Mit Humor Spannungen lösen

Leadership
17.03.2023

 
Manchmal geraten wir – beruflich und privat – in Gesprächssituationen, in denen scheinbar nichts mehr geht. Dann ist Humor häufig ein probates Mittel, um die Spannung zu lösen und das Gespräch in neue Bahnen zu lenken.
Lachen

„Lachen ist gesund.“ Diese Volksweisheit hat einen wahren Kern, wie auch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen. Lachen kann Schmerzen lindern, das Immunsystem stärken und Heilungsprozesse beschleunigen.

Doch Humor heilt nicht nur, er wirkt auch entkrampfend – zum Beispiel in Gesprächen und Situationen, in denen alles festgefahren scheint. Zum Beispiel, wenn der Lebenspartner sich überfordert fühlt. Oder wenn ein Kollege in einem Stimmungstief steckt. Dann kann eine humorvolle Aussage die Situation entschärfen und neue Perspektiven eröffnen. Denn Humor schafft eine emotionale Distanz zu Problemen und lässt sie in einem helleren Licht erscheinen. Und er löst die Zuversicht aus, die zum Bewältigen von Problemen nötig ist.

Doch Vorsicht! Falsch eingesetzt wirkt Humor destruktiv. Steht zum Beispiel die Beziehung zum Gegenüber auf wackeligen Füssen, wird ein Scherz schnell als Schadenfreude oder als mangelndes Mitgefühl empfunden. Doch stimmen die Voraussetzungen, dann ist Humor als „Spannungslöser“ sehr wirkungsvoll.  

Methode 1: das Welt- oder Selbstbild sanft karikieren

Eine Technik, die wir bei Freunden und Verwandten, oft intuitiv anwenden, ist das „liebevoll auf die Schippe nehmen“. Ein Beispiel: Ein Ehemann jammert seit Tagen, er werde alt und gebrechlich. Seine Frau hört ihm geduldig zu, versucht ihn vom Gegenteil zu überzeugen und bemitleidet ihn – ohne Erfolg. Intuitiv greift sie deshalb irgendwann zur „Medizin Humor“. Sie erwidert auf sein Jammern augenzwinkernd: „Ich habe mich schon für einen Kurs ‚Pflege von älteren Angehörigen‘ angemeldet. Außerdem sollten wir dir einen Rollstuhl besorgen….“ Die Frau steigt also in das Welt- und Selbstbild ihres Ehemanns ein und überzeichnet es. Dadurch wird ihm im Idealfall klar, dass sein Selbstmitleid überzogen ist, und er denkt über sein Verhalten nach.

Ein Beispiel aus dem Berufsalltag: Sachbearbeiter Müller vertraut seiner Führungskraft an, er leide darunter, dass er so gutmütig sei und zu oft vorschnell „Ja“ sage. Und dies nutzten seine Kollegen aus. Immer wieder würden Arbeiten bei ihm abgeladen. Hier könnte eine humorvolle Intervention seines Chefs sein – vorausgesetzt die Beziehung stimmt: „Herr Müller, Ihre Kollegen freuen sich sicher darüber, dass Sie so hilfsbereit wie ein Heiliger sind. Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass das Leben der Heiligen früher meist grausam endete. Bevor Sie einen Burnout erleiden, empfehle ich Ihnen …“ Eine solche Überzeichnung könnte ein Anstoß für eine Verhaltensänderung sein.

Methode 2: Negatives umdeuten

Ist ein Glas halb leer oder halb voll? Das ist Ansichtssache! Denn wenn wir eine (scheinbar) negative Situation aus einem anderen positiveren Blickwinkel betrachten, dann erscheint sie meist in einem helleren Licht. Dieses Umdeuten fällt uns in Krisensituationen aber oft schwer. Denn dann stecken wir in einer Perspektive fest. Also brauchen wir einen Anstoß von außen.

Ein Beispiel: Frau Müller, eine 45-jährige Bürokauffrau, lässt sich beraten. Denn sie ist seit einem Jahr arbeitslos und völlig frustriert. Sie wird zwar regelmäßig zu Bewerbungsgesprächen eingeladen, erhält aber nie eine Zusage. Die Atmosphäre in der Beratung wird immer düsterer, je länger Frau Müller erzählt. Und nebenbei klagt sie auch noch darüber, dass sie Single sei und gerne wieder einen Partner hätte. An diesem Punkt ergreift die Beraterin das Wort und fragt Frau Müller: „Führen Sie die meisten Vorstellungsgespräche mit Männern?“ Diese erwidert erstaunt: „Ja“. Daraufhin schlägt die Beraterin vor: „Betrachten Sie die Bewerbungsgespräche doch als ‚Blind Dates‘. Nehmen Sie den Interviewer ebenfalls unter die Lupe: Trägt er einen Ehering? Hält er beim Sprechen Blickkontakt? Ist er ein sportlicher Typ? Zum ersten Mal in der Beratungsstunde muss Frau Müller herzhaft lachen.

Dieses Umdeuten hat zumindest die Beratungssituation aufgelockert. Vielleicht hat es aber auch eine nachhaltigere Wirkung. Vielleicht denkt Frau Müller im nächsten Bewerbungsgespräch an das Stichwort „Partnersuche“ und geht entspannter ins Gespräch. Dadurch verbessert sich ihre Ausstrahlung und ihre Chance auf eine Jobzusage steigt.

Methode 3: das Problem verschlimmern

Ein weiteres Mittel, um festgefahrene Sichtweisen zu lösen, sind paradoxe Fragen und Aussagen. Also statt zu fragen „Wie lösen wir das Problem?“ beispielsweise zu fragen: „Wie verschärfen wir das Problem?“ Das löst beim Gegenüber oft eine problemlösende Gegenreaktion aus. Eine Erfahrung, die auch Eltern oft sammeln: Bitten sie ihre Kinder, mit dem Schreien aufzuhören, bewirkt dies oft nichts. Fordern sie ihre Kinder hingegen auf, noch lauter zu schreien, herrscht bald Ruhe.

Fragen Sie Ihre „jammernden“ oder „schwarz-sehenden Gesprächspartner also zum Beispiel: „Was müsstest Du tun, damit Du endlich einen Burnout erleidest?“ Oder: „Wie erreichen Sie es totsicher, dass Ihr Chef Sie entlässt?“

Methode 4: dem “Gummibaum“ lauschen

Hilfreich ist oft auch eine Betrachtung von außen und sich beispielsweise zu fragen: „Wie sehen mich andere?“ Auch hierdurch eröffnen sich neue Sichtweisen und werden Reflexionsprozesse in Gang gesetzt – eine wichtige Voraussetzung, um festgefügte Denk- und Verhaltensstrukturen aufzubrechen.

Stellen Sie also zuweilen Fragen wie: „Was glauben Sie, was Ihr Kollege x über dieses Problem denkt?“ Oder: „Was würde Ihr Chef zu diesem Problem sagen?". Oder: „Was würde Ihnen Ihre Mutter in dieser Situation raten?"

Zu diesen eher ernsten Fragen gibt es humorvolle Alternativen wie: „Was würde mir der Gummibaum in Ihrem Büro über die Kommunikation in Ihrer Abteilung erzählen?“ Oder: „Wie würde Ihre Katze Sie beschreiben?“

Humor nur selektiv und gezielt einsetzen

All diese Methoden, um einer Person eine neue Sichtweise zu eröffnen, haben eins gemein: Es ist enorm wichtig, ein Gespür dafür zu haben, wann sie genutzt werden können. Denn humorvoll gemeinte Aussagen können auch verletzend wirken. Prüfen Sie deshalb, bevor Sie in heiklen (Gesprächs-)Situationen auf die „Medizin Humor“ setzen, genau:

  • Wie tragfähig ist die Beziehung zu meinem Gegenüber?
  • In welcher mentalen Verfassung ist er? Und:
  • Was verrät mir seine Körpersprache?

Ist er beispielsweise kurz vorm „Platzen“, dann verzichten Sie auf Humor. Setzen Sie Humor generell nur ein, wenn Sie todsicher sind: Dies ist der Situation und Beziehung angemessen. Denn Humor ist kein einfach zu handhabendes Interventionsinstrument. Doch manchmal – und mit der erforderlichen Übung – ein sehr wirkungsvolles.

Zur Autorin: Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmen seminar consult prohaska, das unter anderem Trainer, Coaches und Konfliktberater ausbildet.