Doppelte Dividende

CSR; Nachhaltigkeit
27.03.2023

Nachhaltige Geldanlagen liegen trotz Krisen weiter im Trend. Mehr Transparenz und einheitlichere Kriterien sollen nun Greenwashing unterbinden.
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Nachhaltigkeit ist aus der Veranlagung nicht mehr wegzudenken. Doch immer öfter scheint ein Schatten auf grüne Investments zu fallen. In einer Befragung des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) von 2.000 Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland bestätigen lediglich 37,7 Prozent, dass Nachhaltigkeit Einfluss auf ihre Geldentscheidungen hat. Dazu Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA: „Das bedeutet umgekehrt, dass für knapp zwei Drittel das Thema bei ihrer Geldanlage keine Rolle spielt. Im Sommer 2022 waren das noch weniger als 60 Prozent.“ Die Glaubwürdigkeit des Themas scheint laut Heuser bei den Geldanlegern abzunehmen.

Umweltrisken spielen zentrale Rolle
„Nachhaltigkeit liegt definitiv im Trend“, kontert hingegen Clemens Lengauer, Bereichsleiter Vermögensverwaltung bei der Volksbank Vorarlberg. Er verweist dabei auf den Global-Risk-Report, den das Weltwirtschaftsforum jährlich herausbringt. „Die ersten vier Risiken über einen Zeitraum von zehn Jahren, die hier genannt werden, sind Umweltrisiken. Das bedeutet, viele Menschen machen sich Gedanken um das Thema Nachhaltigkeit. Nicht nur im Alltag, sondern auch dann, wenn es um die Veranlagung geht“, erklärt ­Lengauer.
Wie attraktiv sind nachhaltige Geldanlagen nun tatsächlich, wo winken die interessantesten grünen Renditen und worauf müssen Anleger achten, wenn sie ihr Geld tatsächlich nachhaltig – Stichwort Greenwashing – investieren wollen?

Pandemie förderte
Nachhaltigkeit Interessante Aufschlüsse liefert in diesem Zusammenhang ein Blick auf den FMA-Bericht zum Asset-Management am österreichischen Fondsmarkt im Jahr 2022. Das am stärksten wachsende Marktsegment betrifft die Nachhaltigkeitsfonds: Zum Jahresultimo 2022 erreichten Fonds gemäß der „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR) ein Gesamtvolumen von 81,6 Mrd. Euro, was laut FMA bereits 40,8 Prozent des gesamten Fondsvolumens entspricht. „Die Pandemie und gestörte Lieferketten haben den Blickpunkt der Menschen auf mehr Regionalität und nachhaltige Denkweise gestärkt“, sagt Lengauer.
Dennoch hat das vergangene Jahr auch Einbrüche in der Performance nachhaltiger Investments gebracht, wie Thomas Motsch, Fondsmanager im Team „Aktien, entwickelte Märkte“ in der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft erklärt: „Sowohl konventionelle wie auch nachhaltige Produkte hatten das Nachsehen, da Öl- und Gasunternehmen von den gestiegenen Preisen profitiert und über 50 Prozent zugelegt haben, während sich alle andere Sektoren negativ entwickelt haben.“
Die entscheidende Frage für die Anleger lautet daher: Wie schneiden nachhaltige Investments finanziell im Vergleich zu konventionellen Investments ab? „Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien muss nicht in einer verminderten Rendite resultieren. Studien, wie zum Beispiel eine Meta­analyse der Uni Hamburg, konnten zeigen, dass in den meisten Fällen keine Einbußen zu verzeichnen waren, teilweise führte dies sogar zu einer gesteigerten Rendite“, sagt dazu Sebastian Füllgraf, Referent für Marktstatistik und Transparenz vom Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Das FNG vernetzt die Interessengruppen der nachhaltigen Finanzwirtschaft und fördert Innovation und Qualitätssicherung. Zu ihren rund 230 Mitgliedern zählen Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Ratingagenturen, Finanzberater, wissenschaftliche Institutionen, Versicherungen, NGOs und Privatpersonen.

Doppelte Dividende
In diesem Zusammenhang spricht man laut Füllgraf auch von einer doppelten Dividende, da neben der finanziellen Rendite auch ökologische, soziale und unternehmerische Ziele unterstützt werden. „Wie bei konventionellen Investitionen haben natürlich auch die Qualität und das Management der einzelnen Finanzprodukte einen Einfluss auf Kosten und die Performance“, so Füllgraf.
Wenn die Rendite auf den ersten Blick gesichert ist, wie sieht es dann mit dem längerfristigen Investitionsrisiko aus? „Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf die Umwelt, sondern schließt sämtliche ESG-Kriterien mit ein, also auch die sozialen Komponenten und die Unternehmensführung“, sagt Motsch. Wobei der soziale Aspekt, wie zum Beispiel der Umgang des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern, künftig laut dem Experten noch stärker in den Fokus rücken wird. „Die Nachhaltigkeitsbewertung ist ein Filter, der riskante Unternehmen ausschließt. Bei verantwortungsvollen Unternehmen, die mit einem guten Management und Geschäftsmodell ausgestattet sind, ist das Risiko in Folge geringer“, so Motsch.

Was bedeutet „nachhaltig“?
Dennoch gilt es für Anleger, vor dem Investment auf bestimmte Kriterien zu achten. „Da es bisher nicht eine allgemein anerkannte Definition von Nachhaltigkeit gibt, existieren in der Praxis sehr unterschiedliche Anlagestrategien. Deswegen ist es wichtig, sich mit den Angeboten auseinanderzusetzen“, rät Füllgraf. Hilfreich können in diesem Zusammenhang SRI-Siegel, wie das FNG-Siegel oder das Österreichische Umweltzeichen, sein, die Finanzprodukte nach festgelegten Standards bewerten.
In Bezug auf interessante grüne Renditen verweist Lengauer auf das Thema erneuerbare Energien: „Wir befinden uns in einer Transformation weg von Gas und Öl. Erneuerbare Energien sind daher ein spannendes zukunftsträchtiges Geschäftsfeld.“ Ebenso langfristig finanziell attraktiv sind die Zulieferer der grünen Energiebranche, wie zum Beispiel die Chiptechnologie. Ein weiteres zukunftsträchtiges Investi­tionsfeld sieht Lengauer im Bereich der Landwirtschaft und Nahrungsmittel. „Durch technologischen Fortschritt wird es in der Zukunft möglich sein, die Ernte-Aktivitäten noch produktiver zu gestalten“, so der Experte. Um Greenwashing zu unterbinden, erwartet sich Füllgraf künftig präzisere gesetzliche Rahmenbedingungen. „Die gesetzlichen Vorgaben lassen momentan mitunter einen großen Interpretationsspielraum zu. Hier wird weitere Regulierung erwartet, zugleich bedarf es einer Aufklärung, was nachhaltige Geldanlagen leisten können und was nicht“, erklärt Füllgraf.