Nach Corona: Raus aus alten Mustern

Personal
10.11.2020

Die Experten für Employee Performance Culture der Nein GmbH haben zwischen April und Mai 2020 bei 27 österreichischen Großunternehmen aus verschiedenen Branchen gefragt, wie sie mit der Krise umgehen und aus den Ergebnissen eine Studie gemacht. Als erfolgsentscheidend hat sich ganz besonders die Kultur entpuppt. Nein-Geschäftsführer Paul Scheipl erklärt, warum die Rolle der Mitarbeiter gar nicht hoch genug bewertet werden kann und warum man bloß nicht in alte Muster zurückfallen darf.

Unsere spannendste Erkenntnis aus den Gesprächen mit den Personalverantwortlichen war, was für einen enormen Hebel die Mitarbeiter im Unternehmen haben. Sie können Betrieben genauso einen Schub verleihen wie es in den vergangenen Jahren Qualitätssteigerungen, Prozessoptimierungen und auch Digitalisierungsmaßnahmen getan haben. Seltsam ist: Obwohl bei den Mitarbeitern so ein enormes Potenzial liegt, wurden sie bislang beinahe links liegen gelassen. Dabei sind sie der Schlüssel zu Innovation, Performance, Agilität und Resistenz. Durch echtes Employee Engagement meistert ein Unternehmen jede Veränderung. Auch ohne Pandemie.

Was Mitarbeiter brauchen  

Der Schlüssel, um die Kraft der Mitarbeiter zu entfesseln, liegt in der Kultur. Sie muss passen und auf die Strategie abgestimmt sein. Wir haben Purpose, Transparenz, Dynamik, Vertrauen und Reflexion in unserer Studie als die wichtigsten Bestandteile einer agilen Unternehmenskultur identifiziert. Diese fünf Elemente stärken die Krisenresistenz und fördern die Veränderungsfähigkeit. Sie sind maßgeblich für effizientes Employee Engagement. Darin liegt auch der Grund, warum in der Krise manche Mitarbeiter erst recht 120% geben und gewisse Unternehmen erhöhte Produktivität und niedrigste Krankenstandsquoten verzeichnen und gleichzeitig neue Produkte und Innovationen entwickelt werden.

Culture to go?

Besonders jetzt zeigt sich: In der Krise profitieren Firmen von den Investitionen, die sie lange davor in die Mitarbeiter und die Kultur getätigt haben. Wenn auf einmal alle im Homeoffice sind und die alten Kontrollsysteme obsolet sind, braucht es eine echte emotionale Basis. Tiefgreifende Kulturveränderungen benötigen allerdings gut und gerne zehn Jahre. Da muss man schon rechtzeitig anfangen.

Welche Rolle Führungskräfte spielen

Wenn die Werte, die sie kommunizieren, nicht von ganz oben gelebt werden, haben Manager wenige Chancen. Sie benötigen also den Rückhalt der Geschäftsführung und sie brauchen Freiräume. Für jeden der kulturellen Faktoren gibt es Gegenspieler. Transparenz wird etwa von Machtkonzentration verhindert. Zu viel Kontrolle zerstört wiederum Vertrauen. Deswegen ist es wichtig, den Führungskräften zu geben, was sie brauchen: Vertrauen und Freiraum. Damit sie es weitergeben können! Auch das Setting muss dazu passen, also die Strukturen und Prozesse.

Zwischen Überleben und experimentieren

Natürlich haben sich viele Betriebe auf ihre Liquidität konzentriert. Wer sich darüber hinaus aber nichts überlegt hat, und nur auf der Bremse gestanden ist, hat eine Chance vertan. Wenn man ein Unternehmen weit runtergefahren hat, muss man es auch weit wieder rauffahren, um den Anschluss zu schaffen. Das werden vielleicht manche nicht schaffen. Man merkt, dass jene, die ihr Modell umdrehen auch langfristig davon profitieren werden, weil sie präsent am Markt waren.

Gegen besseres Wissen

Obwohl Unternehmen besser fahren, wenn sie auf die Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter setzen, hat man in vielen Betrieben auf den Gegentrend gesetzt und sehr autoritär gehandelt. Bei den Best Practices sieht man aber, dass die nie top down gesteuert waren. Die beste Lösung ist immer alle zu involvieren. Sich zur Kurzarbeit zu entscheiden ist nicht einfach. Wenn das die Geschäftsführung verordnet, ist es negativ konnotiert. Wird die Belegschaft aber über die Optionen informiert und vorab befragt und ins Boot geholt, wird man gemeinsam zu einer Lösung kommen, die von allen getragen wird. Die zentrale Erkenntnis lautet: Nach der Pandemie sollten wir auf keinen Fall zurück zu alten Modellen gehen.

Kollektiv schlägt Management

Denn wir sind jetzt in einer Phase angekommen, in der die Menschen mit ihrer kollektiven Intelligenz und ihrer Partizipation erfolgsentscheidend sind. Früher konnten Unternehmen einen Plan ausarbeiten und ihn dann ausrollen. Dafür war in der Pandemie einfach keine Zeit. Weil Homeoffice auf einmal klappen musste, haben sich verschiedene Abteilungen parallel Gedanken gemacht. Durch ihre kollektive Intelligenz kam man schneller zu Ergebnissen. In vielen Unternehmen, die den Lockdown gut bewältigt haben, wurde nur das Ziel kommuniziert – nicht der Weg hin. Die Mitarbeiter haben daraufhin unzählige Lösungen entwickelt, die dann verglichen werden konnten. Dafür muss man Eigenverantwortung fördern, klar kommunizieren, was wichtig ist und alle involvieren und ermächtigen.

Auf diese Weise entsteht eine Kultur, in der alle an einem übergeordneten Ziel arbeiten können - mit Freude, Motivation, Selbstverständlichkeit und Engagement. Eine Kultur, die Unternehmen nicht nur performanter sondern auch krisenresistenter machen.

Zur gesamten Studie