Klare Worte zum Thema

Wistleblower

Datenschutz
08.06.2022

Die EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern ist seit 2 Jahren in Kraft. Doch in Österreich wird noch um einen Gesetzesentwurf zur nationalen Umsetzung gerungen. Worum es in der Richtlinie geht und worauf der Gesetzgeber abzielt, erklärt der Corporate Governance & Compliance-Experte Peter Wagesreiter von HSP Rechtsanwälte.
Peter Wagesreiter

Auf wen die Richtlinie abzielt
Die Richtlinie bezweckt den Schutz jener Personen, die Verstöße gegen Unionsrecht melden. Dies dient der Verhinderung von Kriminalität und Wettbewerbsverstößen. Aktuell ist der Hinweisgeberschutz in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich geregelt, die Richtlinie soll eine EU-weite Vereinheitlichung bewirken. Whistleblower sollen vor etwaigen Repressalien, wie zum Beispiel Entlassung oder Rufschädigung, geschützt werden.

Welche Art von Verstößen sie betrifft
Die Richtlinie selbst bezieht sich aufgrund der Grenzen der Kompetenz der EU lediglich auf Verstöße gegen Unionsrecht. Den Gesetzgebern der Mitgliedsstaaten steht es allerdings frei, bei der Umsetzung der Richtlinie, auch Verstöße gegen nationales Recht in den Anwendungsbereich aufzunehmen. Ein Beispiel des betroffenen Unionsrechts sind Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, zum Beispiel Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und Kartelle, wie etwa Preisabsprachen, wenn sie die Schwellen für die Anwendbarkeit des Unionsrechts erreichen. Weiters betrifft die Richtlinie etwa Geldwäsche, öffentliche Vergabe, Verbraucherschutz, öffentliche Gesundheit, Datenschutz, Umweltschutz. Aber immer nur soweit, als Unionsrecht betroffen ist.

Wozu Unternehmen aufgrund der Richtlinie verpflichtet sind
Die Richtlinie verpflichtet alle Unternehmen mit 50 oder mehr Arbeitnehmern, einen internen Meldekanal einzurichten. Für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern ist dies schon mit Verstreichen der Umsetzungsfrist (17. Dezember 2021) verpflichtend geworden. Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern haben bis Dezember 2023 Zeit zur Umsetzung dieser Vorgaben. Aber selbst für Unternehmen unter 50 Mitarbeitern kann sich ein interner Meldekanal lohnen, da dies ein hohes Maß an Compliance signalisiert, was sich bei einer etwaigen Risikobewertung durch potenzielle Investoren positiv auswirken kann.
Wie die Einrichtung funktioniert Meldekanäle können intern von einer hierfür bestimmten Person betrieben werden, oder extern von einem Dritten bereitgestellt werden, zum Beispiel einer Anwaltskanzlei. HSP etwa bietet mit einem eigens entwickelten Hinweisgeber-Tool eine solche Möglichkeit, die vor allem für kleinere Unternehmen von Vorteil ist, da in diesem häufig keine eigenen Compliance-Abteilungen eingerichtet sind.

Wann jemand ein Hinweisgeber ist
Die Richtlinie definiert Hinweisgeber als natürliche Personen, die im Zusammenhang mit ihrer Arbeitstätigkeit erlangte Informationen über Verstöße melden oder offenlegen. Von der Richtlinie erfasst werden sämtliche Arten von Beschäftigten, also sowohl klassische Arbeitnehmer, aber auch Auszubildende, Praktikanten, Freiwillige und Selbständige, und auch solche Personen deren Arbeitsverhältnis noch nicht begonnen hat.

An wen Hinweise gegeben werden sollen
Die Richtlinie differenziert zwischen zwei Arten von Meldung:
1. Meldung über interne Meldekanäle: Also solche innerhalb des Unternehmens, einschließlich Outsourcing über an eine Anwaltskanzlei. Dies dient dazu, etwaige Verstöße früh zu erkennen und gibt den Entscheidungsträgern die Möglichkeit, angemessene Maßnahmen zu ergreifen und etwaige Sanktionen zu verhindern. Dies soll die bevorzugte Meldeart darstellen.
2. Meldung über externe Meldekanäle: Solche externen Meldestellen sind teilweise schon seit längerem eingerichtet, zum Beispiel die Geldwäschemeldestelle oder das Hinweisgebersystem der Bundeswettbewerbsbehörde. Letztlich umfasst das aber auch die „normale“ Anzeige bei der zuständigen Behörde, etwa bei Polizei und Staatsanwaltschaft bei kriminellen Handlungen.
Die Offenlegung in Form des öffentlichen Zugänglichmachen von Informationen über Verstöße, zum Beispiel über die Medien, soll so vermieden werden und nur die ultima ratio darstellen, für den Fall, das sowohl die interne, als auch die externe Meldung erfolglos bleiben.

Auf welche Weise Informationen übermittelt werden sollen
Oberstes Gebot bei der Übermittlung von Meldungen ist die Vertraulichkeit. Meldungen können sowohl mündlich als auch schriftlich oder elektronisch eingebracht werden, zum Beispiel mittels Hotline oder über eine Webapplikation.

Was ein Unternehmen tun muss, wenn Hinweise eingehen
Wenn ein Hinweis eingeht, ist dem Hinweisgeber zunächst eine Bestätigung über den Erhalt des Hinweises innerhalb von sieben Tagen zuzustellen. Anschließend ist in einem Zeitraum, der drei Monate nicht übersteigen darf, von der für den Empfang von Meldungen zuständigen Person ein Feedback an den Hinweisgeber zur Meldung zu übermitteln.

Was in Bezug auf Arbeitsrecht und Datenschutz beachtet werden muss
Whistleblower sollen vor Repressalien des Dienstgebers, wie zum Beispiel Entlassung oder Rufschädigung, geschützt werden. Die Richtlinie bestimmt, dass Whistleblower wegen eines Verstoßes gegen Datenschutzvorschriften, die im Zusammenhang mit einer Meldung auftreten, in keiner Weise haftbar gemacht werden können. Sie sollen im beruflichen Kontext erlangte, Informationen über Verstöße melden können, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.
Dies betrifft aber nicht den Dienstgeber. Der Dienstgeber muss sich arbeits- und datenschutzrechtlich absichern. In Betrieben mit einem bestehenden Betriebsrat bedeutet das die Notwendigkeit des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung über die Einrichtung des konkreten Hinweisgeber­systems.
In Betrieben ohne Betriebsrat bedarf es einer Individualvereinbarung, also einer entsprechenden einvernehmlichen Ergänzung des Dienstvertrages.