ESG

ESG bleibt für Unternehmen eine Herausforderung

Impact Investing
19.11.2024

Unternehmen haben die strategische Bedeutung von ESG Kriterien (Environment, Social, Governance) mittlerweile erkannt, aber nur jeder Dreizehnte Betrieb sieht sich dafür auch optimal aufgestellt.
Grünes Sparschwein zwischen zwei Pinken

Für Unternehmen ist die Erfüllung von Nachhaltigkeitsanforderungen eine der drängendsten Herausforderungen – nur übertroffen von der aktuellen Sorge um Inflation und steigende Preise. Dennoch sind mehr als 40 Prozent der Unternehmen der Meinung, dass sie beim Thema ESG (Environment, Social, Governance) noch nicht gut abschneiden; nur jedes dreizehnte Unternehmen (7,6%) hält seine diesbezügliche Aufstellung für „exzellent“. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Roland Berger, für die die Autoren Führungskräfte und Mitarbeiter*innen in 158 Unternehmen weltweit zur Umsetzung der gesetzlichen ESG-Anforderungen befragt haben. Die Studie beleuchtet auch, was die Vorreiter von den Nachzüglern bei diesem Thema unterscheidet: Zentral sind demnach entsprechend ausgerichtete Strukturen, informierte und engagierte Führungskräfte, fortschrittliche Technologien und eine Kultur, die die ESG-Prinzipien anerkennt und lebt.

Nachhaltigkeit als Pflicht und strategische Herausforderung

„Über 70 Prozent der europäischen Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) umzusetzen“, erklärt Gundula Pally, Managing Partner Roland Berger Österreich. „Auch Unternehmen, die nicht von dieser Regulierung erfasst sind, sollten sich umfassend damit beschäftigen. Etwa weil sie als Zulieferer betroffen sind. Nachhaltigkeit gewinnt dadurch für alle Führungskräfte an strategischer Relevanz.“ Die Einhaltung der ESG-Anforderungen und -Standards nennen daher 23 Prozent der Befragten als größte Herausforderung für die nächsten drei bis fünf Jahre, nur knapp getoppt vom aktuell bedeutsamsten Thema „Management von Inflation und Preissteigerungen“ mit 25 Prozent der Nennungen. Mit Abstand folgen „Digitalisierung“ (19%) und „geopolitische Risiken“ (16%).

Die Bedeutung des Themas ist also erkannt, dennoch sehen nur 7,6 Prozent der Befragten sich „exzellent“ dafür gerüstet, während 40 Prozent die Performance ihres Unternehmens beim Umgang mit den ESG-Anforderungen als „mäßig“ oder „schlecht“ einstufen. „Viele Unternehmen stehen beim Thema ESG vor erheblichen organisatorischen Herausforderungen“, berichtet Pally. „Häufig besteht bei Unternehmen noch Potenzial, klare Zuständigkeiten zu definieren und das Engagement der Führungsebene zu stärken.“ Erschwerend wirkt sich aus, wenn es kein ausdrücklich zugewiesenes Budget für ESG-Aktivitäten gibt und maßgeschneiderte Schulungsprogramme fehlen, in denen die Mitarbeiter*innen die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben können.

ESG ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern strategischer Vorteil

Immerhin ergibt die Umfrage der Roland Berger-Experten, dass die zentrale Verantwortung für ESG in fast der Hälfte der Unternehmen (48%) auf Vorstandsebene verortet ist; zudem berichten 50 Prozent der ESG-Manager*innen direkt an die*den CEO, weitere rund 15 Prozent an die*den CFO oder die*den COO. „Der Trend zu einem zentralisierten und auf oberer Entscheiderebene verankerten ESG-Management zeigt, dass Unternehmen Nachhaltigkeitsziele als strategische Priorität betrachten“, sagt Pally. „Sie tun dies nicht nur aus gesetzlicher Verpflichtung, sondern weil sie konkrete Vorteile für Kund*innenenbeziehungen und ihre Marktposition erkennen.“

Was zeichnet nun die 7,6 Prozent der befragten Unternehmen aus, die sich selbst als Vorreiter beim Thema ESG sehen? Zum einen haben sie deutlich häufiger (89% im Vergleich zu 76% der „Nachzügler“) eine spezielle Organisationseinheit, die sich mit ESG-Angelegenheiten befasst. Dieser Ansatz deutet auf eine proaktive Herangehensweise hin und auf eine Verankerung von ESG-Themen in der Unternehmens-DNA. Zudem liegt bei ihnen die ESG-Verantwortung häufiger (59% vs. 38%) auf Vorstandsebene, und ESG-Manager*innen berichten häufiger (54% vs. 45%) direkt an den CEO – beides ebenfalls ein Beleg für die hohe strategische Priorität, die diese Unternehmen dem Thema einräumen. Ähnlich beim Budget für einschlägige Aktivitäten, das 84 Prozent der Vorreiter haben, aber nur 61 Prozent der anderen Unternehmen. Zu guter Letzt führen die meisten von ihnen (87%) spezielle Schulungen ihrer Mitarbeiter*innen zu ESG-Themen durch und schärfen so das Bewusstsein und das Verständnis dafür in der gesamten Organisation – bei den übrigen Unternehmen tun dies nur 56 Prozent.

„Ein Blick auf die ‚Best-in-Class-Unternehmen‘ zeigt, dass sie einen entscheidenden Schritt vollzogen haben: Von der reaktiven Erfüllung gesetzlicher Vorgaben hin zur proaktiven Nutzung des Mehrwerts von Nachhaltigkeit. ESG ist für solche Unternehmen zu einem Eckpfeiler ihrer Identität und einem unverzichtbaren Bestandteil operativer Exzellenz geworden“, so Pally. Diese systematische und proaktive Herangehensweise empfehlen die Roland Berger-Expert*innen allen Unternehmen, die sich bisher noch nicht richtig aufgestellt sehen. „Verzögern ist keine Option. ESG ist keine Pflicht, die man einfach aussitzen kann, sondern eine große Chance, das eigene Geschäftsmodell zu verbessern und langfristig zu stärken. Gleichzeitig leisten Unternehmen dadurch einen wertvollen Beitrag für die Zukunft unseres Planeten“, unterstreicht Pally.