Akkus im ­Gesundheitscheck

Das niederösterreichische Start-up Aviloo hat den ersten Batterietest für Elektrofahrzeuge entwickelt. Ein Produkt, dem mit der stetig steigenden Zahl an E-Autos eine rosige Zukunft sicher sein dürfte
Test und Zertifikat von Aviloo
Der Zustand der Batterie entscheidet über Reichweite und auch über den Wert von E-Autos. Wie es darum steht, zeigt der Test von Aviloo.

Oft entstehen die besten Geschäftsideen aus dem eigenen Bedarf. Nachdem Wolfgang Berger von seinem ersten Elektroauto im Jahr 2016 überzeugt war, wollte er für seine Frau ein gebrauchtes E-Auto kaufen. Die Frage, die sich dabei gestellt hat: Wie ist eigentlich der Zustand der Batterie? Eine mehr als entscheidende Frage. Denn vom Zustand des Akkus hängt nicht nur die Reichweite, sondern auch der Wert des Fahrzeugs ab. „Niemand konnte mir sagen, ob die Batterie noch gut funktioniert“, erinnert sich Berger. Da er schon damals davon überzeugt war, dass E-Autos zum großen Trend werden, war für ihn klar: Ein Batterietest, der noch dazu herstellerunabhängig ist, könnte zum großen Renner werden. So hat Berger zusammen mit Nikolaus Mayerhofer und Marcus Berger nicht nur das Start-up Aviloo gegründet, sondern auch das weltweit erste unabhängige und herstellerübergreifende Diagnoseverfahren für Antriebsbatterien entwickelt, für Elektro- und Plug-in-Fahrzeuge. Ist dem jungen Unternehmen damit der ganz große Clou gelungen?

Namhafte Vertriebspartner an Bord

Eines ist fix: Elek­tromobilität ist weltweit auf dem Vormarsch und gefragter denn je. Laut dem Bundesverband für Elektromobilität Österreich wurden im Jahr 2021 über 33.000 reine Elektroautos neu zugelassen. Im Jahr 2020 waren es hingegen nur knapp 16.000. Und die Zeichen, dass das Start-up mit Headquarter in Niederösterreich mit seiner Erfindung international reüssieren wird, stehen gut. Viele namhafte Vertriebspartner wie der ÖAMTC, die Birner-Gruppe und der Automobilclub der Schweiz (ACS) bieten bereits den Aviloo-Premium-Batterietest an. Darüber hinaus setzen viele internationale Kunden aus Asien, Norwegen, Deutschland, den Niederlanden, Schweden, Luxemburg und der Schweiz auf das Know-how des Start-ups. Dabei steht der große internationale Roll-out laut dem Gründer erst bevor. „In diesem Jahr planen wir eine breite Go-to-Market-Offensive und suchen für unser Team noch Sales- und Marketing-Mitarbeiter“, sagt Berger.

Batteriedefizite aufdecken
Drei Kundensegmente stehen dabei im Fokus des Unternehmens. „Einerseits Verkäufer von E-Autos, die ihre Autos mit dem Batterietest zertifiziert anbieten können und damit auch einen höheren Verkaufspreis erzielen. Andererseits wollen wir Käufern von gebrauchten E-Autos durch unser Batteriezertifikat Sicherheit vor verdeckten Batteriedefiziten geben“, erklärt der Gründer.

Die Aviloo- Manager Marcus Berger, Nikolaus Mayerhofer und Wolfgang Berger
Die Aviloo- Manager Marcus Berger, Nikolaus Mayerhofer und Wolfgang Berger konzentrieren sich gerade besonders auf den DACH-Raum und Länder mit hohem Elektro-Anteil.

Und auch sehr viele Eigentümer von E-Autos wenden sich laut Berger an das Unternehmen, weil sie mit ihrer Reichweite beziehungsweise dem Ladeverhalten unzufrieden sind und die Batteriegesundheit objektiv überprüfen lassen wollen. „Einige befinden sich sogar bereits im Streit um Herstellergarantien“, sagt Berger.

Simpler Testvorgang

Die Funktionsweise des Batterietests ist, zumindest für den Anwender, denkbar einfach. Die Aviloo Box wird an der OBD-Schnittstelle (On-Board-Diagnose, Anm.) des E-Autos angesteckt und bleibt so lange dort, bis die volle Batterie nur mehr zu zehn Prozent geladen ist. Die Auswertung erfolgt dann auf der Data-Cloud des Unternehmens. Die Aviloo-App führt den Anwender durch den Testprozess. „Nach spätestens zwei Tagen bekommt der Kunde dann das Batteriezertifikat über den ‚Gesundheitszustand‘ seiner Batterie. Weltweit ist es der einzige Text, der TÜV-zertifiziert ist“, so Berger. Und die Kosten? Der vom Start-up empfohlene Verkaufspreis des Batterietests liegt bei 99 Euro.

Lebensnotwendige Förderungen

Was sich im Hintergrund dieser Auswertung abspielt, ist schon wesentlich komplexer. Immerhin liegen allein nach nur einer Stunde Fahrtzeit bis zu einer Million an Datensätzen vor, die von Aviloo ausgewertet werden. Damit wird auch klar, warum die Entwicklung dieses Testverfahrens zweieinhalb Jahre gedauert hat. „Mein Schulfreund und Studienkollege Nikolaus Mayerhofer ist Elektrotechniker. Mit ihm habe ich angefangen, den Test zu entwickeln“, sagt Berger. Ohne Förderungen wäre es aber unmöglich gewesen, die Arbeiten voranzutreiben. Noch dazu, wo die beiden nach Gründung des Unternehmens im Jahr 2018 ihre bisherigen Brotjobs an den Nagel gehängt haben. Finanzielle Unterstützung hat Aviloo von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG und vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) erhalten. Besonders stolz ist Berger über einen Forschungszuschuss der EU im Jahr 2020, der mehr als zwei Millionen Euro betrug: „Das ist eine Förderung im Rahmen des European Green Deals. Nur zwei Unternehmen in Österreich haben es geschafft, diese zu erhalten.“

Crowdfunding-Rekord

Einen Rekord hat das Start-up auch in der achtjährigen Geschichte der heimischen Crowd­investing-Plattform Green Rocket geschafft. In nur zehn Tagen wurde im vergangenen Herbst das Fundingziel in Höhe von 1,25 Millionen Euro erreicht. „Man sieht, wie positiv die Resonanz auf unser Thema ist. Wir sind quasi ‚überrannt‘ worden“, so der Gründer. Dank der Förderungen sind beim Aviloo-Team mittlerweile auch mehr als 25 Mitarbeiter, davon 20 Ingenieure und Entwickler, mit an Bord.
Diese Experten arbeiten im Moment fieberhaft am nächsten Projekt. Im ersten Quartal dieses Jahres soll der „Fast Check“ auf den Markt kommen. „Dieser ist besonders geeignet für Leasing-Unternehmen, für die End-of-Leasing-Inspektion und die jährliche technische Überprüfung“, erklärt Berger. Dabei wird die nominale Funktionsfähigkeit der Batterie bei Stillstand des Fahrzeugs geprüft. „Das Ziel ist, eventuelle Auffälligkeiten bei der Batterie sofort feststellen zu können“, meint der Gründer.
Ob dem Start-up der ganz große geschäftliche Erfolg gelingt, wird sich wohl in den kommenden Jahren zeigen. Konzentrieren wollen sich die Gründer neben der DACH-Region klarerweise auf jene Länder, die bereits einen hohen Prozentsatz an Elektrofahrzeugen haben – wie Norwegen, Schweden oder auch die Niederlande.