Unternehmensnachfolge im Mittelstand: Jede zweite Firma vor Übergabe
Die Unternehmensnachfolge stellt den österreichischen Mittelstand vor große Herausforderungen. Wie aus einer aktuellen Analyse hervorgeht, steht bei über der Hälfte der Unternehmen bis Ende des Jahrzehnts eine Übergabe an. Besonders häufig erfolgt die Nachfolge innerhalb der Familie – meist ohne finanzielle Abgeltung. Doch der Trend zu externen Übergaben nimmt zu.

Laut einer Befragung von rund 1.400 Klein- und Mittelunternehmen durch Creditreform und CH Consult steht bei 55 Prozent der Betriebe bis 2030 eine Unternehmensnachfolge an. In vielen Fällen sei die Übergabe bereits in Vorbereitung: 15 Prozent der Unternehmen rechnen mit einem Wechsel in den nächsten zwei Jahren, weitere 15,8 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Bei etwa einem Viertel (24,1 Prozent) liegt der Zeithorizont bei bis zu zehn Jahren. Knapp 13 Prozent haben den Übergabeprozess bereits abgeschlossen.
Rund ein Drittel der Befragten sieht derzeit keinen Übergabebedarf – vor allem in kleineren Betrieben mit bis zu zehn Mitarbeitenden sowie in Unternehmen mit über 50 Beschäftigten ist die Nachfolge aktuell kein Thema.
Unterschiede nach Branchen und Betriebsgrößen
Besonders hoch ist der Handlungsbedarf im Baugewerbe: 30 Prozent der Unternehmen in diesem Sektor planen eine Übergabe innerhalb der nächsten zehn Jahre. Auch im verarbeitenden Gewerbe (22,1 Prozent) und im Dienstleistungsbereich (22,5 Prozent) ist die Nachfolge ein zentrales Thema. Im Handel hingegen gibt fast jedes vierte Unternehmen (39,5 Prozent) an, dass keine Übergabe erforderlich sei.
Im Dienstleistungssektor steht etwa jedes fünfte Unternehmen (19,6 Prozent) bereits vor einer kurzfristigen Übergabe innerhalb von zwei Jahren – ein Spitzenwert im Branchenvergleich.
Familieninterne Nachfolge bleibt häufig unentgeltlich

Der Großteil der Unternehmensübergaben erfolgt innerhalb der Familie – bei 51,7 Prozent der befragten Unternehmen. Dabei ist auffällig, dass vier von fünf dieser Übergaben (rund 80 Prozent) ohne finanzielle Abgeltung stattfinden.
In Branchenvergleich zeigt sich ein überdurchschnittlich hoher Anteil an unentgeltlichen Familiennachfolgen im Baugewerbe (69,2 Prozent), während im Handel diese Form mit 36,2 Prozent deutlich seltener ist. Gleichzeitig weist der Handel mit 40,4 Prozent den höchsten Anteil an externen Übergaben durch Verkauf an Dritte auf – fast jede zweite Nachfolge dort wird also außerhalb der Familie organisiert.
Die Übergabe an Mitarbeitende spielt vor allem im Handel (19,1 Prozent) und im verarbeitenden Gewerbe (12,5 Prozent) eine relevante Rolle, im Dienstleistungsbereich dagegen eine untergeordnete (7,8 Prozent).
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen als Unsicherheitsfaktor
Die wirtschaftliche Lage wirkt sich deutlich auf die Nachfolgeplanung aus: 40,2 Prozent der Befragten geben an, dass gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Konjunktur, Energiekosten oder Inflation einen hohen Einfluss auf die Übergabebereitschaft haben. Weitere 30,9 Prozent sehen einen mittleren Einfluss, während knapp 29 Prozent keinen Zusammenhang erkennen.
Als besonders drängende Themen im wirtschaftspolitischen Umfeld nennen die Unternehmen:
- Bürokratieabbau (73,6 Prozent),
- Energiekosten (66,1 Prozent),
- Fachkräftemangel (58,4 Prozent),
- Inflation und mangelnde Planungssicherheit (jeweils rund 50 Prozent).
Die digitale Infrastruktur hingegen wird von den Unternehmen als weniger dringlich bewertet.
Fazit: Frühzeitige Planung bleibt entscheidend
Die Analyse zeigt deutlich: Die Unternehmensnachfolge ist für viele Betriebe ein drängendes Thema – organisatorisch, finanziell und emotional herausfordernd.
„Frühzeitig die Weichen für eine Unternehmensnachfolge stellen, dies erfordert eine sorgfältige Vorbereitung des Unternehmens auf die Nachfolge und ein Abwägen der Nachfolgeoptionen durch den Unternehmer“ Christian Hurek, Partner bei CH Consult.
Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer beim Österreichischen Verband Creditreform, ergänzt: „Neben dem rechtzeitigen Erkennen und Einleiten der Unternehmensnachfolge ist es wichtig, die mannigfaltigen organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen rasch zu klären und abzustimmen“.
Unternehmensnachfolge im Überblick
Kennzahl / Aspekt | Ergebnis laut Analyse Frühjahr 2025 |
Anteil der Unternehmen mit geplanter Nachfolge bis 2030 | 55 % |
Innerhalb der nächsten zwei Jahre | 15,0 % |
Innerhalb von fünf Jahren | 15,8 % |
Innerhalb von zehn Jahren | 24,1 % |
Übergabe bereits erfolgt | 12,8 % |
Familieninterne Nachfolge (unentgeltlich) | 51,7 % (davon 80 % unentgeltlich) |
Übergabe an externe Dritte (Verkauf) | 27,6 % |
Einfluss der Wirtschaft auf Nachfolge | 40,2 % hoher Einfluss |