Arbeitskräftemangel

58 Prozent der Betriebe melden akuten Personalmangel

Fachkräftemangel
01.06.2023

Laut aktuellem Austrian Business Check des KSV1870 ist mehr als die Hälfte (58 %) der österreichischen Unternehmen vom akuten Personalmangel betroffen.

Laut aktuellem Austrian Business Check des KSV1870 ist mehr als die Hälfte (58%) der österreichischen Unternehmen von akutem Personalmangel betroffen. Besonders dramatisch ist die Situation in der Industrie, wo sieben von zehn Unternehmen über Personalmangel klagen. Gleichzeitig wirkt sich der Personalmangel auch nach innen aus: Hohe Zusatzbelastungen für bestehende Mitarbeiter*innen und der Kostenfaktor werden als häufigste Folgen gesehen. Zudem müssen die Unternehmen häufig neue Aufträge ablehnen, weil sie zu wenig Personal haben. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, planen 20 Prozent der Unternehmen trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen bis 2023 ihren Personalbestand zu erhöhen.

Lage spitzt sich zu

Der Mangel an Arbeitskräften ist allgegenwärtig. Während die allgemeine Geschäftslage von den Unternehmen überwiegend positiv eingeschätzt wird (54 Prozent bewerten sie mit „sehr gut“ oder „gut“), spitzt sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter zu. 58 Prozent der heimischen Unternehmen sind derzeit von akutem Personalmangel betroffen, knapp die Hälfte (26 Prozent) davon nach eigener Einschätzung sogar sehr stark. „Der Arbeitskräftemangel ist eines der zentralen Themen unserer Zeit. Hier braucht es dringend einen Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft. Bloße Lippenbekenntnisse werden nicht ausreichen, um das Problem in den Griff zu bekommen“, erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. Laut der aktuellen KSV1870 Umfrage ist vor allem die Industrie (71 %) massiv betroffen, auf Branchenebene ist es vor allem die Bauwirtschaft (76 %), die mit Personalmangel zu kämpfen hat. „Der Arbeitskräftemangel ist ein Thema für die nächsten zehn Jahre, dem wir uns heute intensiv widmen müssen“, so Vybiral. Auf Bundesländerebene ist der Personalmangel derzeit vor allem in Kärnten (73 %) und Oberösterreich (67 %) spürbar. In Vorarlberg hingegen sieht sich nur jeder fünfte Betrieb (20 %) direkt vom Personalmangel betroffen. 

Hohe Zusatzbelastungen und steigende Kosten

Gleichzeitig hat der akute Personalmangel auch Auswirkungen auf die jeweilige innerbetriebliche Situation. So sind die Belastungen für das bestehende Personal zuletzt deutlich gestiegen und es braucht mehr finanzielle Anreize, um Mitarbeiter*innen in den Betrieben zu halten. „Personalsuche ist das eine, gleichzeitig dürfen die Unternehmen aber nicht vergessen, auch für das bestehende Team attraktiv zu bleiben. Auch deshalb, weil es im Moment die Arbeitnehmer sind, die sich ihren Arbeitgeber de facto aussuchen können“, so Vybiral. Besorgniserregend sei zudem, dass immer mehr Unternehmen aufgrund von Personalmangel zuletzt nicht nur Umsatzeinbußen hinnehmen, sondern auch neue Aufträge ablehnen mussten. „Hier lassen die Unternehmen quasi Geld auf der Straße liegen“, so Vybiral. Als weitere negative Folgen wurden eine eingeschränkte Produktpalette, der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und eine verminderte Innovationskraft genannt. 

20 Prozent wollen Personal aufstocken

Laut der aktuellen Austrian-Business-Check-Umfrage mussten im Vorjahr zwölf Prozent der Unternehmen Personal abbauen, meist aufgrund der allgemeinen Kostenentwicklung. Auch heuer wird dies voraussichtlich bei jedem zehnten Unternehmen der Fall sein, gleichzeitig planen aber 20 Prozent der Unternehmen, ihren Personalstand aufzustocken. Besonders hoch ist der Bedarf in der Industrie, wo mehr als die Hälfte der Unternehmen ihre Belegschaft aufstocken will. Parallel dazu rückt das Thema Teilzeitarbeit immer mehr in den Vordergrund: Allein in den letzten zwei Jahren hat sich der Anteil der Teilzeitbeschäftigten laut Umfrageergebnissen bei 28 Prozent der Betriebe erhöht. Offenbar wollen immer mehr Menschen Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit für Familie und Freizeit zu haben. „Das ist menschlich verständlich, aber für die Wirtschaft geht hier einiges an Potenzial verloren. Es ist daher notwendig, Vollzeitarbeit deutlich attraktiver zu machen“, so Vybiral, der auch eine Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich darin sieht, Menschen über das faktische Pensionsantrittsalter hinaus in Beschäftigung zu halten, wenn sie dies freiwillig wollen. „Wenn jemand länger arbeiten will, als er gesetzlich müsste, dann soll er auch die Möglichkeit dazu haben. Das geht natürlich nicht ohne gewisse Anreize, wie etwa ein steuerlich begünstigtes Einkommen über das faktische Pensionsantrittsalter hinaus“, so der Wirtschaftsexperte. Damit würde auch ein Teil des Wissens und der Erfahrung länger in den Unternehmen bleiben, wovon nachfolgende Generationen länger profitieren könnten.