Metawas?

Internet
08.06.2022

Tech-Konzerne wie Facebook und Microsoft beschwören das Metaverse als Next Big Thing. Noch ist es nicht so weit, doch Unternehmen tun gut daran, die Entwicklung im Auge zu behalten. Ein Überblick.
Metaverse VR Typ

Das Metaverse soll nicht weniger als eine grundlegende Weiterentwicklung des Internets werden. In Form einer Verschmelzung von realer und virtueller Welt, die wir mittels spezieller Geräte hautnah und unglaublich realistisch erleben können. Ideen dazu geistern schon seit langem durch die Science Fiction. Virtual Reality Anwendungen und auch virtuelle Welten wie die Multi-User Umgebungen von Second Life oder World of Warcraft, in denen man mit anderen Usern durch Avatare interagieren kann, werden schon seit Jahrzehnten erforscht, weiterentwickelt und vor allem genutzt. Die Vision vom Metaversum will nun aber noch einen Schritt weiter gehen und ein Universum schaffen, das all diese virtuelle Welten zu einem großen Ganzen verbindet, erklärt die renommierte Gaming-Expertin Prof. Johanna Pirker.

Welches Potenzial in der Entwicklung steckt
Einen echten Boost hat die Entwicklung vor allem durch den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg erhalten, der sogar den Namen seiner Plattform medienwirksam in Meta geändert hat, um seinen Ambitionen Ausdruck zu verleihen. Doch es sind nicht nur symbolische Gesten, es sind vor allem enorme Investitionen, die das Konzept auf ein nächstes Level heben sollen. Milliarden Dollar fließen in die Entwicklung virtueller Umgebungen, Anwendungen und Devices, um das digitale Universum attraktiv zu gestalten. Der Marktwert des Metaverse soll bis 2024 auf 708 Milliarden Euro stiegen. Die Investmentfirma Grayscale geht sogar davon aus, dass ein Jahresumsatz von knapp 885 Milliarden Euro möglich sein wird. Emergen Research schätzt, dass der Markt für Virtual-Reality- und Meta-Universum-Technologien im Durchschnitt um mehr als 40 % pro Jahr wachsen wird. Szenarien, die durchaus wahr werden könnten. Tummeln sich doch bereits Millionen Menschen in dem virtuellen Universum – und es werden täglich mehr. Grund genug, um auch als KMU an der Entwicklung dran zu bleiben. Allzu lange sollte man sich allerdings nicht Zeit lassen. „Es ist wichtig zu verstehen, dass das Metaverse nicht erst irgendwann kommt. Es existiert bereits“, betont der Digitalisierungsberater Hannes Kirchbaumer. Und im  Metaverse werden bereits Millionenumsätze gemacht. Die Frage sei nun lediglich, was sich noch alles entwickeln wird und wie schnell es geht. Werden wir in drei Jahren vielleicht alle Meetings im Metaversum abhalten, darin Sport machen, uns verlieben, reisen und virtuelle Häuser bewohnen, mit virtuellen Autos fahren und virtuelle Tiere füttern? Werden wir rund um die Uhr online sein und uns wie im Film „Ready Player One“ digital völlig neu erfinden können?

Johanna Pirker
„Ich sehe viele Möglichkeiten in virtuellen Welten, um Arbeitsprozesse oder Lernprozesse zu optimieren, da wir eine zusätzliche räumliche Komponente verwenden können“, meint die Gaming-Expertin Prof. Johanne Pirker.

Von der ganz großen Vision einer durchgängigen virtuellen Welt sind wir laut Prof. Johanna Pirker noch weit weg. Doch gerade jetzt sei ein sehr guter Zeitpunkt, um sich des Potentials von Virtual Reality, Virtueller Welten oder Augmented Reality bewusst zu werden. Sei es fürs Lernen, fürs gemeinsame Arbeiten, oder für Spaß und Erholung.
Wie groß das Potenzial ist, zeigt sich aktuell vor allem daran, dass nicht nur Facebook am Metaversum arbeitet. Auch viele andere Konzerne wie Microsoft wollen digitale Räume auch für die Zusammenarbeit vermehrt nutzen und investieren entsprechend. So hat Microsoft vor kurzem verkündet, dass sie den Spieleriesen Activision/Blizzard - die Macher der virtuellen Spielewelt World of Warcraft - für die Rekordsumme von fast 70 Milliarden USD kaufen möchten. Laut Pirker geht es bei der Akquise darum, das Know-How zu erwerben, wie tausende Benutzer gemeinsam in virtuellen Welten interagieren können.

Speerspitze Gaming
Bislang sind es nämlich vor allem E-Sports und Online-Gaming-Fans, die der Entwicklung enormen Zulauf verschaffen. Rund um Spiele wie Grand Theft Auto und Fortnite sind virtuelle Welten entstanden, in denen sich unzählige Menschen bewegen, interagieren und auch Geld ausgeben, erklärt Kirchbaumer. Die User können beispielsweise verschiedenste virtuelle Zusatz-Items kaufen. Ein Geschäftsmodell, dass Unternehmen im Metaverse hohe Umsätze sichert. Die Logik, auf die nun mehr und mehr Unternehmen setzen: Wo Menschen Zeit verbringen, dort konsumieren sie auch. Digitale Assets gewinnen in einer virtuellen zusätzlich an Wert. Virtuelle Kunstwerke (NFTs), virtuelle Grundstücke, virtuelle Zäune und virtuelle Luxusgüter wechseln bereits für enorme Summen die Besitzer. Und die Blockchain sowie Kryptowährungen bilden eine leistungsfähige Basis für die Transaktionen. Egal, ob User mit VR-Brillen, über eine App oder mit dem Computer ins Metaversum gehen: Den Gestaltungsmöglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt. Und damit auch nicht den Begehrlichkeiten der User. Wer in der realen Welt gerne schick angezogen ist, spendiert auch seinem Avatar ein Markenoutfit, wie Luxusmarken bereits im Metaverse feststellen konnten.

Businessanwendungen im Aufwind
Nun mag sich mancher fragen, welchen Reiz das Metaverse für all jene hat, die weder mit Gaming, noch mit Social Media etwas am Hut haben. Auch für Otto-Normalverbrauchen und vor allem für den Businessalltag stehen spannende Anwendungen bereit. Gemeinsam arbeiten oder Arbeitsprozesse digital darstellen: Im Metaverse dürfte sich das laut Prof. Pirker schon bald technisch auf einem wesentlich höheren Level umsetzen lassen. „Ich sehe viele Möglichkeiten in virtuellen Welten, um Arbeitsprozesse oder Lernprozesse zu optimieren, da wir eine zusätzliche räumliche Komponente verwenden können. Virtuelle Welten eignen sich auch hervorragend für Interaktionen mit anderen, während Virtual Reality uns mittels VR-Brillen erlaubt in digitale Welten komplett einzutauchen“, erklärt die Expertin. Spannend dabei: User können auch Dinge tun und erleben, die sonst nicht möglich, zu teuer oder zu gefährlich wären. Und das mit dem Gefühl der Immersion: Dem Eindruck, dass man wirklich Teil dieser Erfahrung ist.   

Hannes Kirchbaumer
„Es ist wichtig zu verstehen, dass das Metaverse nicht erst irgendwann kommt. Es existiert bereits“, betont der Digitalisierungsberater Hannes Kirchbaumer. 

Meetings im Metaverse
Konkret bietet das Metaverse, das Facebook anbietet, für Unternehmen bereits eigene Meeting-Räume an, in die man sich mittels VR-Brillen begeben kann. „Wer es ausprobiert, wird rasch merken, dass es wesentlich cooler als ein Standardmeeting ist“, meint Kirchbaumer. Die Basis ist also vorhanden. Spannend wird nun die Frage, wann Geräte da sein werden, die alle Ansprüche in sich vereinen und wirklich praktikabel sind. Denn stundenlang eine klobige VR-Brille zu tragen, wird nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Damit das Metaverse seinen Nutzern eine reibungslose Verschmelzung der physischen und der virtuellen Welt ermöglichen kann, müssen Technologieunternehmen noch intensiv an Zubehör arbeiten, welches das Erlebnis auf die nächste Stufe hebt. Zu den aktuellen Akteuren gehören Meta und sein Oculus Quest, Sony und seine PlayStation VR sowie HP und sein Reverb. Um das Erlebnis komfortabler zu gestalten und vor allem um die Verschmelzung von Realität und virtueller Welt zu erleichtern, arbeiten aber auch Firmen wie Rayban bereits intensiv an Brillen mit, die sich optisch kaum von den gewohnten Modellen unterscheiden und dennoch die gesamte Technik enthalten, die es braucht.  Was die weitere Entwicklung von leistungsfähigen Netzwerken und Infrastrukturen, Mikrochips, VR-Brillen und Headsets anbelangt, darf man wohl getrost von einer rasanten Geschwindigkeit ausgehen. Man erinnere sich nur an die Entwicklungsschritte der Mobiltelefonie. Es könnte also wieder einmal schneller gehen, als mancher meint. „Unternehmen sollten jetzt neugierig sein, etwas ausprobieren, und sich anschauen, was andere bereits tun“, rät darum Hannes Kirchbaumer. Dabei muss aber klar sein, dass es immer wieder Auf- und Ab-Bewegungen geben wird. Man denke beispielsweise an den Hype um die digitalen Kunstwerke Nfts. Solche Verwerfungen seien laut Kirchbaumer ganz normal. Doch die Grundidee, dass man als Person online existiert, hat sich seit dem Siegeszug von Social Media durchgesetzt. „Ich würde allen raten, sich rasch mit dem Metaverse zu beschäftigen. Der beste Tag zum Starten ist immer heute.“

Lieber heute als morgen
Zum Ausprobieren rät auch Prof. Pirker: „Aktuell ist es sehr wichtig, dass Unternehmen sich trauen, die bereits existierenden Tools und Technologien auszuprobieren. Es gibt bereits viele Tools, die den digitalen Alltag erleichtern können - wie beispielsweise Gather Town, welches auch wir in unserem Labor als Bürosatz verwendet haben.“ User können in der Lösung ein virtuelles Büro einrichten und gemeinsame Meetings abhalten. Auch Virtual Reality Lösungen bieten bereits diverse Anwendeungen für viele Branchen. Das inkludiert beispielsweise realistische Mitarbeiterschulungen, Remote Support, gemeinsames Designen, oder auch ein virtueller Schauraum für das Autohaus. „Es wäre nur wichtig, die Technologien im Unternehmen früh auszuprobieren und Use Cases für sich selbst zu entdecken“, meint Pirker. Vor hohen Kosten müssen sich Unternehmen jedenfalls nicht fürchten. Ab 349 Euro sind All-in-One VR-Systeme zu haben.