Der Missing Link ist weiblich

Fachkräftemangel
09.06.2022

Einerseits fehlen Fachkräfte in der IT-Security, was Unternehmen angreifbar macht. Andererseits liegen fast 50 Prozent des gesellschaftlichen Potenzials brach, weil sich immer noch viel zu wenige Frauen in die Technik wagen. Machen wir ihnen Mut!
Lady-Knight

In dieser Ausgabe habe ich mich in zwei Artikeln mit IT-Themen beschäftigt – und ich finde, sie haben etwas miteinander zu tun, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Einmal geht es um die aktuellen Cyber-Sicherheits-Trends und dort unter anderem um den gravierenden Fachkräftemangel in der IT Security. Und in einem anderen Artikel gehe ich der Frage nach, wie Frauen die Technikwelt prägen und wo hier noch offene Baustellen sind.

Ahnen Sie vielleicht schon, worauf ich hinauswill? Der aktuellen Studie „Cyber Security in Österreich“ zufolge, welche das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen KPMG einmal jährlich durchführt, haben drei Viertel der befragten österreichischen Unternehmen Schwierigkeiten beim Rekrutieren von IT-Expertinnen und -Experten. Drei Viertel! Konkret suchen 43 Prozent vier bis sechs Monate lang, bis sie eine offene Stelle in der IT-Sicherheit besetzt haben. Fast ebenso viele Unternehmen werben Sicherheitsexpertinnen und -experten aktiv von anderen Unternehmen ab, um ihren Bedarf zu decken. Und 26 Prozent suchen sogar außerhalb Österreichs nach entsprechenden Fachkräften. Die Situation ist also sehr kritisch, zumal die Gefahren durch Cyber-Kriminalität weiter deutlich zunehmen.

Es braucht mehr Frauen in der Technik – unter anderem, weil Diversität ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor ist. Dadurch verringert sich etwa die Gefahr, dass Technologie so gestaltet wird, dass sie – vereinfacht ausgedrückt – nur Männer anspricht. Das kann zum Beispiel bei Künstlicher Intelligenz und Machine-Learning-Systemen, die sich an bereits vorhandenen Mustern orientieren, leicht passieren, wenn man – oder besser Frau – nicht aufpasst, eingreift, mitgestaltet.
Wie wäre es also, wenn Sie, liebe Unternehmer – bleiben wir doch einmal spaßeshalber beim Maskulinum – sich ganz bewusst für Frauen in Ihren IT-Abteilungen öffnen würden? Kristina Maria Brandstetter, die sich bei TheNewITGirls engagiert, beobachtet immer wieder, dass Unternehmen Frauen in der IT suchen – doch sie erwarten, dass sie schon Erfahrung mitbringen. Andererseits kennt Brandstetter viele Studienabgängerinnen, die verzweifelt Jobs suchen. Sie kritisiert: „Es gibt viel zu wenige Trainee- und Ausbildungsprogramme in den Firmen.“ Unternehmen sollten daher ihre interne Frauenförderung kritisch hinterfragen: „Tun sie genug? Machen sie ihre eigenen weiblichen Role Models sichtbar, die wiederum als Vorbild dienen können und andere Frauen anziehen?“

Klar, das ist nicht leicht und sicher auch nicht billig. Aber bleibt Ihnen denn viel anderes übrig? Denn auf der einen Seite gibt es diesen Missing Link in der IT-Sicherheit, und auf der anderen Seite liegt unglaublich viel Potenzial in Form von Frauen brach, die sich technische Berufe – noch – nicht zutrauen. Dieses Potenzial könnten Sie mit ein wenig Willen und Engagement aktivieren und junge Frauen sowie Quereinsteigerinnen aus anderen Branchen ansprechen, ihnen Mut machen und ja, sie auch ausbilden. Vielleicht finden Sie in der Covergeschichte ja ein paar Ansprechpartnerinnen, die ihnen Zugang zum weiblichen IT-Nachwuchs verschaffen könnten. So schwer ist es dann eben auch wieder nicht.