Dejan Stojanovic

Aus Fehlern lernen

Management
11.08.2021

Dejan Stojanovic ist Organisator der sogenannten Fuckup Nights, bei denen sich Unternehmer und Unternehmen offen über Misserfolge austauschen. Warum wir noch weit davon entfernt sind wirklich konstruktiv mit dem Scheitern umzugehen, erklärt der Gründer des The Failure Institute im Kurzinterview.

Aufgrund der Corona-Krise wurden viele Unternehmen dazu gezwungen sehr rasch Entscheidungen zu treffen und ihre Arbeitsweisen komplett zu verändern. Lange über Gründe nachzudenken, warum man lieber nichts Neues ausprobieren sollte, war zeitlich nicht möglich. Entsprechend rasch wurden Dinge umgesetzt, Fehler gemacht und Prozesse optimiert. Zu einem nachhaltigen Umdenken in puncto Fehlerkultur hat die Pandemie aber noch nicht geführt. Denn wenn sich wirklich etwas ändern soll, ist ein Wandel im Bewusstsein des gesamten Unternehmens, ja der gesamten Gesellschaft, nötig. Doch nach wie vor stecken unglaublich viele Menschen in einem Mindset fest, das darauf fokussiert, was alles gar nicht gehen kann. Darum fallen nun auch so viele Betriebe wieder in ihre alten Muster zurück. Von einer echten Mut-Kultur, die Fehler offen anspricht, sie teilt und aus ihnen lernt, sind wie also noch sehr weit entfernt. Leider!

Warum es ohne massive Veränderungen nicht mehr geht

Man kann unternehmerisch nicht nachhaltig überleben, in dem man einfach weiterhin das tut, was man bereits tut und es nur hier und da verbessert. In unserer schnelllebigen, digitalen und globalen Welt, reichen Optimierungen nicht mehr aus. Jedes Unternehmen muss sich auch fragen: Was möchte ich erreichen, das aktuell unmöglich erscheint? Wie können wir das schaffen? Wie können wir unser eigenes Modell attackieren und eventuell transformieren? Man muss bereit sein, etwas Gutes zu opfern, um etwas Besseres schaffen. Dafür dürfen wir nicht stehen bleiben. Eine ruhige Kugel zu schieben und alles schlecht zu reden, ist nicht mehr möglich. 

Wie es um die Failure Culture in Österreich steht

Das Bewusstsein für eine positive Fehlerkultur wächst langsam aber stetig. Immer mehr Unternehmen begreifen, wie wichtig eine konstruktive Herangehensweise an das Thema Scheitern ist. Und immer mehr rollen auch intern entsprechende Prozesse aus und machen Experimente. Dabei spielt immer der Kopf des Unternehmens eine zentrale Rolle. Ohne Commitment von ganz Oben geht es nicht. Die Belegschaft braucht Führungskräfte, die das Thema im Alltag vorleben und ihnen die Scheu vor Fehlern nehmen. Wo wir leider noch lange nicht sind, ist bei einer Implementierung des Themas in die Kultur unserer Gesellschaft.

Wie sich Fehler positiv aufladen lassen

Einmal in einem Meeting interne Fuckups zu präsentieren und zu erwarten, dass sich dann die Kultur verändert, ist unrealistisch. Doch wenn sich nach so einem Eisbrecher auch die Governance verändert, kann etwas in Gang kommen. Es kann zum Beispiel viel bewirken, wenn die Zielerreichung von Mitarbeitern daran gebunden wird, dass sie neue Dinge ausprobieren und präsentieren, was sie daraus gelernt haben. Um es deutlich zu sagen: Fehlerkultur braucht Rahmenbedingungen! Nur so macht man aus Angestellten Intrepreneure. Denn das Wissen hat im Unternehmen nicht das Management, sondern die Mitarbeiter. Wer das nicht versteht, wird gegen die Wand fahren.

Warum es so schwer fällt, aus Fehlern zu lernen

Menschen können aus Fehlern extrem viel lernen. Leicht fällt es ihnen aber nur, wenn es ihre eigenen Fehler sind. Denn die eigenen Fehler kann man erklären und hat entsprechend viel Verständnis dafür. Handelt es sich aber um Fehler von anderen, werden sie häufig reflexartig auf die vermeintliche Dummheit der Menschen zurückgeführt. Diese Reaktion ist zutiefst menschlich, aber beim Wissenserwerb ein gewaltiges Handicap. In den Unternehmen sind es vor allem fehlendes Bewusstsein und Rahmenbedingungen, die als Hemmschuh wirken. Denn bisher wurden Fehler stets lieber unter den Tisch gekehrt oder stigmatisiert. Nur wenige Führungskräfte haben eine entsprechende Offenheit vorgelebt. Die Herausforderung liegt nun darin, menschlich über diese Vorurteile hinaus zu wachsen und Fehler nicht zu verurteilen.

Wie sich die Kultur verändern könnte

Das Management muss sich überlegen, was es tun kann, damit sich die Angestellten dabei wohl fühlen, über Fehler zu sprechen und Neues zu probieren. Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass die Angst vor Scheitern nicht intrinsisch ist. Sie basiert vielmehr auf den Reaktionen des Umfeldes. An dieser Stelle können wir uns alle bei der Nase nehmen und überlegen, wie wir reagieren, wenn etwas schief geht. Menschen, die Scheitern, sollten nicht mehr als Loser wahrgenommen werden. Dafür wäre es wichtig, dass die Österreicher ihre Unternehmen höher zu schätzen lernen. Fürs Probieren, fürs Nicht-Aufgeben, fürs Arbeitsplätze schaffen. Der größte Hebel zu einer offenen Fehlerkultur liegt also in der gesamten Zivilgesellschaft.

Event-Tipp: Fuckup Nights goes Mondän

SAVE THE DATE: 30. SEPTEMBER 2021
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