Qué padre!

Handel
28.02.2018

Ausgerechnet fünf Österreicher wollen dem mexikanischen Nationalgetränk Tequila global zum Siegeszug verhelfen. Was ihnen dabei einfällt, und warum die Gringos damit Erfolg haben dürften. Ein Portrait.
Das Team von Padre Azul erklärt, wie es geht: Der Tequila wird nicht einfach runtergestürzt, sondern schlückchenweise genossen.

TEXT STEPHAN STRZYZOWSKI

Die klassischen Assoziationen zu Mexiko? Sombreros, Sonnenschein, Tacos und – völlig richtig – Tequila. Eine Prise Salz, ein Biss in die Zitrone und runter mit dem Zeug. Salut! Und schon nach wenigen Runden verabschiedet sich der Kopf, bis er am nächsten Tag mit gehörigen Schmerzen wieder seinen Dienst antritt. Doch ganz genau so sollte es eigentlich nicht laufen, erklärt Hans- Peter Eder, der mit seinem Nobel-Tequila namens Padre Azul den Gegenbeweis antritt. Smooth breitet sich der edle Brand aus blauen Agavenherzen am Gaumen aus. Noten von Schokolade, Vanille und ein leicht rauchiges Aroma erfüllen Mund und Nase. „Viel zu schade, um ihn wie einen Shot runterzustürzen“, meint Eder – und der Geschmack gibt ihm recht. Doch wie kommt ein Gringo aus Salzburg überhaupt dazu, ausgerechnet Tequila zu produzieren? Und woher nimmt er die Chuzpe, auch noch als Botschafter des Nationalgetränks durch die Lande zu tingeln, um dessen Image aufzubessern? Kurz gesagt wollte sich Eder gemeinsam mit vier Freunden einen Traum erfüllen. In diesem Traum geht es um die Lebensart Mexikos, von der die Truppe restlos begeistert ist. Zu der Idee hat ihn seine ganz persönliche Muse inspiriert: seine Ehefrau. Es ist die Art von Gründungsstory, auf die bestimmt so manches Start-up neidisch wäre. Und sie geht so:

ES WAR EINMAL …

Hans-Peter Eder verliebte sich in Heidelberg in eine Mexikanerin. Adriana Alvarez aus Guadalajara, unweit der Herzensregion des Tequila, und damals auf Sprachurlaub. Auch sie fand an ihm gefallen, und als Hans- Peter eines Tages seinen Antrittsbesuch bei ihrer Familie in Mexiko absolvieren sollte, kam es, wie es kommen musste: ein großer Garten, über 200 Familienmitglieder und Freunde und ein Schwiegervater, der es sich nicht nehmen ließ, mit dem Nationalgetränk auf das Glück seiner Tochter anzustoßen. Ein vorprogrammiertes Desaster? Keineswegs, vielmehr wurde die Feuertaufe zur Erweckungsstunde des frisch angetrauten Österreichers. Der Tequila hatte mit dem, was man in unseren Breiten unter der Bezeichnung kennt, nichts gemein, und Hans-Peter lernte nicht nur seine neue Familie und ihr Land schätzen, sondern auch ihr Lieblingsgetränk. Die Idee, Tequila auch in unseren Breiten aus dem Schattendasein eines billigen Komabringers zu führen, war geboren. Zunächst wollte Hans-Peter Eder noch hochwertigen Tequila aus Mexiko nach Österreich importieren und hier vertreiben. Doch daraus wurde nichts. Angestammte Händlerstrukturen und der Wunsch, das Qualitätslevel von Anfang bis zum Ende gewährleisten zu können, machten eine eigene Produktion zur einzigen gangbaren Lösung.

UNTER DEM SCHUTZ DES PADRE

An diesem Punkt kam Adrianas Vater ins Spiel. Ein gut vernetzter Geschäftsmann, der den Österreichern nicht nur dabei half, geeignete Agavenbauern und eine Destillerie zu finden, sondern auch den Dschungel beziehungsweise den Sumpf zu durchdringen, der vor allem Ausländer gerne in Mexikos Wirtschaft umfängt. So gelang es, mit einer Destillerie ein spezielles Herstellungsverfahren zu entwickeln, das weit über die vorgeschriebenen Anforderungen hinausgeht. „Am wichtigsten ist nämlich die Zeit“, meint Eder, während er die Flüssigkeit sanft im Glas kreisen lässt. Mindestens acht Jahre müsse man die Agaven wachsen lassen. Dadurch steigt nämlich ihr Zuckergehalt. Und auch gekocht wird bei Padre Azul länger und sanfter als üblich. Das Ergebnis ist ein Tequila, der schlückchenweise genossen wird und der unzählige Aromen freigibt. Dass jede Flasche hält, was die aufwendige Gestaltung verspricht, garantiert heute die durchgängige organische Herstellung. Bis zu 400 Mitarbeiter sind an der Produktion beteiligt, die bis zu den eigenen Fässern und der Lagerung laufend kontrolliert wird. Darum darf sich das hochprozentige Getränk auch Tequila nennen. Eine geschützte Bezeichnung, ähnlich wie beim französischen Champagner.

"Wir wollen die mexikanische Lebenskultur bekannter machen."

DER LOOK ZUM DRINK

So smooth der Inhalt rüberkommt, so direkt springt einen das Flaschendesign an. Eingefasst in eine Ummantelung aus Leder samt Schnürung und verschlossen mit einem Stöpsel in Totenkopfform vereint der Look typische Symbole Mexikos. Und zwar sehr positiv besetzte. Denn der Totenkopf steht in Mexiko weniger für Vergänglichkeit, sondern vielmehr für ewige Verbundenheit und Freundschaft. Diese wird auch gerne mit Tequila begossen. Nur logisch also, einen Hingucker aus der Tradition zu machen. Der geschnürte Ledermantel der Flasche lehnt sich optisch an die typischen Wrestlermasken Mexikos an. Das Gesamtergebnis: außen und innen hui. Ein Produkt, das mit rund 100 Euro pro Flasche bewusst im höchsten Premiumsegment rangiert und mit Specialeditions sogar zum Sammeln einladen soll. Um Attraktivität samt Preissteigerungen der raren Flaschen zu sichern, wird gerade eine limitierte Serie mit einem Skull aus Swarovski-Kristall geplant. Dass ein Mitglied der Tiroler Unternehmer-Familie als Investor mit an Bord ist, hilft da natürlich. Aus Österreich stammen übrigens auch eigene gebrandete Tequila-Gläser der Firma Riedel, mit denen der versierte Aficionado noch mehr Genuss herausholen kann.

"Märkte zu öffnen, ist leicht, sie zu betreuen dagegen schwer."

AUF EXPANSIONSKURS

Wie gut das Konzept aufgeht, beweist die Verbreitung. Bereits in über 19 Ländern in Europa ist der Padre Azul nun schon erhältlich. Und das nach nur knapp zwei Jahren. Auch dank der Hilfe der Außenwirtschaft Österreich, die das Team toll unterstützt habe, wie Eder anerkennend erwähnt. Geliefert wird der Nobel-Tequila vor allem an gehobene Bars und die Top-Gastronomie. In Ibiza, Marbella und Monaco, wo Reich und Schön die Nacht zum Tag machen, mit ganz besonders viel Erfolg. Bei einem Flaschenpreis von rund 100 Euro, wenig verwunderlich. Doch dort bestellt man sowieso lieber gleich die Dreiliterflasche, da Geld weniger Rolle als dessen Zurschaustellung spielt. Wer hierzulande in den Genuss kommen will, wird ebenfalls in ausgewählten Lokalen und Bars fündig, aber auch bei Wein & Co und spezialisierten Boutiquen. Dass die drei verschiedenen Ausführungen des Padre Azul allesamt diverse Preise bei internationalen Tastings gewonnen haben, hilft beim Siegeszug. Doch damit ist es nicht getan. Das Padre Azul- Team überzeugt auch Barkeeper, die als Trendsetter den Finger am Puls der Zeit haben und mitbestimmen, welche Drinks zum Hype werden. Darüber hinaus sollen nationale Ambassadeure dabei helfen, das Image zu stärken. Dabei spielt den Tequilaproduzenten auch die aktuelle Entwicklung in die Hände. Nach einem enormen Hype für Gin soll Tequila laut Kennern jetzt nämlich zum neuen In-Getränk avancieren. Eine Rolle spielt dabei, dass angeblich die verhassten Nebeneffekte ausbleiben. „No Hangover“, verspricht Eder und prostet mit Augenzwinkern in die Runde. Was die Durchstarter in den nächsten Jahren erreichen wollen?

RICHTIG GROSS WERDEN

„Wir wollen die Weltherrschaft“, meint Hans-Peter Eder grinsend und relativiert: „Vor allem wollen wir aber die mexikanische Lebenskultur bekannter machen. Dabei geht es um die Beziehung zwischen den Menschen. Um das Compadretum!“ Es bezeichnet eine Art von „Überfreundschaft“ und findet auch im Ausruf „Qué padre“ seinen Niederschlag, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn Mexikaner etwas so richtig toll finden. Womit sich auch noch der Name des Tequila-Labels erklärt. Zumindest der erste Teil. Der zweite, nämlich „Azul“ bezieht sich auf den Inhalt, die blauen Agavenherzen. Ob es irgendwann einmal zu einem Exit kommt, sei jetzt noch nicht absehbar. „Jetzt soll die Marke einmal groß werden“, meint Eder und richtet den Blick auf den amerikanischen und asiatischen Markt. Schließlich wollte das Team von Anfang an eine globale Marke schaffen. Ein Unterfangen, das jede Menge Marketingbudget, aber vor allem auch Zeit, braucht. Denn Märkte zu öffnen, sei leicht, sie zu betreuen dagegen schwer. Entsprechend intensiv ist auch der Arbeitsalltag von Eder und seinen Compadres. Er findet häufig im Flieger statt und ja, natürlich wird auch viel getrunken. Dafür treffen die fünf Österreicher spannende Leute auf der ganzen Welt, wenn sie neue Kunden in den Top-Clubs von Monaco, Marbella oder Miami gewinnen. Dabei heißt es allerdings auch immer wieder, Nerven behalten, wer die Rechnung am Ende übernimmt, wenn beim Jetset Getränke für 20.000 Euro und mehr auf den Tisch kommen. Denn auch wenn der Padre Azul keine Kopfschmerzen zurücklässt, wäre eine Abendrunde dieser Größenordnung doch eher schwer verdaulich.