Interview

„Unternehmen sollten klare Gehaltsstrukturen etablieren“

Unternehmensführung
19.12.2023

Führungsetagen sind immer noch männerdominiert. Doch immer mehr Unternehmen setzen auf Gleichberechtigung, Transparenz und Flexibilität. Mit Erfolg, wie ein Interview mit Lisa Husz und Matthias Pajek vom österreichischen Start-up 123-Transporter zeigt.
Lisa Husz
Lisa Husz, Head of Partner Success Management bei 123-Transporter

Frauen sind in der Arbeitswelt häufig mit Ungleichbehandlungen konfrontiert, auch der Aufstieg in Führungspositionen ist für sie oft mit Hindernissen verbunden. In der EU waren im Jahr 2022 rund 46,3 Prozent aller Erwerbstätigen Frauen. In den Führungsetagen war jedoch nur etwa jede dritte Führungsposition (35,1 Prozent) mit einer Frau besetzt. Zudem zeigt ein Bericht der Arbeiterkammer aus dem Vorjahr, dass der Frauenanteil in den Vorständen der Top-200-Unternehmen in Österreich nur bei 8,9 Prozent lag. Insgesamt ist die Zahl der Frauen in Führungspositionen in österreichischen Unternehmen zwar leicht gestiegen, aber immer noch sehr überschaubar. Dennoch arbeiten viele Unternehmen daran, die Geschlechterparität vor allem in Top-Positionen zu erreichen. Ein Beispiel dafür ist das österreichische Start-up-Unternehmen 123-Transporter. Der Großfahrzeug-Sharing-Anbieter besetzt bereits drei seiner vier Führungspositionen mit Frauen. Lisa Husz ist eine davon und arbeitet als Head of Partner Success Management. Mit ihr und Mitgründer Matthias Pajek haben wir folgendes Interview geführt.

Die Wirtschaft: Was läuft bei ihrem jetzigen Arbeitgeber in Sachen Gleichberechtigung anders?

Lisa Husz: In unserem Unternehmen ist die Bezahlung unabhängig vom Geschlecht. Es wird nach Leistung beziehungsweise Verantwortung bezahlt. Dank regelmäßiger Feedbackgespräche ist absolute Transparenz vorhanden, man weiß, wo man steht und welche Aufstiegschancen vorhanden sind. Seitdem ich hier arbeite, habe ich kein einziges Mal eine Benachteiligung miterleben müssen. Man wird von Anfang an unabhängig der Geschlechtszugehörigkeit wertgeschätzt und gefördert. Es ist eine absolute Chancengleichheit vorhanden. Das führt im weitesten Sinne nicht nur zu einem sehr guten Arbeitsklima, sondern wirkt sich durch erhöhte Motivation und Produktivität positiv auf das Arbeitsergebnis aus.

Was könnten andere Unternehmen davon lernen?

Man hat bei uns die Möglichkeit, zusätzlich zu den flexiblen Arbeitszeiten, im Homeoffice zu arbeiten. Dies ist speziell für Mütter optimal, und man hat somit auch in Führungspositionen den Vorteil, dass man den Job mit dem Familienleben gut kombinieren kann.  Außerdem wird bei uns viel Wert auf Vertrauen in die Selbstständigkeit und Selbstregulation der Mitarbeiter*Innen gelegt.

Lisa Husz
Lisa Husz, Head of Partner Success Management bei 123-Transporter

Warum ist es wichtig, dass sich Unternehmen dem Thema Gleichberechtigung proaktiv widmen? Was gab bei Ihnen den Anstoß?

Matthias Pajek: Ich glaube, es ist wichtig, dass man proaktiv auf das Feedback achtet, das man von den einzelnen Mitarbeiter*innen bekommt. Man stellt heutzutage jemanden ein, und hat eine grobe Vorstellung davon, wen man sich ins Boot holt - welchen Charakter, welche Eigenschaften, welche Stärken und Schwächen. In unserem Unternehmen haben wir in der Vergangenheit leider oft den Fehler gemacht, dass wir Mitarbeiter*innen – das betrifft sowohl Frauen als auch Männer – gar nicht so eingesetzt haben, dass diese ihr volles Potenzial entfalten konnten. Daraus haben wir gelernt: Die Herausforderung ist, proaktiv herauszufinden, wo die Stärken der jeweiligen Mitarbeiter*innen liegen und wie man diese als Arbeitgeber*in fördern kann.  Unternehmen sollten sich die Frage stellen, was die jeweiligen Katalysatoren sind und diese einsetzen, um Personen zu ihrem Maximum zu bewegen. Das gilt natürlich wiederum geschlechterübergreifend.

Worauf sollten Unternehmen zuallererst achten, wenn Sie sich dem Thema stellen wollen? Wo müssen Sie genau hinsehen?

Lisa Husz: Unternehmen sollten klare Gehaltsstrukturen basierend auf objektiven Kriterien wie Qualifikationen, Erfahrungen, Verantwortung und Leistung etablieren. Gleiche Arbeit sollte gleich bezahlt werden, unabhängig vom Geschlecht. Also eine klare Unternehmenskultur ohne jegliche Vorurteile. Weg von stereotypischen Verhalten oder Denken. Zudem sollte aktive Förderung von Frauen und Männern in Führungspositionen durch klare Kommunikation sowie mithilfe von flexiblen Arbeitszeiten und der Möglichkeit von Homeoffice passieren. Darüber hinaus ist es meiner Meinung nach wichtig, auch Vätern flexible Arbeitsbedingungen zu bieten. Das kann dazu führen, dass die Care-Arbeit eher aufgeteilt wird und Frauen wieder vermehrt in Vollzeitjobs und Führungspositionen arbeiten.

Matthias Pajek: Es sollte keine Frage sein, dass ein Unternehmen immer die Position mit jener Person besetzt, die am besten dafür geeignet ist. Dieser Anspruch sollte bereits bei der Ausschreibung der Stelle bestehen, beispielsweise mit geschlechtsneutraler Ansprache. Dieser Prozess – von der Stellenausschreibung bis hin zur Besetzung der Position – sollte voll und ganz wertfrei ablaufen.

Stoßen Sie auch auf Widerstände und wie gehen Sie damit um?

Lisa Husz: Seitdem ich bei 123-Transporter arbeite, bin ich noch nie auf Widerstände gestoßen. Mir ist bewusst, dass dies leider nicht überall der Fall ist, weswegen ich mich mit meiner Position hier sehr glücklich schätze.

Matthias Pajek: Wir sind immer bemüht, qualifizierte und engagierte Leute für unser Unternehmen zu gewinnen. Mit dieser Strategie sind wir bislang sehr erfolgreich gefahren und daher haben wir dahin gehend kaum Beschwerden erfahren. Unsere Prämisse: Immer das Maximale aus den Leuten herausholen. Und: Wer bisher nicht gut genug ist für die jeweilige Position, aber die Ambition und den Ehrgeiz hat, der oder die wird so lange gefördert, bis alle Fertigkeiten und Fähigkeiten vorhanden sind, die notwendig sind.

Welche unternehmerischen Ziele verfolgen Sie im kommenden Jahr?

Lisa Husz: Dieses Jahr haben wir allein in Österreich bereits 419 Fahrzeuge unter Vertrag und mittlerweile sechs Flottenpartner in Deutschland.  Das Ziel für 2024 sind über 1.000 aktive Transporter sowie eine Expansion nach Ost-Europa. Mein persönliches Ziel ist es, weiterhin jeden Tag dazuzulernen und den Weg nach oben anzustreben, was mir mithilfe dieser Arbeit möglich ist.

Matthias Pajek: Wir expandieren nächstes Jahr nach Tschechien, in die Slowakei, nach Serbien und höchstwahrscheinlich auch nach Ungarn. Zudem stocken wir unsere Fahrzeugflotte auf und suchen weiterhin fleißig nach Flotten- und Standortpartner*innen. Wir wollen Europas größter Transporter-Sharing Anbieter werden.