NON OLET

Meinung
26.11.2019

Geld hatte immer etwas Schamhaftes, fast Schmutziges. Aber das ändert sich. Der Markt für nachhaltiges Investment liegt bei zehn Prozent.

Geld und Ethik – das geht in den Köpfen der Menschen immer noch nicht so recht zusammen. Von Anfang an hatte Geld bei aller unbestreitbaren Nützlichkeit einen zwielichtigen Charakter. Dazu haben die geldverwaltenden Akteure maßgeblich beigetragen. Kaiser Vespasian hat bekanntlich eine Latrinen-Steuer eingehoben, weil die Staatskassen leer waren. Staatskassen haben es offenbar an sich, immer leer zu sein. „Pecunia non olet“, informierte Vespasian seinen Sohn Titus. Geld stinkt nicht. Der Urin, der damals zum Gerben von Leder verwendet und öffentlich gesammelt wurde, mochte vielleicht nicht gut riechen, das Steuergeld darauf aber stank nicht, wie Vespasian meinte.

So wurde das „non olet“ zu einem geflügelten Wort jener, die mit üblen Machenschaften sauberes Geld erzeugen. Es gab Anfang dieses Jahrtausends einen deutschen Politiker, der einen Verein mit dem schönen Namen „Pecunia non olet“ gegründet hat und damit seine Absichten, über die er auch gestolpert ist, unverblümt namentlich offen gelegt hat. Geld und Ethik – eine schwierige Allianz.

Dürfen die beiden, die seit so vielen Jahren fremdeln, auch einmal zusammenfinden? Darf man endlich einmal Geld anlegen, vermehren und sich dabei gut fühlen? Darf es endlich einmal ganz grundsätzlich nicht stinken? Der Finanzdienstleister ESG Plus hat die größten nachhaltigen Fonds in Österreich gescannt und bewertet und übersichtlich dargestellt. Sind da Kinderarbeit, Kohle, Waffen und dergleichen drin oder nicht? „Das Ergebnis des Screenings war ernüchternd“, meint ESG Plus-Gründer Armand Colard. „Man kann schon sagen, dass die ausgewiesen nachhaltigen Fonds nachhaltiger sind als die konventionellen, aber selbst diese sind nicht immer komplett frei von nicht-nachhaltigen Themen oder Praktiken.“

BLEIBEN SIE DRAN.

Wir kommen jetzt zur guten Nachricht. Der Markt für nachhaltiges Investment wächst und liegt nach Einschätzung der Experten in Österreich bereits bei zehn Prozent. Das soll die gute Nachricht sein? Ja, das ist die gute Nachricht. Die Kolumne heißt „Harald Koisser macht Mut“ und zehn Prozent machen Mut. Es gibt einen Tipping Point, also einen Kipppunkt in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Alles, was unter zehn Prozent ist, ist nicht mehrheitsfähig. Erreicht ein Trend die magischen zehn Prozent Marktanteil, ist es eine Sonne, die am Horizont der öffentlichen Wahrnehmung aufgeht. Das wird etwas.

„Wir haben lange gedacht, Nachhaltigkeit wird nur dann gerne genommen, wenn sie nichts kostet“, erzählte mir der Vorstandsvorsitzende von fair-finance, Markus Zeilinger, „wir durften aber lernen, dass das nicht stimmt“. Das Unternehmen hat eine Umfrage bei Stakeholdern in Auftrag gegeben. Auf die Frage „Angenommen die fair-finance könnte mit einer geringeren Rendite noch mehr Nachhaltigkeit in die Veranlagung bringen – würden Sie eine geringere Rendite akzeptieren?“ haben 70 Prozent der Befragten mit „ja“ geantwortet. Die Rendite darf für mehr Impact um 0,25 Prozent sinken. Immerhin. Nachhaltigkeit darf auch etwas kosten. Die Menschen brauchen Pecunia, haben aber sehr wohl eine Sehnsucht danach, dass sie non olet.