CIO: Vom digitalen Spielmacher zur Führungsspitze

Oliver Strasser & Martin Giesswein
05.11.2025

In der zunehmend digitalisierten Wirtschaft gewinnt der Chief Information Officer (CIO) immer mehr an strategischer Bedeutung – bis hin zur potenziellen Nachfolge im Chefsessel. Doch was braucht es, damit IT-Verantwortliche nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich auf Augenhöhe agieren?

Je digitaler ein Unternehmen, desto bedeutender wird die Rolle seines Chief Information Officers (CIO). Pandemie, neue Technologien und kontinuierliche Marktveränderungen haben viele traditionelle Firmen in den letzten Jahren zu hoch digitalisierten Unternehmen transformiert. Dennoch hinkt die Entwicklung der CIO-Rolle dieser Dynamik oft hinterher – mit potenziell gravierenden Folgen für die Zukunftsfähigkeit.
Oliver Strasser, Chief Operating Officer der WU Executive Academy, und Martin Giesswein, Digitalisierungsexperte und Program Director des Kompaktprogramms AI Transforming Business, analysieren, wie CIOs – gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten – ihre Rolle als digitale Mittelfeldstrategen weiterentwickeln und sogar zur zentralen Führungspersönlichkeit aufsteigen können.

Auf der Suche nach dem „C“

Martin Giesswein, Digitalisierungsexperte und Program Director des Kompaktprogramms AI Transforming Business bei der WU Executive Academy ©WU Executive Academy
Martin Giesswein, Digitalisierungsexperte und Program Director des Kompaktprogramms AI Transforming Business bei der WU Executive Academy ©WU Executive Academy

IT-Verantwortliche mit einem „C“ am Anfang ihres Titels sind privilegiert: Sie gestalten auf Augenhöhe mit CEO, CFO, CMO, CSO und CHRO die digitale Zukunft mit. Egal ob Chief Information Officer, Chief Digital Officer oder Chief Transformation Officer – entscheidend ist, dass sie als zentrale Gestalter*innen der heutigen und zukünftigen Wertschöpfung wahrgenommen werden.
„Die Realität sieht in vielen Unternehmen jedoch anders aus“, so Martin Giesswein, Program Director des Kompaktprogramms AI Transforming Business: „IT-Masterminds sind häufig noch immer als Bereichsleiter*innen tätig – oft in historisch gewachsene Rollen als Costcenter, Neinsager oder Verzögerer gedrängt. Der Betrieb der komplexen, personalintensiven IT-Landschaft dominiert nach wie vor den Alltag.“

CIO: Vom indirekten Ermöglicher zum direkten Wertschöpfer

„Moderne CIOs sind heute weit mehr als reine IT-Manager*innen – sie sind Mitgestaltende der Profitabilität und Stabilität des Unternehmens“, betont Oliver Strasser, Chief Operating Officer der WU Executive Academy.

Zur Verdeutlichung:

  • CIOs teilen mit CEOs die Verantwortung für Strategie, Transformation und digitale Reputation.
  • CFOs sind ohne IT-Expertise nicht mehr in der Lage, Reports zu erstellen oder Finanzprozesse zu steuern.
  • Die HR-Abteilung benötigt den CIO für Organisationsentwicklung und Weiterbildung.
  • Marketing und Vertrieb – ob im B2B oder B2C – arbeiten eng mit dem CIO-Team zusammen, um digitale Kundenerlebnisse, ePayment und Datenanalyse zu realisieren.
  • Produktion und Logistik werden zunehmend automatisiert und von IT-Expertinnen gesteuert – nicht mehr von Fließbandarbeiterinnen.

Das Kooperationsnetz des CIO

Doch die Realität ist komplex: Heterogene IT-Landschaften bringen CIOs immer wieder in eine defensive Rolle. Wie also kann ihre Funktion als digitaler Spielmacherin gestärkt werden?
Ein Modell, das Orientierung bietet, ist jenes der „drei Ebenen der Digitalisierung“. Es zeigt: Unternehmen wie Amazon und Google dominieren die digitale Wirtschaft, weil sie von Anfang an zweckgerichtete IT-Strukturen aufgebaut haben.
„Google setzte auf günstige Hardware und entwickelte passende Software – eine IT, die so effizient war, dass sie später als Cloud-Infrastruktur vermarktet wurde. Amazon Web Services basiert auf einem ähnlichen Konzept und erwirtschaftet heute große Teile des Amazon-Umsatzes“, erklärt Giesswein.

Digitalisierung „von oben“ denken

Technologieunternehmen wie Apple, Microsoft oder Netflix agieren stets vom Geschäftsmodell aus – nicht vom Produkt. Ihre Strategie: technologische Exzellenz, Datenkompetenz, Integration smarter Start-ups und zunehmend auch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz.
Das Learning für CIOs: Raus aus der Abhängigkeit von Basis-IT. Standardsoftwares in eigenen Rechenzentren führen oft zu langfristigen Abhängigkeiten – durch Wartungsverträge und ständige Release-Wechsel. Transformation findet jedoch auf den oberen IT-Ebenen statt, nicht bei der Infrastruktur.

Notwendige CIO-Kompetenzen

Oliver Strasser, Chief Operating Officer der WU Executive Academy
Oliver Strasser, Chief Operating Officer der WU Executive Academy ©WU Executive Academy

CIOs müssen nicht zwingend CEO werden, aber sie sollten als strategische Spielmacher*innen im Führungsteam agieren – dafür braucht es laufende Kompetenzentwicklung. „Wenn wir CIOs an der WU Executive Academy nach ihren Weiterbildungsbedarfen fragen, nennen sie am häufigsten: tieferes Kundenverständnis, betriebswirtschaftliches Know-how, strategische Kompetenz, Führungstechniken, ESG-Wissen und das neueste KI-Know-how“, so Giesswein.
Strasser ergänzt: „Unsere Programme wie der Executive MBA Digital Transformation & Data Science oder das Kompaktprogramm AI Transforming Business bieten Know-how und praktische Skills, um technologische Grundlagen mit betriebswirtschaftlichem Denken zu verknüpfen.“

Eine Bedrohung für den CEO?

„CEOs und andere Führungskräfte sollten sich durch starke CIOs nicht bedroht fühlen“, betont Giesswein. „Im Gegenteil: Sie tun gut daran, CIOs als Partner*innen in der digitalen Wertschöpfung zu sehen und zu fördern.“

Gerade angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen ist eine starke CIO-Rolle im Führungsteam kein Luxus – sondern essenziell.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
logo

Newsletter abonnieren

Sichern Sie sich Ihren Wissensvorsprung vor allen anderen in der Branche und bleiben Sie mit unserem Newsletter bestens informiert.


Zum Newsletter