesehen kein Freudenjahr. CEO Florestan von Boxberg sagt: „2020 hat uns in der Tat gebeutelt.“ Der Gruppenumsatz sank von 182 Millionen Euro 2019 auf 133,8 Millionen im Corona-Jahr 2020. Drei der vier Geschäftsfelder erzielten ein negatives Ergebnis. Positiv entwickelte sich nur die Sparte Woodtech, in der Wintersteiger unter anderem Sägewerksmaschinen und Prozesslösungen für präzisen Holzdünnschnitt und Holzreparatur anbietet. Doch Wintersteiger hat eine starke Eigenkapitaldecke. Boxberg: „Wir haben keine Finanzierungsprobleme.“ Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit lag 2020 bei 6,1 Millionen Euro, das EBITDA bei plus 0,5 Millionen.

Der Bereich Seedmech, in dem sich alles um Feldversuchstechnik für die Saatzucht dreht, hat nur wenig eingebüßt, litt aber darunter, dass Saatzucht-Anstalten und universitäre Einrichtungen in der Pandemie ihre Arbeit eingestellt haben. Umsatzrückgänge gab es auch in der Metallsparte, wo Wintersteiger Maschinen und Anlagen im Bereich Richttechnik anbietet. Am meisten zu leiden hatte die wichtigste Sparte des 1953 gegründeten Unternehmens: Sports. Wintersteiger bietet vor allem Geräte für den Wintersport an, etwa Maschinen für den Service und Verleih von Skiern und Snowboards und Lager- und Trocknungssysteme für Skier und Skischuhe. Künftig soll das Sommersport-Portfolio vergrößert werden – derzeit bietet man hier etwa Fahrradservice-Maschinen an.

ERSTER AUFWÄRTSTREND CEO

Boxberg sagt: „2020 war für uns trotz des starken Umsatzrückgangs ein sehr starkes Lernjahr.“ Tätigkeiten wie Meetings und die Wartung von Anlagen und Maschinen wurden komplett digitalisiert. „Insofern war 2020, wenn man die wirtschaftliche Lage ausblendet, ein erfolgreiches Jahr.“ Außerdem nutzte die Gruppe, die mit einem Exportanteil von 90 Prozent sehr international ist, die Zeit, um Innovationen voranzutreiben und auf den Markt zu bringen. Wintersteiger beschäftigt rund 65 Ingenieure in der Entwicklung in Ried und 20 in den Tochter-Gesellschaften. Die F&EQuote liegt bei etwas unter zehn Prozent des Umsatzes. Daniel Steininger, General Manager der Division Sports & Hygiene, freut sich über die Entwicklung einer ganz neuen Maschinengeneration in seiner Sparte: „Wir haben die Zeit genutzt, um neue Produkte und Innovationen zu entwickeln.“ Es habe Diskussionen gegeben, ob man dies tun solle: „Wir waren mutig genug, und ich möchte mir nicht ausmalen, wie es uns jetzt ginge, hätten wir keine neuen Maschinen im Angebot.“ Seit Jänner geht es im Sports-Bereich wieder bergauf, in anderen Bereichen hat sich schon im Quartal davor eine Besserung gezeigt.

MIT PLASMA GEGEN VIREN

Zu Steiningers Bereich gehört auch die Hygiene, und hier macht Wintersteiger mit einem Luftentkeimungsgerät für Innenräume auf sich aufmerksam, das seit März in Österreich am Markt ist: Cubusan, ein Würfel mit je 19 Zentimeter Länge, Breite und Höhe, wird an der Wand oder Decke montiert oder auf den Tisch gestellt und mit Strom betrieben. Im Gegensatz zu üblichen Luftreinigungsgeräten saugt er die Luft nicht an, um sie zu reinigen, sondern gibt Hydroxyl-Radikale durch ein Gemisch aus kaltem atmosphärischem Plasma und Luft in den Raum ab. Diese umschließen und neutralisieren in der Luft wie auf Oberflächen Bakterien, Pilzsporen und Viren – angeblich zu 99,99 Prozent. Das Ganze basiert auf der STEREX-Plasmatechnologie, die zuvor schon in Hygieneschränken für Arbeitskleidung zur Reinigung und Geruchsbekämpfung zum Einsatz kam. Chemische Mittel sind nicht im Spiel: Ein Plasmagenerator, der mit Strom unter Spannung gesetzt wird, sorgt für die Bildung der Hydroxyl-Radikale, die auch natürlich in der Atmosphäre vorkommen und wegen ihrer reinigenden Wirkung als Waschmittel der Atmosphäre gelten. Steininger: „Das ist ein rein physikalischer Prozess, der nie zu Ende ist, da die Quelle immer wieder durch das Unter-Spannung-Setzen aktiviert wird.“

BEITRAG ZU GERINGEREN INFEKTIONSZAHLEN

Gedacht ist Cubusan für geschlossene Räume, in denen Menschen zusammentreffen: Besprechungsräume, Klassen- und Wartezimmer, Geschäfte, Restaurants oder Aufenthaltsräume in Alten- und Pflegeheimen etc. Steininger: „Wir sind überzeugt, dass wir dort mit dem Cubusan einen wichtigen Beitrag zu geringeren Infektionszahlen leisten können.“ Bereits eine Stunde vor Sitzungen oder Veranstaltungen muss der Cubusan aktiviert werden, damit sich genug Ionen im Raum verteilen. Dennoch sollten sich Menschen nicht dicht drängen: Pro Person sollten 3,5 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ein Würfel kostet rund 2.000 Euro und reicht für Räume mit bis zu 15 Personen – bei mehr kann der Raum mit weiteren Cubusans ausgestattet werden. Regelmäßiges Lüften ist dennoch nötig, weil der Würfel Sauerstoff benötigt. Auf Masken könne man aber verzichten – in Sitzungen bei Wintersteiger trage man wegen Cubusan keine mehr. Bis Ende April produzierte Wintersteiger 5.000 Stück, danach wird sukzessive auf 10.000 bis 15.000 Geräte pro Monat aufgestockt.

VERTRAUENSBILDUNG ANGESAGT

Bei öffentlichen Stellen stieß Wintersteiger bisher auf taube Ohren: Seit Jänner habe man unzählige Anläufe auf landes- und bundespolitischer Ebene gestartet, um die Technologie vorzustellen. Auch den Arbeitskreis Innenraumluft im Umweltministerium habe man mehrfach vergeblich kontaktiert. Plasma-Luftreinigungsgeräte sind bereits am Markt, und der Arbeitskreis empfiehlt sie nicht, vor allem, weil ihre Auswirkungen noch nicht genug erforscht seien. Daniel Steininger entgegnet, es gebe „nach ausreichender Recherche keine einzige nachweisliche Quelle, welche eine schädliche Wirkung von Hydroxyl-Radikalen auf Menschen bestätigt“. Es ärgert ihn, dass Cubusan mit anderen Geräten in einen Topf geworfen wird, denn die Kritik des Arbeitskreises beziehe sich auf Plasmaröhren, doch die STEREX-Technologie verwende eine neu entwickelte Plasmaquelle, die die Emittierung von Ozon und Stickoxiden verhindere: „Wir haben sämtliche wissenschaftliche Unterlagen und Dokumente, welche die Wirksamkeit, Sicherheit und Unbedenklichkeit bestätigen. Wir fordern den Arbeitskreis auf, unsere Unterlagen zu studieren und zu hinterfragen und sich mit dieser Thematik zu beschäftigen, anstatt Ferndiagnosen von Technologien zu machen, die sie nicht kennen.“ Es sei völlig unverständlich, warum die Politik Produkte verhindere, die „sofort verfügbar sind, in Österreich produziert werden und wissenschaftlich nachgewiesen die Infektionsgefahr in Innenräumen wesentlich besser reduzieren als eine Maske“. Jetzt ist also Vertrauensbildung angesagt.