Jetzt bloß nicht bei der Werbung sparen!

Marketing
28.09.2023

In wirtschaftlich turbulenten Zeiten treten viele Unternehmen auf die Kostenbremse. Wogegen grundsätzlich nichts einzuwenden ist. Jedoch ist gerade das Marketing einer jener Bereiche, die das als erste zu spüren bekommen. Doch das ist nicht nur kurzsichtig, sondern ganz sicher der falsche Weg.
Ein Mann sägt den Ast ab, auf dem er sitzt
Ein Mann sägt den Ast ab, auf dem er sitzt

Einsparungen beim Marketing ist in unserer BANI*-Welt nicht nur kurzsichtig, sondern ganz sicher der falsche Weg, warnt die Marketing-Expertin und Dekanin der WU Executive Academy, Barbara Stöttinger. BANI steht für Brittle, Anxious, Non-linear und Incomprehensible, zu Deutsch: brüchig, verunsichert, nicht-linear und unbegreiflich. Vielmehr geht es jetzt darum, alte Gewohnheiten aufzubrechen und gleichzeitig den richtigen Mix aus gezielten Einsparungen und smarten Reinvestitionen in jene Aktivitäten zu finden, die einen direkten Return on Invest bringen. Hier sind die 6 besten Tipps & Tricks für die Praxis.

Inflation, stark steigende Energiepreise, politische Unsicherheiten, sparsame Konsument*innen: Sobald der Kostendruck in Unternehmen steigt, wird händeringend nach Sparpotenzial gesucht. „Was wir sehr oft beobachten können, ist, dass Unternehmen, die knapp bei Kasse sind, reflexartig damit beginnen, in Bereichen zu sparen, die auf den ersten Blick keinen direkten ROI (Return On Invest) bringen. Und hier stehen die Marketingausgaben ganz oben auf der Liste. Das halte ich aber für sehr kurzsichtig und gefährlich, weil diese Strategie nach hinten losgehen und ernsthafte, langfristige Folgen haben kann“, sagt Marketing-Expertin Barbara Stöttinger.

Effizient sparen und clever reinvestieren

Anstatt einfach im großen Stil den Rotstift anzusetzen und pauschal über alle Kanäle hinweg einen gewissen Prozentsatz des Budgets einzusparen, braucht es eine neue Herangehensweise: Sparen ja, und zwar dort, wo es Ineffizienzen gibt und möglicherweise zu viel ausgegeben wird, und es bewusst in jene Bereiche zu reinvestieren, wo es ein größeres Potenzial für einen längerfristigen ROI gibt. „Und genau hier kommt es jetzt auf die Kompetenzen, die Weitsicht und die Kreativität der Marketing-Abteilung an, die mit einem entsprechenden Growth Mindset – und natürlich mit der Unterstützung der Geschäftsführung - wesentlich dazu beitragen kann, die Resilienz eines Unternehmens in schwierigen Phasen zu erhöhen“, so Stöttinger.

Dass sich cleveres Investieren statt Sparen in Krisenzeiten bewährt, zeigt das Beispiel von United Airlines: Die US-Fluggesellschaft hat ausgerechnet während der Covid-Pandemie zur Überraschung der Konkurrenz seine größte Werbekampagne gestartet. Dieser ungewöhnliche Schritt hat sich bezahlt gemacht: In den vergangenen beiden Jahren hat United die Zahl der Passagiere im Vergleich zur Konkurrenz deutlich steigern können.

Wie meinte Henry Ford doch einst? „Werbung zu stoppen, um Geld zu sparen, ist wie die Uhr anzuhalten, um Zeit zu sparen.“ Ein Zitat, das in Zeiten wie diesen mehr Gültigkeit denn je hat.

Was aber können Marketing-Verantwortliche jetzt konkret tun? Barbara Stöttinger gibt einen Überblick über die wichtigsten Tipps & Tricks für die ersten Schritte zu einem erfolgreichen Marketing in turbulenten Zeiten:

1. Die Ausgangslage genau analysieren

Anstatt einfach pauschale Kürzungen vorzunehmen, ist es für Marketingverantwortliche jetzt wichtig, genau ins Detail zu gehen, um sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen: Was wird wo in welchen Kanälen, Medien, Marktsegmenten und geografischen Gebieten ausgegeben und wie effizient sind diese Aktivitäten? Diese Informationen erlauben es, ineffiziente Ausgaben zu identifizieren, um sie anschließend auf performantere Marketingkanäle mit hohem Wachstumspotential umzuverteilen oder als Einsparungen zu verbuchen.

2. Ziele setzen und Plan erstellen

Jetzt kommt es darauf an herauszustreichen, welchen konkreten Beitrag das Marketing am Gesamterfolg des Unternehmens leistet. Einigen Sie sich mit der Geschäftsführung darauf, wie dieser Beitrag gemessen werden soll. Wichtig ist es, die Investitionen ins Marketing nicht als (zusätzliche) Kosten zu definieren, sondern als Business Case: Marketing als Schlüssel zu langfristigem Wachstum – gerade in Krisenzeiten. Definieren Sie außerdem Ihre wichtigsten Prioritäten sowie die Strategien und Taktiken, mit denen Sie diese erreichen wollen. Was müssen Sie tun, um Ihre Ziele ganz konkret zu erreichen? Haben Sie alle Daten zur Verfügung, die Sie benötigen, um diese Entscheidungen zu treffen. Und gibt es in Ihrem Team die nötigen Skills, um diese Daten zu gewinnen, sie zu analysieren und daraus die richtigen Schlussfolgerungen abzuleiten?

3. Lobbying im eigenen Haus

Damit Ihr Plan auch in der Umsetzung gelingt, ist es notwendig, die gesamte Führungsmannschaft an Bord zu haben. Besonders die Geschäftsführung und der CFO müssen über Ihre Prioritäten Bescheid wissen und ihre Unterstützung entsprechend zusichern und sich an die Vereinbarungen auch über das Jahr hinweg halten. Was es braucht, ist eine besser Darstellung nach innen: Was machen wir, was bringt es? Geben Sie daher regelmäßige Updates und versorgen Sie Ihre Kollegen mit allen Informationen, die wichtig sind, um zu verstehen, welche Maßnahmen wie gut funktioniert haben, sind und wie sie auf den Unternehmenserfolg einzahlen.

4. Auf Full-Funnel-Marketing setzen

Traditionell gab es eine Trennung im Marketing zwischen Markenaufbau, etwa durch TV-Werbung, und Performance-Marketing, wie es im Onlinebereich zur Messung digitaler Aktivitäten üblich ist. Werden diese beiden Bereiche nicht koordiniert, kann das negative Auswirkungen haben, weil sich Marketing-Abteilungen zu sehr auf eine konzentrieren und die andere vernachlässigen. Im besten Fall sind die Aktivitäten unkoordiniert, was den ROI reduziert. Im schlimmsten Fall gibt es „Revierkämpfe“ zwischen den beiden Lagern und Budget- und Performance-Entscheidungen werden nicht mehr faktenbasiert getroffen.

Daher liegt die Zukunft im Full-Funnel-Marketing, das die Performance über den gesamten Trichter betrachtet. Dies erlaubt es, die Stärken des Markenaufbaus und des Performance-Marketings durch vernetzte Teams, Messsysteme und KPIs zu kombinieren, um bessere Ergebnisse zu erzielen als Ansätze, die nur auf Performance-Kanäle ausgerichtet sind.

5. Kreativität im Team forcieren

Trotz aller technologischen Entwicklung bleibt (menschliche) Kreativität unverzichtbar im Marketing – besonders in schwierigen Zeiten. Denn es geht darum, Geschichten zu erzählen und die Menschen emotional zu erreichen. Dieses Gespür wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Halten Sie daher stets Ausschau nach kreativen Geistern, die Ihr Team bereichern können.

6. Offen für neue (technologische) Trends sein

Probieren Sie Neues aus und scheuen Sie nicht davor zurück, sich an Best-Practices und Benchmarkings aus anderen Branchen zu inspirieren. Ein aktuelles Beispiel ist das Commerce Media Marketing, das Verkauf und Werbung miteinander integriert, um eine nahtlose Erfahrung für den Endverbraucher zu schaffen. Es kombiniert Elemente des E-Commerce (der Verkauf von Waren oder Dienstleistungen online) und des Media-Marketings (Verwendung von verschiedenen Medienkanälen zur Förderung von Produkten oder Marken). Mit Commerce Marketing können Marketing-Verantwortliche Werbeausgaben direkt mit Kundenkäufen verknüpfen, die Zielgruppenansprache verbessern und den Unternehmen bessere Einblicke in die Zielgruppe liefern.

Die Autorin

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy

Barbara Stöttinger ist Marketing-Expertin und Dekanin der WU Executive Academy.

Die WU zählt seit über 120 Jahren zu den führenden Hochschulen weltweit und bündelt in der WU Executive Academy ihr Programmportfolio im Bereich „Executive Education“. Zu diesen zählen berufsbegleitende MBA-, LL.M.-, Master- und Bachelor-Programme, Universitätslehrgänge, Custom Programs und kompakte Weiterbildungsprogramme. Die WU Executive Academy gehört heute zu den führenden Weiterbildungsanbietern in Zentral- und Osteuropa.

Für alle MBA Programme bekam die WU Executive Academy im Herbst 2015 als erste österreichische Anbieterin das international renommierte Qualitätsgütesiegel AACSB verliehen. Gemeinsam mit EQUIS und AMBA verfügen WU und die WU Executive Academy über die seltene und begehrte „triple accreditation“. 

Neben der WU entsprechen damit weltweit nur knapp über 100 Wirtschaftshochschulen, und im deutschsprachigen Raum überhaupt nur fünf, den hohen Qualitätsanforderungen aller drei Akkreditierungseinrichtungen.

Durchschnittlich 750 Graduate Students und ca. 900 Führungskräfte, Fachleute und High-Potentials aus über 75 Ländern werden jedes Jahr in den Programmen aus- und weitergebildet. Studienreisen und Lehrgänge finden derzeit in über 15 Ländern und auf drei Kontinenten statt. Die Vortragenden setzen sich aus international renommierten Professor*innen und Top-Manager*innen zusammen, wobei das berufsbegleitende Format der Programme effizientes, interdisziplinäres und nachhaltiges Lernen parallel zum beruflichen Alltag garantiert.