In kleinere Fußstapfen treten

Logistik
05.04.2021

Wer eine große Menge an Waren bewegt, hat auch hohes Potenzial, um bei der Logistik Energiekosten zu sparen und den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Fünf Praxisbeispiele zeigen, welche Ansätze sich besonders gut im Unternehmensalltag umsetzen lassen.

Ökologische Maßnahmen haben beinahe immer einen sehr erfreulichen Nebeneffekt: Sie sparen Energie und damit auch Geld. Doch bis dieser Effekt schlagend wird, muss man häufig investieren, Prozesse umstellen und Gehirnschmalz in das Thema stecken. Entsprechend wichtig ist ein Mindset, das die Maßnahmen konsequent vorantreibt. Ein Paradebeispiel für diese Herangehensweise ist Vöslauer. „Wir bei Vöslauer leben Nachhaltigkeit so, dass wir von überall her an den Zielsetzungen arbeiten. Das ist bei uns eine Frage der Haltung“, erklärt Geschäftsführer Herbert Schlossnikl seinen Ansatz. Bei dem Mineralwasserproduzenten will man also nicht business as usual machen und nur dann und wann ökologische Projekte umsetzen, sondern den Nachhaltigkeitsanspruch konsequent in alle Prozesse und Strukturen integrieren. Logistik und Mobilität machen dabei natürlich keine Ausnahme.

„In den Bereichen Transport und Mobilität verfolgen wir eine konsequente Verringerung der Umweltbelastungen“, sagt Schlossnikl. Die Betriebsstoffe bezieht das Unternehmen aus Österreich bzw. aus der Region. Die Logistik aller Waren wird bis ins Detail abgestimmt. So sucht Vöslauer gemeinsam mit ihren Fracht- Partnern permanent nach Optimierungsmöglichkeiten. Konkret geht es dabei um die Reduktion von Leerfahrten, um Tourenoptimierungen, die Erhöhung der Anliefermengen bei Grundstoffen, die Optimierung der Abhollogistik und auch um den Einsatz CO2-reduzierter LKW. Dadurch senkt der Betrieb kontinuierlich die Transportkilometer bei gleichzeitigem Ausbau des Schienenanteils. Das große Ziel lautet für Schlossnikl: in der Logistik einen Schienenanteil von 30 % erreichen. 2019 lag der Anteil bei rund 22 % für Österreich und Deutschland. Wird Österreich allein betrachtet, dann lag der Schienenanteil bei rund 25 %.

„Wir verfolgen eine konsequente Verringerung der Umweltbelastungen.“ Herbert Schlossnikl, Vöslauer

FAKTOR ELEKTRO

Auch innerbetrieblich wurden diverse Stellhebel gesetzt. Spritspar-Trainings und das Umrüsten der PKW-Flotte auf E-Dienstwagen bzw. Fahrzeuge mit geringem CO2-Ausstoß sorgen für eine Reduktion der Emissionen. Ein besonderes Ass kann Vöslauer kommendes Jahr ausspielen. Mit der Errichtung eines neuen Hochregallagers in Bad Vöslau konzentriert das Unternehmen künftig alle Produktionsprozesse an einem Standort. Nach der Inbetriebnahme entfallen insgesamt 7.500 LKW-Transporte pro Jahr, davon allein 6.000 in Bad Vöslau. Dies soll deutlich weniger LKW-Verkehr im Ortskern und natürlich eine deutliche Reduktion von CO2-Emissionen zur Folge haben.

SDG-BASIERTE STRATEGIE

Auch beim Reinigungsmittelproduzenten hollu folgen alle Nachhaltigkeitsmaßnahmen einer tiefen Überzeugung. „Als Tiroler Familienunternehmen tragen wir eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Verantwortung, was die gesamte Wertschöpfungskette betrifft“, sagt Geschäftsführer Simon Meinschad.

Seit 2018 orientieren sich die Mitarbeiter von hollu im täglichen Arbeiten an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen – den Sustainable Development Goals (SDGs). „Unser gesamtes Denken und Handeln wird von den SDGs bestimmt, und wir entwickeln uns laufend in diesem Sinne weiter – für eine lebenswerte Zukunft vieler weiterer Generationen auf unserem Planeten“, erklärt Meinschad. Dabei spielt auch der Bereich Logistik eine wichtige Rolle.

Simon Meinschad, Geschäftsführer hollu „Unser Ziel ist es, bis 2025 CO2neutral zu sein.“

REGIONALE BESCHAFFUNG NÜTZEN

Dass mehr als 60 % der Hauptlieferanten von hollu in Österreich sind, ist ein erster wesentlicher Faktor. Bereits über 85 % aller Lieferungen kommen aus einem Radius von maximal 500 km Entfernung. Entsprechend großen Wert legt hollu auf regionale Partnerschaften und möglichst kurze Transportwege bei der Rohstoffbeschaffung. „Je näher, desto besser“, sagt Meinschad. Über ein eigenes Online-Bewertungstool werden Punkte an die Lieferanten für ihre soziale Verantwortung und ihren ökologischen Fußabdruck vergeben. Gute Werte werden mit Preisvorteilen von bis zu 5 % belohnt. Vorteilhaft wird sich auch eine 3.500 m2 große Photovoltaikanlage auswirken, die für das Dach des Lagers von hollu geplant ist. Zudem wird es ein komplett neues Verkehrs- und Wegekonzept am Standort Zirl geben. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Umstellung des Fuhrparks auf E-Mobilität. Dazu werden fortlaufend reine E-Varianten und Hybridfahrzeuge getestet.

OPTIMIERTE TOURENPLANUNG

Keine technische, sondern eine organisatorische Lösung hat man für zwei Fachberater im Vertrieb gefunden. Sie haben kurzerhand ihre Vertriebsgebiete aufgrund ihrer Wohnorte getauscht. So verringert sich für jeden die Anfahrt enorm, und auch die Tourenplanung wurde optimiert. Das Ergebnis: eine Einsparung von 19.000 km und 1.140 Litern Diesel in zehn Monaten. Eine Idee, die auch in der Niederlassung Linz Anklang gefunden hat. An dem Standort wurde die gesamte Tourenplanung effizienter gestaltet. „Unser Ziel ist es, bis 2025 CO2-neutral zu sein. Der größte Hebel zur Klimaneutralität liegt bei hollu im Treibstoffverbrauch des Fuhrparks. Deshalb werden wir alle Firmenfahrzeuge auf alternative Antriebsformen aus erneuerbarer Energie umstellen – mit eigener Elektrotankstelle am Standort Zirl. Weiters entsteht dort mit der geplanten Photovoltaikanlage unser eigenes Sonnenkraftwerk – für 100 % Ökostrom made by hollu“, fasst Meinschad die zentralen Stellhebel zusammen.

ALTERNATIVE ANTRIEBE TESTEN

Auch bei der Brau Union Österreich hat man intensiv über CO2-Einsparungen in der Logistik nachgedacht, und auch dort spielt der Transport eine zentrale Rolle. „Seit 2018 bauen wir den Anteil emissionsfreier E-LKW in unserem Fuhrpark kontinuierlich aus“, sagt Gabriela Maria Straka, Mitglied der Geschäftsleitung und ambitionierte Vorreiterin in puncto Nachhaltigkeit. Um den Transport im Fuhrpark der Brau Union Österreich emissionsfrei zu gestalten, ist aus ihrer Sicht Elektromobilität die wirtschaftlich attraktivste Lösung. Ein wesentliches Zwischenziel liegt nun darin, die Logistik am Standort der grünen Brauerei Göss auf Elektro umzustellen. Um auch bei anderen alternativen Antriebsquellen am Puls der Zeit zu bleiben und Erkenntnisse für weitere Investitionen in diesem Bereich zu sammeln, sind in der Brauerei Göss zudem zwei LKW mit Erdgasantrieb in Betrieb. Losgelöst von der Antriebsart, richtet sich schon jetzt die Anzahl an tatsächlich eingesetzten LKW nach dem täglichen Verkaufsvolumen. Zudem investiert die Brau Union nur noch in emissionsarme EURO6-LKW, während alte Modelle aus dem Verkehr gezogen werden. Auch Gas-und Dieselstapler werden laufend durch Elektrostapler ersetzt.

KOOPERATIONEN NÜTZEN

Einen weiteren, besonders innovativen Ansatz im Bereich Transport, der zum Nachahmen einlädt, lebt die Brau Union Österreich seit Mai 2019. Durch eine gemeinsame Logistik mit Coca-Cola HBC Austria werden im Großraum Wien Kunden gemeinsam mit einem Transport beliefert. Zuvor waren zwei verschiedene Flotten unterwegs. Mit der Übernahme der Coca-Cola-Transporte durch die Brau Union Österreich können Synergien genutzt werden, denn über ein Drittel der Kunden werden von beiden Unternehmen bedient. Dadurch werden weniger LKW benötigt, deutlich weniger Kilometer zurückgelegt und folglich auch weniger CO2-Emissionen ausgestoßen. Ein Erfolgsmodell, das in kleinerem Umfang auch mit Gasteiner gelebt wird.

LEERFAHRTEN VERMEIDEN

Beim Transport Einsparungen vorzunehmen ist nicht immer ganz einfach – selbst wenn der Wille vorhanden ist. Manfred Ergott von der Druckerei Janetschek im Waldviertel hat sich als Nachhaltigkeitspionier intensiv den Kopf darüber zerbrochen. Doch aufgrund der geografischen Randlage sei eine Umstellung des Fuhrparks auf E-Mobilität aktuell genauso wenig möglich wie ein noch kompakteres Zusammenlegen der Lieferrouten. Schließlich müsse man flexibel auf Kundenwünsche reagieren können. Doch zwei wesentliche Ansatzpunkte konnten umgesetzt werden. Die tägliche Hauptlieferung in den Großraum Wien bzw. St. Pölten hat Janetschek an eine Spedition ausgelagert und damit einen Umweltvorteil gewonnen. „Früher fuhr unser eigener LKW täglich leer zurück ins Waldviertel“, erzählt Ergott. Nun werden zuerst ihre Zustellungen und Abholungen erledigt, und dann disponiert die Spedition noch weitere Abholungen und Transporte für den Rückweg. Die zweite Maßnahme der Waldviertler Druckerei: Sie beauftragt seit einigen Jahren ausschließlich die Österreichische Post mit der CO2- neutralen Zustellung von allen kleineren Lieferungen, was bei dem Betrieb einen erheblichen Teil ausmacht. „Die Transporte werden zwar ‚nur‘ kompensiert, aber immerhin hat die Post einen Anreiz, so viele Transporte wie möglich mit reduziertem CO2-Ausstoß durchzuführen“, meint Ergott.

ENERGIEARM LAGERN, PLASTIKFREI VERSENDEN

Ganz enorme Paketmengen werden Tag für Tag vom südoststeirischen Paldau aus bewegt. Dort sitzt das E-Commerce- Unternehmen Niceshops. Bis zu 20.000 Pakete werden täglich in die ganze Welt verschickt. Roland Fink, Gründer von niceshops, erklärt seine Strategie so: „Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil unserer Firmenkultur. Seit 2018 arbeiten wir zertifiziert klimaneutral. Unter anderem produzieren wir über eine riesige Photovoltaikanlage grünen Strom und heizen unseren Firmenkomplex in Paldau durch die benachbarte Biogasanlage. Beim Versand unserer Pakete setzen wir auf plastikfreie Materialien und haben dort, wo es möglich ist, das Füllmaterial auf kompostierbares Material umgestellt“, so Fink. Auf dem Weg zur Klimaneutralität hat die Gestaltung des Standorts eine besonders große Rolle gespielt. Schon bei der Planung des neuen Logistikzentrums stand die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Die wichtigsten Nachhaltigkeitsfaktoren beim Bau des Logistikzentrums waren: der Rohstoff Holz als Baumaterial, eine ordentliche Dämmung sowie ein Kreislauf aus Wärme und Kühlung.