Klare Worte zum Thema

Wie grüne Markenführung gelingt

Markenauftritt
28.03.2023

Der Druck, nachhaltig zu agieren, wächst. Bei der Kommunikation entsprechender Ambitionen ist allerdings Fingerspitzengefühl gefordert. Rasch wird Unternehmen Greenwashing vorgeworfen. Warum sie den Diskurs trotzdem nicht scheuen dürfen und wie sie Vertrauen schaffen, analysiert Günter Thumser, Geschäftsführer des Markenartikelverbands.
Wie grüne Markenführung gelingt - Günter Thumser

Was starke Marken ausmacht
Marken sind Sammlungen von Eigenschaften, die einem Unternehmen, einem Produkt oder einer Dienstleistung zu eigen sind. Es handelt sich stets um ein ganzes Bündel an Eigenschaften, das ein Image kreiert. Dieses gilt es immer wieder zu erneuern und mit aktuellen Impulsen zu versehen, um begehrenswert zu bleiben. Allerdings müssen Marken auch für etwas stehen, das dauerhaft Bedeutung hat. Die Marke sollte ein permanenter Wegweiser und damit eine Entlastung für den Kunden sein.

Wie sich Marken transformieren
Das Gestalten in die Zukunft ist ein wesentlicher Bestandteil der Markenführung. Um zu funktionieren, muss eine Marke immer auf der Höhe der Zeit sein und gesellschaftlichen Ansprüchen entsprechen können. Das gelingt, indem sie die Bedürfnisse der Konsumenten aus der Zukunft in die Gegenwart holt und entsprechende Lösungen anbietet. Dafür muss der Konsument mit seinen Bedürfnissen kompromisslos ins Zentrum rücken. Doch es gibt nur mehr den fraktalen Konsumenten, dessen Bedürfnisse einmal so und einmal so sein können. Dafür war es aber auch noch nie so einfach, den Kunden nahe zu kommen. Durch das Internet und Social Media ist die Unmittelbarkeit der Interaktion gewachsen.

Welche Rolle Werte spielen
Marken stehen häufig für die Werte ihrer Hersteller, die sich zu ihrem Produkt und ihrer Leistung bekennen. Eine Herstellermarke ist nicht nur hergestellt für jemanden, sondern auch hergestellt von jemandem. Wer in diesem Zusammenhang bereit ist, etwa seine Lieferkette nachvollziehbar zu gestalten, sorgt für Transparenz und Vertrauen. Bei Lebensmitteln ist das bereits ein großes Thema. Denn die Erwartungen von Konsumentinnen an Marken haben sich gewandelt. Immer mehr Menschen wünschen sich, dass starke Marken die Welt zum Besseren verändern. Wer entsprechende Ziele formuliert, gerät allerdings auch schnell in die Kritik Greenwashing zu betreiben.

Wo Greenwashing anfängt
Flugtickets als Co2-neutral zu bewerben, ist sicher Greenwashing – selbst wenn die Emissionen kompensiert werden. Auch wenn auf dem Tank eines LKW-Sattelschleppers steht: „Wir fahren co2-neutral“, halte ich das für überzogen und der Sache nicht dienlich.

Wie Unternehmen Anfeindungen begegnen
Ein gewisses Maß an Nichtaufgeregtheit ist in der hyperschnellen und hyperventilierenden Diskussionsunkultur sicher hilfreich. Ich kann nur dringend empfehlen, nicht auch auf jedes kritische Posting gleich zu reagieren, sondern lieber einmal drüber zu schlafen.

Wie Marken glaubwürdig kommunizieren
Konflikte sind unvermeidlich. Unternehmen müssen sich heute schwierigen Diskussionen stellen. Wer Lernbereitschaft und Offenheit mitbringt, ist klar im Vorteil. Wie weit man seine Interna offenlegt, ist eine Frage der unternehmerischen Prinzipien. Es gibt natürlich Grenzen, etwa wenn es um Patente oder Rezepturen geht. Kunden Einblicke in den Produktionsprozess und zu Lieferanten zu geben, ergibt aber im Rahmen des Möglichen, absolut Sinn. Allerdings ergeben sich daraus enorme Zusatzkosten. Hier kommen die Konsumenten ins Spiel, die zwar viel fordern, aber den Aufwand meistens nicht honorieren wollen. Konsumenten müssten auch bereit sein, einen fairen Preis zu zahlen, wenn ihre Anforderungen steigen.

Mit welchen Herausforderungen Marken aktuell konfrontiert sind
Intensive Reibungspunkte entstehen gerade aufgrund des Lieferkettengesetzes. Aus Sicht der Hersteller und aus wirtschaftlicher Sicht ist es hoch-problematisch, wenn Verantwortlichkeiten von Regierungen und Behörden, die tausende Kilometer entfernt sind, an heimische Unternehmen delegiert werden. Sie sollen jetzt beispielweise haftbar gemacht werden, wenn Rohstoffe, die sie verarbeiten, im Ursprungsland unter widrigen Umständen hergestellt werden. Im Lebensmittelbereich betrifft das vielfach kleinere Unternehmen, die nur wenige Möglichkeiten haben, den Produktionsprozess ihrer Rohmaterialen umfassend zu durchleuchten. Dabei geht es um Probleme wie Kinderarbeit und Umweltschäden. Hier heimische Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, ist sicher überschießend. Der Aufwand für KMU und Konzerne ist enorm. Hier werden von gewissen Gruppierungen in der westlichen Wohlstandsgesellschaft Forderungen gestellt, die oftmals über das eigentliche Ziel hinausgehen.

Welche Folgen das Lieferkettengesetz hat
Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht. Die Konsequenz ist, dass viele Unternehmen wieder vorwiegend auf sehr große Produzenten zurückgreifen werden, weil nur sie ihre Unbedenklichkeit mit Brief und Siegel garantieren können. Der einzelne, kleine Bauer oder Landwirt nicht. Kleine Betriebe, die man aus der Ferne schützen wollen würde, werden nun wieder in große Einheiten gezwungen. Die von manchen NGO getriebenen Anliegen drehen sich also im Endeffekt um. Hier fehlt leider das gesunde Augenmaß.

Wie Marken Vertrauen schaffen
Marken müssen eine Vertrauensdimension bei der Interaktion mit Konsumenten und Gesellschaft herstellen. Dafür müssen sie Verantwortung gegenüber der Gesellschaft übernehmen, in der sie arbeiten und produzieren. Wesentlich sind dabei die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, die Unternehmen seit jeher als Leitlinien dienen sollten: Ökonomie, Ökologie, Gesellschaft. Unternehmen müssen heute einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Anforderungen leisten. 

Wie Angst vor Fehlern das Marketing beeinflusst
Um bei möglichst niemandem anzuecken, lassen viele Unternehmen ein gewisses Maß an Profil, Geradlinigkeit und Eindeutigkeit vermissen - im Vergleich zu früher. Es entsteht der Eindruck, dass jedes Wort dreimal überdacht wird. Das entspricht zwar einer verantwortungsvollen Kommunikation. Aber so, wie es heute gelebt wird, ist es hinderlich, weil es zu unklarer Kommunikation führt. Auch das Risiko von Beliebigkeit und Willfährigkeit ist gestiegen. Darunter leidet die Diskursfähigkeit. Nur im Diskurs haben wir die Chance uns weiter zu entwickeln und bessere Lösungen zu suchen.